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foyer 12 thEatER BREMERhaVEn Schwanensee dYnamischE dEutung Die erste „Schwanensee“-Inszenierung 1877 in Moskau war bekanntlich ein Misserfolg. Der leicht schwerhörige Ballettmeister Wenzel Raisinger hatte bei Tschaikowsky eine Ballettkomposition in Auftrag gegeben und war mit der komplexen, sich dramatisch entwickelnden Musik sichtlich überfordert. Die Urauf- Urauf führung glänzte durch Dilettantismus in Choreographie und Ausstattung. Erst als die Choreographen Petipa und Iwanow 1895 in St. Petersburg den Stoff für sich entdeckten und die Musik anspruchsvoll in Tanzformen umsetzten, begann für „Schwanensee“ eine Erfolgsgeschichte, die bis zum heutigen Tag ungebrochen ist. Im Zeitalter von Neoklassik, Tanztheater und Performance gibt es zwei Möglichkeiten, sich dem Mythos „Schwanensee“ anzunähern. Entweder man führt das „Ballett der Ballette“ der Tradition verpflichtet konservativ klassisch auf oder man versucht, die Musik Tschaikowskys choreographisch neu zu deuten. Sergei Vanaev wählt in seiner Bremerhavener Inszenierung den zweiten Weg und kündigt seine „Schwanensee“-Interpretation als Choreograph Sergei Vanaev interpretiert den Ballett-Klassiker „Schwanensee“ am Stadttheater Bremerhaven Text: Karin Hiller ein erwachsenes Märchen über die komplizierte menschliche Natur an, mit einer Geschichte, die wesentlich dynamischer ist als das Original. Thema ist die ewige Suche des Menschen nach sich selbst. „Es gibt zwei Prinzen am Hof“, beginnt Vanaev zu erzählen, „Siegfried und seinen jüngeren Bruder. Als der König stirbt, hat Siegfried Anspruch auf den Thron, aber kein Interesse. Er möchte sich selbst erfahren. Sein jüngerer Bruder ist zwar moralisch verdorben, hat aber Führungsqualitäten.“ Vanaev spielt mit den gleichen Situationen, die im Original vorkommen, lässt jedoch Siegfried als gespaltene Persönlichkeit auftreten: „Siegfried hat einen genetischen Defekt, er verwandelt sich nachts in ein anderes Wesen. Es ist für ihn wie eine zweite Natur und er möchte begreifen, ob er der Einzige ist, dem so etwas passiert.“ Und er begibt sich auf die Suche nach Menschen, die ihn und seine psychische Anomalie verstehen. Als der jüngere Prinz im Kampf um den Thron von Siegfrieds Besonderheit erfährt, beauftragt er eine Hofdame, seinen Bruder zu bespitzeln. Sie wird später zu Odile, dem schwarzen Schwan. Die Stimmung des zweiten Akts, so Vanaev, ist „animalisch, nicht menschlich.“ Auf der Jagd entdeckt Siegfried in den Tiefen des Waldes einen See, an dem mit weißen Federn bedeckte Wesen leben. „Vogelähnliche Freigeister“, erklärt der Choreograph, „die keinen Kontakt mit dem Menschen haben wollen, der in ihr Reich eingedrungen ist.“ Odette, der weiße Schwan, ist eines dieser Wesen und Siegfried erkennt, dass sie seiner Seele verwandt ist. Eine große Spiegelfläche als Instrument der Selbsterkennung markiert den See, dahinter sieht man drei hohe Türme, die innen beklettert werden können, die Zufluchtsorte für die Wesen. Die Ausstattung entstand, wie schon in den vergangenen Produktionen, in Zusammenarbeit von Sergei Vanaev mit Johannes Bluth. „Die Ästhetik geht in Richtung Edgar Allan Poe“, beschreibt Vanaev, „die Kostüme zeigen viel Haut und sind monochrom in schwarz, weiß und silber gehalten.“ Zu Musik und Bewegung setzt Vanaev eine weitere Dimension: die Sprache. Die Gedanken der Protagonisten sind in Form von Dialogen, gesprochen von Schauspielern des Stadttheaters, aus dem Off zu hören. Das tragische, dramatische Ende inszeniert Vanaev im Palast des Hofes: „Siegfried, der Sympathieträger der Geschichte, trägt seine doppelte Natur wie ein Kreuz, er ist nicht überlebensfähig.“ Premiere am 6. Oktober, 19.30 Uhr, im Großen Haus. Musikalische Leitung: Stephan Tetzlaff. Nächste Aufführung: 20. Oktober.
diE grossE plEitE-show Die „Enron“-Pleite, bei der 2001 über 20.000 Menschen ihren Arbeitsplatz verloren, zählt zu den spektakulärsten Finanzskandalen der amerikanischen Wirtschaftswelt. Die britische Autorin Lucy Prebble hat den Höhenflug und den folgenden katastrophalen Zusammenbruch des Energiekonzerns als bitterbösen Wirtschaftskrimi für die Bühne dramatisiert. Regisseurin Elina Finkel bringt das Stück nun ans Stadttheater Bremerhaven. Lucy Prebble begibt sich in ihrem Buch mitten in die Schaltzentrale der Macht. Die Hauptfiguren ihrer Mischung aus Dokumentation, Realityshow und surrealen Szenen vom Börsenparkett sind die Topmanager, die in unvorstellbarem Ausmaß Zahlen manipulierten, Bilanzen fälschten, Schulden vertuschten und sich selbst Millionen Dollars in die eigene Tasche schoben. Elina Finkel bringt Prebbles ebenso intelligentes wie unterhaltsames Schauspiel als große Show auf die Bühne. Zwei Ratten, die als Puppenfiguren von professionellen Puppenspielern bewegt werden, führen als Moderatoren durch die Show. Auf einer goldenen Treppe (Ausstattung Hannah Landes) können sich die Finanzjongleure zu Musik wie „Big Spender“ als Stars präsentieren. Surreale Elemente wie der von einem Schauspieler dargestellte Aktienkurs führen das Ganze ad absurdum. „Durch die Überzeichnung, das Plakative hat man die Chance Zusammenhänge zu begreifen“, erklärt Finkel. Trotz aller Showelemente will sie die Charaktere der handelnden Personen genau und psychologisch herausarbeiten. „Es sind Menschen ohne moralische Verantwortungsgefühle, die sich zu Göttern über thEatER BREMERhaVEn Enron foyer 13 Tricksen, fälschen und kassieren – Elina Finkels Version des Enron-Skandals am Stadttheater Bremerhaven Text: Karin Hiller Welten erklären. Hybris gepaart mit verschobener Realitätswahrnehmung.“ Premiere am 22. September, 20 Uhr, im Großen Haus. Weitere Vorstellungen: 29. September; 7., 10., 12., 21. Oktober. 53°8‘N 8°13‘O WWW.HORST-JANSSEN-MUSEUM.DE Horst Janssen als Angeber X Flegeleien und Verneigungen 12.10.2012 - 6.01.2013
Seite 1: 15.09.2012 bis 15.11.2012 3,10 Euro
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