NaturdrogenUnbegründeteGlücksgefühleAls Naturdrogen geltenwir die wild <strong>in</strong> <strong>der</strong> Naturwachsenden Pflanzenmit psychotropenInhaltsstoffen. Sie bee<strong>in</strong>flussendie Psyche unddamit das Verhalten.Diese Stoffe gehörenwie bei allen Rauschdrogenzu den Alkaloiden,vorwiegend basischwirkenden Stoffen, allemehr o<strong>der</strong> wenigerstarke Gifte. Sie wirken<strong>in</strong> unterschiedlichsterWeise anregend o<strong>der</strong>lähmend auf dasZentralnervensystem.Die zwei wesentlichenGruppen dieser Stoffes<strong>in</strong>d diep Euphorika und diep Halluz<strong>in</strong>ogene.Euphorika erzeugensachlich und objektivunbegründete Glücksgefühle.Halluz<strong>in</strong>ogenerufen S<strong>in</strong>nestäuschungenhervor. Man sieht,hört, fühlt und empf<strong>in</strong>detD<strong>in</strong>ge, die <strong>in</strong> <strong>der</strong>Wirklichkeit nicht vorhandens<strong>in</strong>d.Heilige und HexenIn allen Kulturen undzu allen geschichtlichenZeiten haben die Menschenzu den heilendenauch die berauschenden,halluz<strong>in</strong>ogenenKräfte <strong>der</strong> Pflanzenbenutzt. In <strong>der</strong> Regelstand <strong>der</strong> Gebrauchunter strenger sozialer,oft religiöser Kontrolle(„sakrale“ Drogen).Es waren Schamanen,Priester o<strong>der</strong> Heilkundige(die Frauen unterden Heilkundigengalten oft als Hexen),die <strong>in</strong> Rausch, Tranceo<strong>der</strong> Ekstase die Verb<strong>in</strong>dungzum Übernatürlichen,den Göttern o<strong>der</strong>den Ahnen suchten. UmE<strong>in</strong>sichten und Erkenntnisseüber Verborgeneszu erlangen, um dasSchicksal zu ergründenund zu bee<strong>in</strong>flussen, umKrankheiten zu heilen.Auf kultischen Festengehörte Rausch zu fastallen Ritualen.Wirkung undNebenwirkungDa bei den wild wachsendenNaturdrogen dieWirkstoffkonzentrationsehr unterschiedlichausfällt, ist die Wirkungoft schwer o<strong>der</strong> garnicht zu kontrollieren.Unerwünschte Nebenwirkungen,Vergiftungenbis h<strong>in</strong> zum Todbleiben nicht aus.Die Naturdrogen habenals Rauschmittel heutenur noch wenig Bedeutung.Das liegt unteran<strong>der</strong>em auch daran,dass immer mehr re<strong>in</strong>eStoffe isoliert o<strong>der</strong> synthetischhergestellt werdenkönnen. Allerd<strong>in</strong>gss<strong>in</strong>d viele natürlichePflanzen-Alkaloideheute noch – o<strong>der</strong> wie<strong>der</strong>– wichtige Bestandteilevon Arzneimitteln(Homöopathie).Die wichtigsten Naturdrogens<strong>in</strong>d:p Pilzep Nachtschattengewächsep Muskatnussp Pejote-Kaktus.PilzeZu den Pilzen mitberauschen<strong>der</strong> Wirkunggehörenp Fliegenpilzp Psilocybe-Artenp Mutterkorn.Fliegenpilz(Amanita muscaria)Welche Inhaltsstoffegenau und <strong>in</strong> welcherWeise für die berauschendeWirkung desPilzes verantwortlichs<strong>in</strong>d, ist auch heute nochnicht völlig geklärt. DerFliegenpilz ist verglichenmit dem Knollenblätterpilz(Amanita phalloides)weniger giftig.WirkungSe<strong>in</strong> Verzehr löst nebenÜbelkeit, Schw<strong>in</strong>del undSchläfrigkeit Euphorieund lebhafte Halluz<strong>in</strong>ationenaus. Raum- undZeitvorstellung, Sprache,Denken und das Gefühlfür Dimensionenwerden verän<strong>der</strong>t.Größere Mengen vonFliegenpilz führen zuschweren Vergiftungenmit Muskelkrämpfenund Verwirrtheit, siekönnen (zusammen mitan<strong>der</strong>en Drogen o<strong>der</strong>Giften) auch tödlich se<strong>in</strong>.18
