Ubungszlele und Lerninhalte - Edudoc
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Aussiedlung aus Polen -<br />
Eingliederungspolitik in der B<strong>und</strong>esrepublik Deutschland<br />
Dr. Georg Ebersbach, Hans Wenzel, beide Frankfurt<br />
Eingliederung ais Testfall für dle humanitäre Relevanz von<br />
Ausslediung<br />
Die auf der Gr<strong>und</strong>lage des deutsch-polnischen Vertrages<br />
ermöglichte Aussiedlung von 120.000 bis 125.000 deutsch-<br />
stämmigen Menschen bildet das kaum bezweifelte humani-<br />
täre Kernstück des politisch umstrittenen Vertragswerkes.<br />
Der für die betroffenen Menschen entscheidende Testfall<br />
für die humanitäre Relevanz <strong>und</strong> Bewährung des Vertrages<br />
liegt nach der von der polnischen Regierung eingeräumten<br />
Ausreise im Eingliederungsprozeß innerhalb der B<strong>und</strong>es-<br />
republik Deutschland. Mit der Realisierung des Vertrages<br />
gelangt die Aufgabe der Eingliederung von Aussiedlern auf<br />
einen Prüfstand, dessen politischer <strong>und</strong> menschlicher Stel-<br />
mwert in der aktuellen Diskussion um die Aussiedlung ent-<br />
schieden zu kurz kommt. Allzu einseitig sind politische Ziel-<br />
strebigkeit <strong>und</strong> Öffentliche Meinung auf den von polnischer<br />
Seite zu bewirkenden Akt der Aussiedlung fixiert. Unge-<br />
schärft bleibt demgegenüber das Bewußtsein für die er-<br />
schwerten Bedingungen <strong>und</strong> die gesteigerten Anforderun-<br />
gen, die angesichts des erwarteten Aussiedlerzugangs für<br />
die Eingliederungspolitik der B<strong>und</strong>esrepublik Deutschland<br />
gegeben sind. Kaum kritisch reflektiert, wird unterstellt,<br />
daß sich in der zurückliegenden Zeit der Aufnahme von<br />
Spätaussiedlern eine administrative <strong>und</strong> soziale Einglie-<br />
derungsroutine herausgebildet hat, die auch für den pro-<br />
noncierten, auf 4 Jahre konzentrierten Aussiedlungsvor-<br />
gang zureicht <strong>und</strong> den betroffenen Menschen eine erfolg-<br />
reiche Integration in der BRD verbürgt.<br />
In der Realität der bisherigen Aussiedlungs- bzw. Einglie-<br />
derungsphase hat es neben gelungener immer auch ge-<br />
scheiterte Eingliederung gegeben, vor allem aber eine<br />
breite Grauzone, die durch unzulängliche oder nur partielle<br />
Eingliederungsbemühungen <strong>und</strong> -fortschritte charakteri-<br />
iert ist. Als Beleg für gescheiterte Eingliederung haben<br />
duch in die deutsche Presse Angaben von polnischer Seite<br />
Eingang gef<strong>und</strong>en, denen zufolge seit dem Warschauer<br />
Vertrag 1970 circa 2.000 Aussiedler (Zugang 1971 bis 1975:<br />
58.000) aus 600 Familien ihre Rücksiedlung nach Polen be-<br />
antragt haben.<br />
Die genannten Ziffern für Rückkehranträge bzw. -anfragen<br />
mögen als im Rahmen dessen liegend erachtet werden, was<br />
bei Auswanderungsbewegungen dieses Umfangs nicht un-<br />
gewöhnlich erscheint. Wiederum stellen aber diese Ziffern<br />
nur einen extremen, aber keineswegs den einzigen Indi-<br />
kator für das Scheitern von Eingliederungen dar; mißlunge-<br />
ne Eingliederung offenbart sich in der BRD auf einer um<br />
vieles breiteren Basis auch in anderen Erscheinungsformen.<br />
Erschwerte Eingiiederungskonditionen für das erwartete<br />
Aussiedlerkontlngent<br />
