ArbeitssuchtVerlauf und FolgenArbeitssüchtige werdenvon ihrer Arbeit <strong>in</strong>Schwung gehalten. Esbeg<strong>in</strong>nt ganz harmlos.Jedes Lesen wird alsFreizeit ausgegeben,selbst wenn es für denBeruf ist. Die Arbeitnimmt im Denken e<strong>in</strong>enimmer größeren Raume<strong>in</strong>, Beziehungen zuFreunden und zur Familieverschlechtern sich.In <strong>der</strong> kritischen Phasehört <strong>der</strong> Süchtige nichtmehr auf zu arbeiten,arbeitet wie im Rausch.Arbeit wird gehortet. Iste<strong>in</strong>mal ke<strong>in</strong> Term<strong>in</strong>druckda, fühlt sich <strong>der</strong> Süchtigeüberflüssig.Die ersten körperlichenSymptome können e<strong>in</strong>setzen:p Bluthochdruckp Magengeschwürep Depressionen.In <strong>der</strong> chronischen Phase,wenn zusätzlicheAbend-, Nacht- sowieSonntagsarbeit h<strong>in</strong>zukommen,wird dieSchlafzeit drastisch verkürzt.Drei bis fünf StundenSchlaf s<strong>in</strong>d dann dieRegel. Manche kommensogar tagelang ohneSchlaf aus und haltensich nur mit Aufputschmittelwach. Weil es <strong>in</strong>dieser Phase Denk- undKonzentrationsschwächengibt, müssen Medikamente,Alkohol undNikot<strong>in</strong> helfen. In <strong>der</strong>letzten Phase setzen dieschweren organischenKrankheiten e<strong>in</strong>:Hörsturz, Herz<strong>in</strong>farkt,Hirnschlag.52BehandlungE<strong>in</strong>e Therapie kann erstbegonnen werden,wenn beim Süchtigene<strong>in</strong>e Krankheitse<strong>in</strong>sichtvorhanden ist. Der ersteSchritt aus dem Workaholismusheißt also, <strong>in</strong><strong>der</strong> eigenen Arbeitsweisee<strong>in</strong>e Sucht zu erkennen.Bei nichtstofflichen<strong>Süchte</strong>n, zu denen dieArbeitssucht gehört, istes ganz beson<strong>der</strong>sschwer, auf das Suchtmittelzu verzichten.An<strong>der</strong>s als beim Alkoholismus,wo man lernenkann, das erste Glasstehen zu lassen, kannman nicht e<strong>in</strong> Lebenlang ohne Arbeit leben.Das Lernziel e<strong>in</strong>er Therapiemuss also langfristigerangelegt werdenund wird dar<strong>in</strong> bestehen,den Süchtigenlernen zu lassen, dass erauch ohne übermäßigeArbeitsleistung etwaswert ist.Wie bei je<strong>der</strong> Suchtbeg<strong>in</strong>nt auch <strong>der</strong> Ausstiegaus dem Workaholismusmit <strong>der</strong> Erkenntnis:Die Sucht nach <strong>der</strong>Arbeit ist stärker als <strong>der</strong>Süchtige. Er hat nichtdie Kraft, die Arbeit se<strong>in</strong>zu lassen. Arbeitssuchtist e<strong>in</strong>e Krankheit, auchwenn sie offiziell nichtals e<strong>in</strong>e solche anerkanntist. ProfessionelleHilfe f<strong>in</strong>det <strong>der</strong> Süchtigebei Therapeuten, <strong>in</strong>Suchtberatungen o<strong>der</strong><strong>in</strong> Selbsthilfegruppen.Parallel zu den AnonymenAlkoholikern habensich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>igen StädtenSelbsthilfegruppen vonAnonymen Arbeitssüchtigengebildet. DieAdressen s<strong>in</strong>d über dieKontakttelefonnummern<strong>der</strong> AnonymenAlkoholiker zu erfahren.Man muss aufhören zuglauben, man arbeitenur für die an<strong>der</strong>en.p Statt schnell imStehen zu essen,sollte man sich Zeitnehmen fürs Essenp Es ist wichtig, ab undzu e<strong>in</strong>en Tag amStrand o<strong>der</strong> auf <strong>der</strong>Wiese zu verbr<strong>in</strong>genp Wenn man mal <strong>in</strong>sWochenende fährt,sollte man ke<strong>in</strong>eArbeit mitnehmenp Als Lektüre nur dase<strong>in</strong>stecken, was nichtmit <strong>der</strong> Arbeit zu tunhatp Man sollte sich Zeitnehmen – und esvielleicht ganz neulernen – mit K<strong>in</strong><strong>der</strong>nzu spielenp E<strong>in</strong> Ziel wird se<strong>in</strong>, mitund für Menschen zuleben, nicht für dieArbeit.All dies sollte getanwerden, ohne dar<strong>in</strong>wie<strong>der</strong> e<strong>in</strong>e Meisterschafterr<strong>in</strong>gen zu wollen.Sucht hat immere<strong>in</strong>e GeschichteSucht hat nie e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>zigeUrsache: Die Persönlichkeitund die Umwelt,<strong>in</strong> <strong>der</strong> e<strong>in</strong> Mensch aufgewachsenist o<strong>der</strong> lebt,entscheiden darüber, ob<strong>der</strong> Mensch e<strong>in</strong>er Suchtgefahrstandhalten kanno<strong>der</strong> nicht. Das Zusammentreffenmehrerernegativer Erlebnisse belastetjeden Menschen.Wer viele Möglichkeitenkennengelernt hat, Problemezu bewältigen, istweniger gefährdet, <strong>in</strong>e<strong>in</strong>e Sucht zu flüchten.Vorbeugung<strong>Suchtvorbeugung</strong> muss<strong>in</strong> <strong>der</strong> K<strong>in</strong>dheit beg<strong>in</strong>nen.Hier entwickelt sich dasSelbstwertgefühl. Schondas K<strong>in</strong>d kann lernen,mit Problemen angemessenumzugehenund se<strong>in</strong> Leben aktiv zugestalten. So gestärktkann es später e<strong>in</strong>erSuchtgefahr besserstandhalten.<strong>Suchtvorbeugung</strong> heißt:Selbständigkeit, Selbstachtung,Selbstf<strong>in</strong>dungund Lebensfreude beiK<strong>in</strong><strong>der</strong>n för<strong>der</strong>n, Kommunikations-und Konfliktfähigkeitenstärken.Der Aufbau <strong>der</strong> Ich-Stärkeist zentrales Ziel suchtvorbeugen<strong>der</strong>Arbeit <strong>in</strong><strong>NRW</strong>. Damit K<strong>in</strong><strong>der</strong> undJugendliche gerade <strong>in</strong>schwierigen Lebenssituationeneigenständigentscheiden können,„Ne<strong>in</strong>“ zu sagen undVerantwortung (fürsich und ihr Handeln) zuübernehmen.Das elterliche Vorbild istwichtig. Sie sollten Ihreigenes Verhalten, zumBeispiel Ihren Umgangmit Arbeit und Freizeit,kritisch kontrollieren.Reden Sie mit IhremK<strong>in</strong>d offen über Suchtund Suchtgefahren. K<strong>in</strong><strong>der</strong>sollten wissen, wiees zu <strong>Süchte</strong>n kommtund wie diese wirken.
Ess- und BrechsuchtAbhängigvom Essen?Beim Thema Essen gehtes um Leben und Tod.Ohne zu essen kann e<strong>in</strong>Mensch nicht leben.Essen ist ke<strong>in</strong>e Droge,aber zu viel und zu wenigEssen s<strong>in</strong>d extremeGefühle. Von jedemextremen Gefühl kannman abhängig werden.Also gibt es auch Formenvon Missbrauch beimEssen.Bei den Essstörungenhandelt es sich nichtum e<strong>in</strong>e Sucht imeigentlichem S<strong>in</strong>ne. Esist vielmehr von e<strong>in</strong>erkomplexen psychosomatischenKrankheitauszugehen, die auchSuchtaspekte aufweist.Was heißt hierMissbrauch?Wer hungert, um ja ke<strong>in</strong>Gramm zuzunehmen,während die Umgebungihn ganz normal f<strong>in</strong>det,dessen Essverhalten istgestört.Wenn e<strong>in</strong>e Diät diean<strong>der</strong>e ablöst, <strong>der</strong> Körpernach se<strong>in</strong>em Rechtauf Nahrung verlangt,dann entsteht plötzliche<strong>in</strong> Zwang, ganz viel aufe<strong>in</strong>mal zu vertilgen. Biszu 20 000 Kalorien verschl<strong>in</strong>genEsssüchtige <strong>in</strong>kürzester Zeit. Die könnensie bei ihrer Angst,dick zu werden, jedochnicht bei sich behalten.Sie spucken sie