Seite 52"Hol' Dir einen Dolmetscher!"FR: Sprechen wir noch einmal überdie Polizeibehörde. Wir haben gehört,daß sie sich in einigen Fällen geweigerthat, Asylanträge entgegenzunehmen.Wißt Ihr etwas darüber?A.: Ja, das haben sie bei einer Zigeuner-Familieaus Jugoslawien gemacht.Sie haben mehrmals versucht,einen Antrag zu stellen, und der Chefder Polizeibehörde hat sie immer wie:'der rausgeschickt. Dann wollte sichdie Familie an die Sozialbetreuungwenden, wurde aber nicht zu ihr rein-,gelassen. Eine Sozialbetreuerin hatdann gemeinsam mit einem Rechtsanwaltden ganzen Nachmittag mit derAusländerbehörde verhandelt.FR: Wie sieht das eigentlich aus,wenn die Leute ihren Antrag auf derPolizeibehörde stellen und begründenmüssen. Gibt es Dolmetscher?A.: Das ist ganz wichtig. Auf der Polizeibehördegibt es keine Dolmetscher,wenn die Leute ihren Antragstellen.B.: Für das Protokoll auf der Ausländerbehördegibt es keine Dolmetscher,nur für das Interview beim Bundesamt.Für die neuen Leute ist daswichtig.A.: ICh weiß von türkischen Leuten.die kein Deutsch können. Der Man~auf der Ausländerbehörde hat ihnengesagt "Ich weiß nicht, was ihr wollt.Das ist mir egal, Du kannst dir auf der-Straße einen Dolmetscher suchen undzu mir bringen."FR: Leute aus der ZAST haben unsberichtet, daß Erstantragsteller aufder Polizeibehörde zuerst gefragtwürden: "Hast Du ein Auto?" Wer dieFrage nicht verstehe bzw. nicht sofortreagiere, würde angefahren: "Hol Direinen Dolmetscher"B.: Ja, das habe ich immer wieder gesehen,daß sie das so machen.A.: Bei der Polizeibehörde ist es ganzwichtig, einen Dolmetscher zu haben.l.B. ein Landsmann,den ich kenne. Erkann seine Sache nicht selber erzählen,ich kann es auch' nicht. Aber erhat keinen Dolmetscher gefunden,dann bin ich eben mitgegangen. Ichhab seinen Lebenslauf nicht gut erzählt,aber ich mußte es. Er konnte esnicht selber machen, weil es nichtgeht. Aber seine Situation istschlimm. Für viele Leute ist das so.Die eine Frau von der Polizeibehördehabe ich gefragt, warum es keine Dolmetschergibt. Sie hat gesagt: "Das istEure Sache, Dolmetscher zu finden."Ich hab gesagt: "Ich kann nicht helfen,mein Deutsch ist nicht genug, das mußdoch richtig sein." Sie hat geantwortet:"Das ist nicht meine Sache. InKarlsruhe gibt es 10000 Ausländer,der kann auf der Straße nach einemLandsmann kucken und ihn herbringen."_B.: Ja, das stimmt, wenn man einfachjemanden mitnimmt, weiß man nicht,was der Mann erzählt, ob das richtigist. Und wenn sie einen Dolmetscherbesorgen, dann müssen sie ihn auchbezahlen. Aber für sie ist es nichtwichtig, was der Asylbewerber erzählt,dann ist es nicht so wichtig, einenDolmetscher zu nehmen.A.: Ein Jugoslawe, er macht Dolmetscher,aber er nimmt von allen LeutenGeld. Die Asylbewerber haben keinGeld und müssen doch bezahlen.B.: Wenn sie nichts bezahlen, dannmacht er nichts.FR: Was für Fragen müssen dieFlüchtlinge bei der Polizeibehördebeantworten?A.: Im Büro Koch werden die Leutez.B. gefragt: "Warum bist Du da,kannst Du nicht in Deinem Land leben?Was suchst Du hier?" Oder ersagt auch "Oh, wieder ein Asylbewerber".