Die im Blick auf das nächste Jahrfünft gestellte Einglie-<br />
derungsaufgabe braucht sicherlich nicht vom Nullpunkt aus-<br />
zugehen. Erschwernisse gegenüber den bisher geltenden<br />
42<br />
Eingliederungsbedingungen ergeben sich zumindest in<br />
dreifacher Beziehung:<br />
1. Durch das gesteigerte <strong>und</strong> zeitlich auf 4 Jahre kom-<br />
primierte Ausmaß der Zuwanderung<br />
Für die Jahre 1976 bis 1979 muß aufgr<strong>und</strong> des Vertrages<br />
in etwa ein Jahreszugang von 30.000 Spätaussiedlern aus<br />
Polen unterstellt werden. Abgesehen vom großen Spät-<br />
aussiedlerstrom der Jahre 1957/195û mit 98.000 bzw.<br />
117.000, ist diese Zugangsziffer aus Polen seit 1951 in kei-<br />
nem anderen Jahr erreicht worden. im Anschluß an den<br />
Warschauer Vertrag wurde 1971 ein Zugang von Ca. 25.000<br />
Aussiedlern verzeichnet, während in allen anderen Jahren<br />
seit 1967 der Zugang unter der 10.000-Personen-Marke lag.<br />
Die quantitative Zunahme wird bei Beibehaltung der bis-<br />
herigen Eingliederungsinstrumente <strong>und</strong> -handhabungen den<br />
qualitativen Charakter der Eingliederung beeinträchtigen.<br />
Das Anwachsen der Zahl nötigt zu rascherem Umschlag in<br />
Durchgangs- <strong>und</strong> Obergangseinrichtungen <strong>und</strong> zwingt zu<br />
vermehrter Bereitstellung zumindest von Sozialwohnungen.<br />
Selbst bei technischer Bewältigung dieses Problems wer-<br />
den improvisierte Not- <strong>und</strong> Zwischenlösungen entstehen,<br />
die in Zuweisung <strong>und</strong> Unterbringung die Integrationsauf-<br />
gaben erschweren.<br />
Anders als die Aussiedlung ist Eingliederung nicht ein Akt,<br />
sondern ein Prozeß. Es braucht Zeit <strong>und</strong> kontinuierliche<br />
Zuwendung, um durch Information, Beratung, Einzelhilfen<br />
<strong>und</strong> gruppenbezogene Sozialarbeit <strong>und</strong> -förderung eine ge-<br />
sellschaftliche Einfädelung des Personenkreises von Aus-<br />
siedlern bewirken zu können. Die Komprimierung der Aus-<br />
siedlung auf eine 4-Jahresfrist konfrontiert die Eingliede-<br />
rungsaufgabe mit dicht aufeinanderfolgenden Neuzugän-<br />
gen an Spätaussiedlern. Sie reduziert <strong>und</strong> erschwert die<br />
Möglichkeit zur Aufarbeitung schwebender Probleme <strong>und</strong><br />
zur nachgehenden Begleitung der betroffenen Menschen.<br />
2. Durch ungünstiger gestaltete Aufnahmebedingungen in<br />
der Gesellschaft der BRD<br />
Im Gegensatz zu früheren Jahren erfolgt die erwartete Auf-<br />
nahme von Aussiedlern nicht unter Bedingungen der Hoch-<br />
konjunktur, sondern einer länger nachwirkenden Rezession.<br />
Erstmalig scheint die Gefahr gegeben, daß angesichts von<br />
Arbeitslosigkeit die wirtschaftliche Existenz der Familien<br />
nicht durch rasche Arbeitsvermittlung der Erwachsenen zu<br />
sichern ist, sondern dazu ein Rückgriff auf öffentliche Un-<br />
terstützung nötig wird. Solche Situation wäre besonders<br />
gravierend angesichts des bei den Spätaussiedlern vor-<br />
handenen Nachholbedarfs an Ausstattung, psychologisch<br />
entschieden negativ in Anbetracht der hochgespannten Er-<br />
wartungslage an die wirtschaftlichen Möglichkeiten <strong>und</strong><br />
Chancen in der BRD.<br />
Für jugendliche Spätaussiedler entsteht die Konfrontation<br />
mit Numerus clausus, Mangel an Ausbildungsstellen <strong>und</strong>