24.11.2012 Aufrufe

| WWW.SAILING–JOURNAL.DE | AUSGABE 03 / 2008 | JUNI / JULI |

| WWW.SAILING–JOURNAL.DE | AUSGABE 03 / 2008 | JUNI / JULI |

| WWW.SAILING–JOURNAL.DE | AUSGABE 03 / 2008 | JUNI / JULI |

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

90 | 91<br />

sailing journal 3 | 08<br />

Verwarfen und testeten sie, bauten neue – das zog sich über anderthalb Jahre hin.<br />

Im Grunde ist es bis heute immer noch nicht zu 100 Prozent fertig. Es gibt immer<br />

noch ein oder zwei Beschläge, bei denen Details geändert werden könnten. Der kritische<br />

Punkt eines Gaffelriggs ist der Klaufall-Galgen (Beschlag, der den Baum am<br />

Mast aufnimmt). Er trägt ein ungeheures Gewicht, und wenn der Mechanismus nicht<br />

stimmt, bekommt man den Mast nicht sauber hoch und runter. So wurde viel diskutiert,<br />

viel verworfen und viel Material verbaut, bis die optimale Lösung gefunden<br />

war. Es begann schon mit der Materialfrage. Verzinktes Eisen oder V2A (rostfreier<br />

Edelstahl)? Die Entscheidung viel auf V2A und ließen das Rigg strahlen. Nun hat den<br />

Anschein, als wäre es schwarz verzinkt – wie früher. Der einzige Nachteil: es ist verhältnismäßig<br />

schwer zu bearbeiten.<br />

Betreiberkonzept. Eigentümer der ARTEMIS ist die Stiftung Maritim, die es sich zur<br />

Aufgabe gemacht hat, „schwimmendes Kulturgut“ zu bewahren. Mittlerweile sind der<br />

Frachtewer JOHANNA von 19<strong>03</strong>, das Fischereischiff LANDTRATH KÜSTER von 1998,<br />

der Lotsenschoner NO. 5 von 1884, der Dampfer SCHAARHÖRN von 1908, das Hafenfahrzeug<br />

NIE<strong>DE</strong>RELBE von 1937, das Fischereischiff CATARINA von 1890 und die<br />

12mR-Yacht HETI von 1912 restauriert worden. Diese verschiedenen Projekte werden<br />

dann ehrenamtlichen Helfern übergeben, die dafür sorgen, dass sich die einzelnen<br />

Schiffe mithilfe eines Betreiberkonzepts tragen. Genau das wird eine der Hauptaufgaben<br />

Bernhard Hauers sein, neben der Fertigstellung der Restauration. Das Schiff soll<br />

und muss sich mithilfe des Betreibervereins „Freundeskreis der Kreuzeryacht ARTE-<br />

MIS“ (rund 60 Mitglieder) und durch die Unterstützung der Stiftung tragen. Das<br />

kann durch Chartern oder auch durch Events geschehen. Im Yachtbereich wird das<br />

nicht einfach, weil nicht so viele Menschen an Bord passen wie auf anderen Yachten.<br />

Denn durch das Rigg ist die ARTEMIS nicht einfach zu segeln – eine echte Herausforderung.<br />

Es wird eine Stammcrew geben, die aus ca. vier Leuten bestehen wird,<br />

die durch Chartergäste aufgefüllt wird. Der Aufbau einer Stammcrew wird aufgrund<br />

der Ehrenamtlichkeit nicht einfach. Und irgendwann werden sie auch einen Bootsmann<br />

brauchen, der permanent an Bord ist. Heimathafen wird der neue Sandtorhafen<br />

