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poEt und provoKatEur<br />
Horst-Janssen-Museum Oldenburg zeigt<br />
Lithografien von Paul Wunderlich<br />
Text: Berit Böhme<br />
Mit seinen homoerotischen Szenen<br />
sorgte er 1960 für einen Ausstellungseklat.<br />
Heute ernten seine Lithografien<br />
Bewunderung. Unter dem Titel<br />
„Paul Wunderlich – Zwischen Provokation<br />
und Poesie“ zeigt das Horst-Janssen-Museum<br />
Oldenburg jetzt 70 frühe Blätter des<br />
2010 verstorbenen Künstlers. Flankierend<br />
sind 20 Janssen-Grafiken zu sehen (23.<br />
September 2012 bis 6. Januar 2013).<br />
Die Ausstellung ist nicht zufällig im Horst-<br />
Janssen-Museum gelandet. Denn zwischen<br />
Janssen und Wunderlich bestand in den<br />
Nachkriegsjahren eine enge künstlerische<br />
Beziehung. Die beiden trafen sich in Hamburg<br />
an der Landeskunstschule Lerchenfeld,<br />
der heutigen Kunsthochschule. Paul<br />
Wunderlich leitete dort eine Radierklasse,<br />
die Horst Janssen besuchte. Janssen bezeichnete<br />
Wunderlich später als „Vorbild,<br />
Lehrer und Gegensatz.<br />
Paul Wunderlich gilt heute als einer der<br />
eigenwilligsten und wichtigsten Grafiker<br />
seiner Zeit. Er war experimentierfreudig,<br />
entwickelte innovative Drucktechniken.<br />
Die dominierenden Themen seines<br />
Oeuvres sind Liebe und Tod. Als er 1960<br />
die Lithografie-Reihe „qui s‘explique“ mit<br />
homoerotischen Motiven zeigte, beschlagnahmte<br />
die Staatsanwaltschaft die Blätter.<br />
Wunderlich wurde zu einer Geldstrafe<br />
verdonnert und soll die Skandal-Mappe<br />
erst 1985 zurückbekommen haben. Was<br />
die deutschen Gemüter erhitzte, erregte<br />
internationales Aufsehen: Das New Yorker<br />
Museum of Modern Art kaufte Wunderlichs<br />
Lithografien an.<br />
Paul Wunderlich: Bosomfriends II (Goldfinger), 1965<br />
Die vor gut 50 Jahren als „unzüchtige Abbildungen“<br />
angeprangerten Grafiken sind<br />
ebenso Teil der Oldenburger Ausstellung<br />
wie durch „kühle Erotik“ geprägte Frauenakte.<br />
Zudem sind die neun Blätter „20.<br />
Juli 1944“ zu sehen, eine Reminiszenz an<br />
die Hitler-Attentäter um Graf Stauffenberg.<br />
KUnSt Paul Wunderlich 51 foyer<br />
Die insgesamt 70 zwischen 1949 und 1975<br />
entstandenen Lithografien zeigt das Horst-<br />
Janssen-Museum in Kooperation mit der<br />
Hamburger Kunsthalle, die eine beachtliche<br />
Druckgrafik-Schenkung vom Berliner<br />
Kunsthändler Dieter Brusberg erhalten hat.<br />
www.horst-janssen-museum.de