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| WWW.SAILING–JOURNAL.DE | AUSGABE 03 / 2008 | JUNI / JULI |

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sailing journal 3 | 08<br />

classic artemis 1. teil<br />

Nun tat sich die Kunde um, dass die ARTEMIS zu verkaufen sei, aber nicht an einen<br />

Deutschen. So wurde ein englischer Mittelsmann mit den Verhandlungen beauftragt,<br />

der letztlich auch den Kauf abwickelte. Ein Filmregisseur, der vorgab, die Yacht für<br />

einen Film zu verwenden. Es war zwar keine deutsche Yacht, aber zumindest segelte<br />

sie in Hamburg bei einer Regatta des NRV (Norddeutschen Regattavereins). Joachim<br />

Kaiser wurde als Sachverständiger und Kapitän eingesetzt, der nun die delikate Aufgabe<br />

der Überführung übernahm.<br />

Überführung. Nach Jahrzehnten im Schlick kann sich jeder ausmalen, wie lange es<br />

dauert, bis man mehr als 50 Meter zurückgelegt hat bzw. bis das Schiff überhaupt<br />

„ausgegraben“ ist. Was sollte mit dem „wertvollen Interieur“ werden? Man befürchtete<br />

Diebstähle während des Transportes und so wurde alles abgebaut, in Container<br />

verstaut und nach Hamburg transportiert. Das nächste Problem: Wie das Schiff über<br />

die Nordsee bekommen? Ohne Rigg, ohne Motor und nur mit einem halben Kiel<br />

war das unmöglich – keine Chance. Beim Schleppen hätten zu viele Schäden entstehen<br />

können, also blieb nur ein Dockschiff übrig. Aber die Dinger sind rar und die<br />

wenigen sauteuer. Reinhard Wolf, im Vorstand der „Stiftung Maritim“ charterte ein<br />

Dockschiff einer Ölbohrinsel in der Nordsee. Nun stellte sich heraus, dass der Black<br />

Water River viel zu fl ach für solch ein Dockschiff war – es muss die kommende<br />

Springfl ut abgewartet werden. Gesagt – getan. Als das Schiff endlich vor der ARTE-<br />

MIS lag, brauchte es aufgrund der Flutung zusätzlichen Tiefgang. Woher das Wasser<br />

dazu nehmen? Es wurde eine Stelle gefunden, die tief genug für die Anbordnahme<br />

war. Für die eigentliche Überführung war so schlechtes Wetter angesagt, dass man<br />

das Dockschiff mit Schiefl age lenzte, damit sich die ARTEMIS durch ihr Eigengewicht<br />

selbst stabilisiert. Ziel: die Werft in Tollerort. Nun begann das Begutachten.<br />

Restauration. 1996 – endlich – ging es los. Der Rumpf musste komplett neu aufgeplankt<br />

und anschließend mit einer Bekupferung versehen werden. Bis auf wenige<br />

Teile musste alles ausgetauscht und neu hergestellt werden. Allein diese Arbeiten<br />

am Rumpf dauerten bis ins Jahr 2000. Dann der Schock: Die öffentliche Förderung<br />

brach zusammen. Als Resümee wurde – durch die HSH Nordbank und der Hamburger<br />

Handelskammer – die Stiftung Maritim gegründet. Inzwischen musste das Schiff<br />

von Tollerort in den Harburger Hafen verholt werden. Hier, bei der Werft „Jugend in<br />

Arbeit“ wurden nun der gesamte Innenausbau und mittlerweile auch das Rigg hergestellt.<br />

Nach und nach nahm das Schmuckstück ihre alte „Größe“ wieder an. Ein<br />

zusätzlicher Motor wurde eingebaut, unzählige Beschläge rekonstruiert und Spieren<br />

gefertigt, Technik und Elektronik mussten konzipiert und installiert werden – sollte<br />

doch alles praktisch unsichtbar bleiben, um eine Originaltreue zu gewähren.<br />

Fertigstellung. Seit Anfang 2005 ist Bernhard Hauer dabei, der mit der Fertigstellung<br />

der Restauration betraut wurde. Fertigstellung heißt: nur noch das Rigg. Nur.<br />

Es gab weder Konstruktionspläne noch Risse. Im Grunde gab es nur ein Foto der<br />

LEAN<strong>DE</strong>R, des Schwesterschiffes der ARTEMIS. Das war’s. In monatelangen Studien<br />

trugen Joachim Kaiser und Jochen Gnass wertvolle Details des Riggs zusammen.<br />

Allein die lange Restaurationszeit von 12 Jahren zeigt auf, wie viele Probleme gelöst<br />

werden mussten. Im Laufe dieser Zeit wurden 15 Bootsbaulehrlinge ausgebildet, arbeiteten<br />

ständig um die 20 Leute (von Lehrlingen bis Ein-Euro-Jobber) an der ARTE-<br />

MIS, mittlerweile auch drei bis vier Festangestellte. Schließlich kann man ab einem<br />

bestimmten Punkt nur noch hoch qualifi zierte Fachleute Hand anlegen lassen.<br />

Das Rigg entpuppte sich als eine der teuersten und aufwendigsten Aufgaben. Es exis tierte<br />

nichts als alte Fotos. Mit ihrer Hilfe suchten sie Beschläge heraus, die dann gezeichnet und<br />

vor allem gerechnet werden mussten. Peu à peu wurden dann die Beschläge gefertigt.

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