sein, der am 20. Mai eingeweiht wurde.<br />

classic artemis 1. teil<br />

Bernhard Hauer: Ich bekam Kontakt über Stiftung Maritim<br />

zu Reinhard Wolf. Er suchte jemanden, der sich<br />

um die Fertigstellung der Restauration der ARTEMIS<br />

kümmern sollte. Da ich damals sowieso in den Vorruhestand<br />

geschickt wurde, passte das ganz gut. Ich<br />

musste dann aber feststellen, dass das Schiff bei Weitem<br />

noch nicht fertig war. Nur der Rumpf, ohne Rigg,<br />

ohne alles. So mussten wir erst mal Geld auftreiben<br />

– richtig viel Geld. Durch Bekannte und Freunde in<br />

der Schifffahrtsszene fanden wir recht schnell vier, fünf<br />

Hamburger Reeder, die sich fi nanziell engagierten. So<br />

hatten wir die ersten 350.000 Euro, die uns den Anschub<br />

gaben, damit es überhaupt weitergehen konnte.<br />

Als wir die Beschläge so weit fertig hatten,<br />

stellten wir fest: die ersten 350.000 Euro sind weg.<br />

Denn mittlerweile müssen wir auch Gehälter bezahlen,<br />

was so unbedingt nicht geplant war. Früher<br />

haben alle so gearbeitet, aber nun müssen wir die<br />

Schiffbauer, Holzbauer und Maschinenbauer bezahlen.<br />

Momentan arbeiten bei uns fünf bis sechs bezahlte<br />

Kräfte. Insgesamt sind wir um die 20, dazu<br />

gehören dann auch Lehrlinge und Ein-Euro-Jobber.<br />

Wir kamen letztlich in die Phase, in der wir keine<br />

Ein-Euro-Jobber oder andere ungelernte Kräfte mehr<br />

auf das Schiff lassen konnten. Letztlich ging es um<br />

hoch qualifizierten Schiffbau. Das ist auch einer der<br />

Gründe, warum es solange dauert. Wenn der Beschlagmacher<br />

im Urlaub ist, geht hier nichts weiter.<br />

Denn wir haben nur einen und es ist der einzige,<br />

der das kann. Wir haben versucht, die Fertigung<br />

solcher Beschläge fremd zu vergeben, aber das ist fast unmöglich. Das muss in der<br />

Werft gemacht werden, weil es individuell angepasst werden muss. So etwas kann<br />

man nicht nach einer Zeichnung machen.<br />

Zurzeit schauen wir uns die Leute noch genau an, die wir als Crew an Bord<br />

nehmen. Es ist ein verhältnismäßig enges Schiff, es ist ein hochverantwortliches Segeln,<br />

sodass wir Leute brauchen, die segeln können, bei denen wir nicht von Null anfangen<br />

können. Wir brauchen gute Decksleute, wir brauchen Steuerleute, wir brauchen Techniker,<br />

wir brauchen Skipper. Wir suchen junge, begeisterungsfähige Leute, die Kraft<br />

haben. Denn dieses Schiff verlangt nach Kraft. Ältere Segler haben einfach keine Kraft<br />

mehr, dieses Gaffelrigg zu beherrschen. Das Groß braucht zum Setzen einfach zehn<br />

Mann. Wir sind mit allen großen Hamburger Segelvereinen in Kontakt, um aus deren<br />

Jugendgruppen Segler zu rekrutieren. Wir möchten es als Belohnung für gute Erfolge<br />

ausschreiben. So bekommen sie einen Vergleich, wie es ist, auf einem alten und auf<br />

einem neuen Schiff zu segeln. Das rundet ihr Spektrum an Erfahrungen immens ab.<br />

Für mich ist es so etwas wie die Krönung meiner Segelkarriere. Ich gehöre zu<br />

der Generation (Hamburger Jungs), die in den 1950er Jahren mit Papa auf’s Wasser<br />

ging und Opti segelte. Mittlerweile habe ich mich auf allen Weltmeeren herumgetrieben<br />

und habe auch jetzt noch mit einem Freund ein Schiff. So etwas ist genau das<br />

Richtige „zum Schluss“, eine Steigerung gibt es nicht. Für mich ist es die Erfüllung.<br />

Vor allem, weil ich an dem Schiff noch mitgebaut habe - da hängt man noch viel<br />

mehr daran als ohnehin schon. Zurzeit ist es als Yacht bis 25 Meter klassifi ziert und<br />

kann mit dem Sporthochseeschein gefahren werden. Wobei es wichtiger ist, so ein<br />

Schiff zu beherrschen. Ich schätze, dass wir ein halbes bis dreiviertel Jahr an Testfahrten<br />

brauchen werden, um es in nahezu allen Bedingungen zu kontrollieren. Man<br />

muss sich einmal vorstellen: Man halst mit dem Schiff mal durch, da kommt von da<br />

oben das ganze Gerödel runter. Nein, das will ich mir lieber nicht vorstellen.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!