NaturdrogenGeschichteDer Fliegenpilz gehörtmit zu den ältestenRauschmitteln unsererBreiten. In nordischenLän<strong>der</strong>n, wo er seltenwächst, war er zeitweiligZahlungsmittel fürRentiere. Inzwischenist auch dort Alkohole<strong>in</strong>facher und billigerzu beschaffen.Psilocyb<strong>in</strong>haltigePilze (Psilocybe)Zu diesen Rausch erzeugendenPilzen gehörenzum Beispielp Nanacatl undTeo-Nanacatl, beideaus Südamerika undMexicop <strong>der</strong> SpitzkegligeKahlkopf (Psilocybesemilanceata),Europa.WirkungDas Alkaloid Psilocyb<strong>in</strong>,<strong>der</strong> hauptsächlicheWirkstoff <strong>in</strong> dieser Pilzgruppe,ist e<strong>in</strong> typischesHalluz<strong>in</strong>ogen, das vorübergehendeWahnideenerzeugt. Diesehalten aber nur relativkurze Zeit an (4 bis6 Stunden), so dass Psilocyb<strong>in</strong><strong>in</strong> <strong>der</strong> ForschungAnwendung fand(Erforschung von Wahnzuständen).Fre<strong>der</strong>ic Vesterstellte 1996 fest,dass Versuchspersonenohne Mühe verstümmelteTexte rekonstruierenund verstehenkonnten.Im Gegensatz zu LSD als„kalte, gnadenloseDroge“ wird die Wirkungvon Psilocyb<strong>in</strong> als „relativsanft und gesellig“empfunden.GefahrenEs s<strong>in</strong>d zwar ke<strong>in</strong>eschwerwiegendenkörperlichen Gefahrenbekannt, trotzdem könnenwie bei allen Halluz<strong>in</strong>ogenenPsychosenausgelöst werden.„Bad trips“ s<strong>in</strong>d möglichund es tritt rasch e<strong>in</strong>eGewöhnung mit demVerlangen nach immerhöheren Dosen e<strong>in</strong>.GeschichteInkas, Azteken und auchspätere Kulturen Südamerikasbenutzten Teo-Nanacatl und Nanacatlals sakrale Droge zumBeispiel für die Seelenreisen<strong>der</strong> Schamanenund bei rituellen Festen.Auch heute noch versetzensich mexikanischeund südamerikanischeCuran<strong>der</strong>as (HeilerInnen)mit Psilocybe <strong>in</strong>Trance. In Europa entdeckteman den wildwachsenden SpitzkegligenKahlkopf alsRauschmittel.RechtBesitz, Verkauf und Herstellungvon Psilocyb<strong>in</strong>und psilocyb<strong>in</strong>haltigenPilzen s<strong>in</strong>d ohne Son<strong>der</strong>genehmigungillegal.Besitz und Weitergabemit dem Ziel, sich o<strong>der</strong>an<strong>der</strong>e zu berauschen,ist illegal.Mutterkorn(Claviceps purpurea)Mutterkorn ist e<strong>in</strong> Kle<strong>in</strong>pilz,<strong>der</strong> als Schmarotzerauf Getreideährenwächst. Se<strong>in</strong>e Wirkunggeht von <strong>der</strong> Lysergsäureaus – e<strong>in</strong>em Ausgangsstofffür LSD. Sieheauch: LSD.Wirkungund GefahrenDer Mutterkornpilz verursachtVergiftungen:Krämpfe und Durchblutungsstörungenbis h<strong>in</strong>zum Absterben vonGliedmaßen, geistigeVerän<strong>der</strong>ungen (durchgestörte Gehirndurchblutung),auch Fehlgeburtens<strong>in</strong>d möglich.Se<strong>in</strong>e Inhaltsstoffe werden<strong>in</strong> Medikamentenverwendet. Als Rauschmittelist er eher ungeeignet.GeschichteIm frühen Mittelaltertraten Mutterkornvergiftungendurch verunre<strong>in</strong>igtesGetreide –damals als unerklärlicheEpidemien (Kriebelkrankheitund Antoniusfeuer)– auf. 1691 wurden<strong>in</strong> Salem/Massachusettsjunge Frauen als Hexenverurteilt. Sie hattenZeichen von Besessenheitgezeigt, die – wie manheute annimmt – Auswirkunge<strong>in</strong>er Mutterkornvergiftungwaren.1938 wurde von A. HofmannLSD 25 auf <strong>der</strong>Basis von Lysergsäureaus dem Mutterkorn imLabor hergestellt.NachtschattengewächseZur botanischen Familie<strong>der</strong> Nachtschattengewächsegehören nichtnur so wichtige NahrungspflanzenwieKartoffel, Tomate,Auberg<strong>in</strong>e und Paprikao<strong>der</strong> das GenussmittelTabak, son<strong>der</strong>n auche<strong>in</strong>e ganze ReiheRauschdrogen:p Stechapfel (Datura)p Nachtschatten(Solanum)p Bilsenkraut(Hyoscamus)p Tollkirsche (Atropa)p Tollkraut (Scopolia)p Alraune(Mandragora)p Duboisia.WirkungDie Nachtschattendrogengehören zu denhalluz<strong>in</strong>ogenen Drogen.Die beiden wichtigstenAlkaloide, die für dieRauschwirkung verantwortlichs<strong>in</strong>d, s<strong>in</strong>d dasp Atrop<strong>in</strong> mit eheranregen<strong>der</strong> und dasp Skopolam<strong>in</strong> miteher dämpfen<strong>der</strong>Wirkung.Bei ihnen allen werdendie Phänomene desRauschzustandes fastimmer als Wirklichkeiterlebt (im Unterschiedzu den Räuschen durchLysergsäure<strong>der</strong>ivate,etwa LSD, wobei <strong>der</strong>Konsument sich eher alsunbeteiligter Beobachterempf<strong>in</strong>det).19