wie<strong>der</strong>aus. Zu <strong>der</strong> Esssucht istnoch e<strong>in</strong>e Brechsuchtgekommen. Ess- undBrechsüchtige wissenständig, wo die nächsteToilette ist, um ja jedese<strong>in</strong>zelne Gramm wie<strong>der</strong>direkt loszuwerden.In <strong>der</strong> Mediz<strong>in</strong> ist esumstritten, ob es sichbei <strong>der</strong> Ess- und Brechsucht(Bulimie) um e<strong>in</strong>eSucht handelt o<strong>der</strong> ume<strong>in</strong>e neurotische Ausprägung.Suchtparallelengibt es <strong>in</strong> jedem Fall.Wer dagegen mit Freudeisst, sobald <strong>der</strong> Hungerda ist, und merkt,wann die Sättigungerreicht ist, den Abstandzwischen den Mahlzeitene<strong>in</strong>halten kann,ohne etwas zu essen,<strong>der</strong> o<strong>der</strong> die gehört nichtzu den Essgestörten.Zahlen und Fakten90 Prozent aller an EssundBrechsucht Erkranktens<strong>in</strong>d Mädchen undFrauen. 2 bis 4 Prozentaller Frauen neigen zurEss- und Brechsucht. DerKrankheitsbeg<strong>in</strong>n liegtmeistens vor dem zwanzigstenLebensjahr, dieKrankheit bildet sichüberwiegend <strong>in</strong> <strong>der</strong>Altersgruppe zwischen20 und 30 Jahren heraus.60 Prozent haben Abitur,also e<strong>in</strong>en hohen Bildungsgrad.Man sieht ihnen ihreKrankheit nicht an, sies<strong>in</strong>d normalgewichtigund f<strong>in</strong>den sich dennochzu dick. Manche habenm<strong>in</strong>destens drei Klei<strong>der</strong>größenim Schrank, weilsich ihr Gewicht häufigverän<strong>der</strong>t. Manchmalvon Größe 38 bis Größe46.Esssüchtige leiden unterHungerattacken, denensie nicht wi<strong>der</strong>stehenkönnen. Die Anfälles<strong>in</strong>d erst beendet, wenn<strong>der</strong> Heißhunger wie<strong>der</strong>verschwunden ist. DieAnfälle treten fast täglichauf und dauern vone<strong>in</strong>er Viertelstunde biszu vier Stunden. Währenddieser Zeit vertilgenEsssüchtige alles, wasim Kühlschrank ist,essen Würste, Brote,Butterstücke, Pral<strong>in</strong>enschachtelweise, Brathähnchen,BüchsenKeks, eben alles, was dieFamilie an Vorräten hat.Esssucht ist e<strong>in</strong>e teureKrankheit und führt zuständigen Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzungenmit denAngehörigen, denndenen wird ja alles weggegessen.Im Anschluss an dieFressorgie wird <strong>der</strong>Inhalt wie<strong>der</strong> ausgebrochen.Zwei Drittel allerEss- und Brechsüchtigenübergeben sich tägliche<strong>in</strong> bis zwei Mal und e<strong>in</strong>Drittel wie<strong>der</strong>holt dasbis zu sechs Mal.Neben dem Brechennehmen viele <strong>der</strong> EssundBrechsüchtigenAbführmittel e<strong>in</strong>, undzwar bis zu 300 Stückpro Woche. Bei e<strong>in</strong>igenkommen noch Appetitzüglerh<strong>in</strong>zu, so dasszusätzlich e<strong>in</strong>e Medikamentenabhängigkeitentsteht. Siehe auch:Medikamentensucht.H<strong>in</strong>weise aufEss- und BrechsuchtBulimische Mädchenund Frauen stehenunter e<strong>in</strong>em hohenLeidensdruck.Die Betroffenen verbergenihren Essensmissbrauch,so lange esirgend geht, sie verhaltensich wie Süchtige. Sietun dies, weil sie sichschämen. Sie essen bzw.erbrechen möglichst,wenn sie alle<strong>in</strong> zuHause s<strong>in</strong>d.E<strong>in</strong> verän<strong>der</strong>tes Essverhaltenkann e<strong>in</strong> Signalse<strong>in</strong>. Der KreislaufEssen-Erbrechen-Essenwie<strong>der</strong>holt sich mehrfacham Tag. Damit niemanddas Erbrechenmitbekommt, lassendie Bulimieopfer dieSpülung laufen o<strong>der</strong>das Radio.53