| WWW.SAILING–JOURNAL.DE | AUSGABE 03 / 2008 | JUNI / JULI |
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sailing journal 3 | 08<br />
15 MÄNNER AUF <strong>DE</strong>ADMANS<br />
CHEST, YO HO HO UND EINE<br />
BUD<strong>DE</strong>L VOLL RUM.<br />
Runde 250 Jahre später suchte ein englischer Journalist<br />
das Abenteuer und ließ sich auf Dead Chest<br />
aussetzen. Er wollte den in Ungnade gefallenen<br />
Kumpanen Blackbeards nachempfi nden, wie es sein<br />
mag, nur mit einem Fass Rum auf einer Insel ausgesetzt<br />
zu sein. Kurzum: Nach einer Woche ließ er<br />
sich „retten.“ Die Mücken hätten ihn sonst um den<br />
Verstand gebracht. Gibt es da nicht, unweit entfernt,<br />
eine Insel, die da heißt: Mosquito Island? Die British<br />
Virgin Islands bestehen aus über 60 Inseln – nur<br />
eine Handvoll ist bewohnt. Der Rest ist Natur. Bewohnt<br />
von Moskitos, Eseln, Eidechsen und Ziegen.<br />
In der vollen Hand bzw. hauptsächlich auf Tortola<br />
leben 20.000 Einwohner, gerade so viel wie in Bad<br />
Rappenau oder Hessisch Oldendorf oder Eislingen/<br />
Fils. Das macht sich bemerkbar: Man trifft einfach<br />
weniger. Wer jemanden treffen will, kann das am besten<br />
auf Tortola machen, der größten Insel. Außer in<br />
ein paar Bars wie dem Pussers wird man aber kaum<br />
Gelegenheit dazu haben. Denn, und das ist mehr als<br />
annehmlich, es gibt auf den BVI keine Diskotheken<br />
oder sonstige Etablissements. Wer Lust auf Druck<br />
hat, muss sich woanders vergnügen, zum Beispiel<br />
auf St. Martin. Der Autor ist um eine Erfahrung reicher.<br />
Denn der dachte nicht, dass es ein Land in<br />
unmittelbarer Nähe zu den USA gäbe, in dem es<br />
weder Starbucks noch Burger King noch McDonalds<br />
gibt. Selbst weltweit kommt man da ins Grübeln. Allein<br />
diese Hartnäckigkeit und Gradlinigkeit verdient<br />
Hochachtung. Tourismus wird hier als Investition in<br />
die Zukunft angesehen und nicht als schnelllebige<br />
Abzocke vergnügungssüchtiger Spätpubertierender.<br />
Vielmehr ist man stolz auf seine erste Ampel<br />
an einem der Kreisverkehre Road Towns, auf qualitätsbewusste<br />
Restaurants mit Ausblicken, die man<br />
für Geld nur schwer kaufen kann. Das Leben fl ießt<br />
auf den BVI – wie in der Karibik allgemein. Natürlich<br />
spürt und sieht man Unterschiede innerhalb<br />
der karibischen Inseln. Je nachdem, ob holländisch,<br />
travel british virgin islands<br />
französisch oder englisch geprägt. Aber auch wenn<br />
man diesen Einfl uss wegließe und nur die Atmosphäre<br />
erspürte, bemerkte man Unterschiede. Kulturelle.<br />
Soziale. Wirtschaftliche. Und seien es nur die unterschiedlichen<br />
Musikstile, eine verschiedenartige Vegetation<br />
oder anders riechende Luft. Man ist stolz auf<br />
eine nicht erwähnenswerte Kriminalitätsrate, zu hoch<br />
der Lebensstandard, zu gut die Lebensverhältnisse<br />
der Einwohner. Nicht dass alle Insulaner im Schlaraffenland<br />
lebten. Mitnichten. Interessanterweise scheint<br />
der Begriff Neid, zumindest nach außen, kaum existent<br />
zu sein. Leben und leben lassen könnte passender<br />
nicht sein. Kein Geheimnis, dass die BVI ein<br />
internationaler Finanzmarkt sind. Hier trifft man Firmen,<br />
die es vorziehen, ihre fi nanziellen Transaktionen<br />
im Schatten der Öffentlichkeit auszuführen, oder die<br />
aus dem berühmt berüchtigten Briefkasten bestehen.<br />
Man ist stolz auf seinen Botanischen Garten. Ja, so<br />
etwas gibt es in der Karibik. Man ist stolz auf eine<br />
Begebenheit, die der Autor so noch nirgends auf der<br />
Welt fand. Als englisches „oversea therritory“ ist der<br />
Autoverkehr, wie in England, auf der linken Fahrbahnseite<br />
angesiedelt, allerdings werden die Autos eher<br />
aus Asien bzw. USA importiert, sodass man in links<br />
gesteuerten Fahrzeugen auf der linken Seite fährt.<br />
Gewöhnungsbedürftig. Was die Queen dazu sagt? Bei<br />
ihren, bis dato, zwei Besuchen wurde sie jeweils von<br />
einem einheimischen und von einem amerikanischen<br />
Auto chauffi ert. Grund zur Klage gab es nicht, weder<br />
was die Herkunft des Autos noch die Fahrbahnseite<br />
anging. Man ist stolz auf seine Nationalparks, die in<br />
20 Gebieten eingerichtet wurden. Geschützt durch<br />
eine Stiftung, die 12 weitere Parks in näherer Zukunft<br />
errichten möchte. Die Idee geht auf Laurance Rockefeller<br />
(er war einer der Ersten, der auf den BVI Land<br />
kaufte) zurück, der der Regierung 1960 drei Gebiete<br />
überließ (man munkelt: kostenlos), mit der Prämisse,<br />
diese Gebiete unter Schutz zu stellen. So wurden<br />
Sage Mountain auf Tortola, Devils Bay und Spring<br />
Bay auf Virgin Gorda zu umweltbewussten Vorreitern.