-B.: Beim Ausländeramt fragen Sie"Warum bist Du hergekommen? Wasfür Probleme hast Du?"A.: Bei Folgeanträgen haben Sie t.B.schon gefragt: "Warum gehst Du nichtzurück in Deine Heimat? Kannst Dudort nicht leben?" Und wenn die Leutedann von Ihren poli tischen Problemengesprochen haben, haben sie gesagt:"Ach, Quatsch.""Sie kontrollieren nur uns"FR: Können wir noch mal über dieLebensbedingungen im Lager sprechen?Wir haben z.B, einen Aushanggesehen, der Alkoholkonsum im Lagerverbietet, gilt das auch für die Zimmer?B.: Ja, überall im Lager. Wenn sie sehen,daß jemand trinkt, dann bekommter kein Taschengeld.A.: Jetzt wird auf dem GottesauerPlatz getrunken.B.: Aber wenn es regnet, geht dasnicht, dann kann man nicht da sitzen.FR: Werdet Ihr auf dem GottesauerPlatz von der Polizei kontrolliert?B.: Ja, das habe ich zweimal mitbekommen.Die Polizisten sind gekommenund haben die Ausweise verlangt.- Sie haben alle Leute kontrolliert, abernur die Flüchtlinge. Die Deutschenwaren auf der anderen Seite, alle besoffen,sie sind jeden Tag besoffen,aber sie haben diese Leute nicht kontrolliert.Aber uns, zu uns sind sie gekommen.FR: Gibt es in der Stadt auch Polizeikontrollen?B.: Sie machen es nicht so häufig, ichwurde in den letzten 6 Monaten ersteinmal kontrolliert. Da waren wir eineGruppe, u.a. mehrere Afrikaner, z.T.aus anderen Städten. Deshalb habensie kontrolliert. -A.: Ich wurde noch nicht kontrolliert,aber ich' habe schon dreimal Kontrollenvon Flüchtlingen beobachtet, beieinem Afrikaner, einem Türken und'einem Araber. Ich habe das von derStraßenbahn aus gesehen.B.: Wenn sie alle Leute kontrollierenwürden, wäre das etwas anderes, abersie kommen nur zu uns und sagen"Ausweis, Ausweis!" Das ist nichtrichtig.A.: Für den Kiosk auf dem GottesauerPlatz ist das jetzt ein gutes Geschäft.Die Polizei ist in der lAST dauerndpräsent. Im Hintergrund das neu renovierteSchloß Gottesaue, das zur Begründungdient, das umliegende Arealzu "bereinigen"."Dein Geld ist noch nichtgekommen"FR: Das Taschengeld wird jetzt nurnoch in zwei Raten zu je 3S DM amersten bz w. fünfzehnten ausgezahlt.Was bedeutet diese Regelung fürEuch?B.: Ich glaube das ist besser für uns,weil es sehr schwer ist, mit 70 DM biszum Ende des Mona ts auszukommen.Ich rauche z.B., so kaufe ich dreiPäckchen Tabak für <strong>12</strong> DM, damitkann ich 2 Wochen rauchen. Nach 2Wochen bekomme ich wieder 3S DM.A.: Es kommt aber auch vor, wennLeute am Anfang der Woche z.B, nachFreiburg geschickt werden, und es gabam ersten Tag eine sehr große Schlange,und sie haben ihr Taschengeld deshalbnicht bekommen. Dann wird ihnenhier gesagt "Ihr bekommt es dort".Aber dort bekommen sie es auchnicht. Das kommt sehr oft vor.FR: Wenn jemand am 2. des Monatskommt und am 14. verlegt wird, bekommter dann überhaupt Geld?B.: Nein, nein. Es gibt auch andereProbleme. l.B. gibt es Leute, die wa-_ren in Schwalbach ein oder zwei Monate,sie haben dort kein Geld gekriegt.Und sie sagen "Wenn Du nachKarlsruhe kommst, geben sie Dir
Seite 53Geld." Und sie kommen hierher undfragen nach dem Geld, und hier sagensie dann "Nein, Dein Geld ist nochnicht gekommen." Und dann bekommendiese Leute vielleicht gleich eineVerlegung am Auszahlungstag, dannmüssen sie vormittags weg und habenihr Geld hier auch nicht gekriegt. Dashabe ich gesehen.A.:lch weiß von vier Kurden. Sie habenmir gesagt, daß sie von Schwalbachdas Geld nicht gekriegt haben,und hier haben sie es auch nicht gekriegt.Die in Schwalbach haben gesagt"Wenn Du nach Karlsruhe gehst,kannst Du dort gleich das Geld für dieganze Woche mitnehmen" und als siedann hier auf die Ausländerbehörde 'gegangen sind, hat Koch gesagt: "Ach,kein Geld, kein Geld, Dein Geld istnoch nicht gekommen." Wenn die Leutevon Schwalbach weggehen, sagendie dort "Du kannst das Geld in Kar lsruhenehmen", und hier sagen sie "Dubekommst es in Tübingen oder Freiburg."B.: Und dort bekommt er dann nur die70 DM, ab dem Zeitpunkt, wo er dortist, für die Wochen davor bekommt ernichts.FR: Wie ist es eigentlich mit Seifeund solchen Sachen? ''A.: Das muß man alles mit den 70 DMkaufen. Seife und Shampoo und Handtuch,Unterwäsche, Socken,Strümpfe.B.: Alles, was man braucht, muß manmit 70 DM besorgen."Die Regierung will, daß dieLeute stehlen"A.: Nach meiner Meinung will die Regierung,daß die Leute stehlen. Siegibt den Leuten so wenig Geld und von70 DM kann man nicht leben. Wennman keine Bekannten hat, von denenman Geld kriegt, dann muß man praktischstehlen. Und dann sagen sie:"Hast Du gesehen, ein Ausländer!"B.: Auch in den Geschäften, wenn einAusländer kommt, dann kommengleich 2 oder 3 Angestellte undkucken, was der macht. Manchmal binich mit diesen Leuten böse, ich habeimmer wieder mit ihnen gesprochen:"Warum machen Sie das?" Ich bin jetztvier Jahre in Deutschland, aber ichhabe noch nichts gestohlen, keineSchachtel Zigaretten. Aber wenn ichin ein Geschäft gehe, immer kommendie Angestellten und schauen, immerwenn ein Flüchtling kommt.A.: Bei mir ist es auch so. Wenn ich inein Geschäft gehe, um Hosen anzuschauen,ich will nichts kaufen, abergleich kommen sie und fragen "Kannich helfen?".B.: Kürzlich hatte ich Probleme miteiner Verkäuferin. Ich hatte, ein PäckchenTabak in der Brusttasche, das ichvor zwei Wochen in dem Geschäft gekaufthatte. Ich kam mit einemFreund und wollte Saft kaufen. Da wareine alte Dame, sie hat mich so angesehenund zu der Arbeiterin - gesagt:"Schauen Sie, er hat etwas in seinerTasche". Die Verkäuferin: "Ah ja, den,frage ich gleich". Dann habe ich gleichgesagt: "Was wollen Sie mich fragen?"Dann habe ich ihr das Päckchen gezeigt,das fast leer war. Sie: "Ah ja,Entschuldigung". Ich habe gesagt:"Okay, aber das ist nicht gut."A.: Letzte Woche gab es in der StraßenbahnFahrkartenkontrolle. Bei allenLeuten ha t er so kurz auf die Kartegeschaut, aber bei mir hat er sie ganzgenau angekuckt und gewendet.B.: Die Geschäfte machen das immermit uns. Neben dem Lager gibt es einenSupermarkt. Jedesmal wenn einAsylbewerber kommt, gleich kommen2 bis 3 Verkäufer. Jeden Tag habe ichProblemeC.: Und wenn man sehr wenig GeldDurch einen Hungerstreik versuchtenFlüchtlinge im September 1985, ihreLebensbedingungen in der ZAST zuverbessern.hat, muß man die richtige Ware guttreffen und muß viel sehen, anschauen,nicht sofort zack, zack kaufen."Erst nach 6 Monatengibt es Kleider"FR: Wie sieht es mit der Kleiderversorgungaus?B.: Es gibt z.B. Kleider für die Leute,aber erst nach 6 Monaten, für die meistengibt es hier also nichts. Vorherbekommt man höchstens alte Kleidervom Roten Kreuz. Die Leute, die dringendKleider brauchen, müssen dieseKleider nehmen. Wenn jemand im Novemberhierher kommt, ist esschlecht, weil er hier keine Kleiderbekommt.A.: Nach den 6 Monaten kann man mit200 oder 210 DM einkaufen.B.: Nein, nein, jetzt haben sie inBlock 4 oben ein Kleiderlager . Da mußman hingehen. Dort gibt es Jeans, füralle Leute die gleichen Jeans. Es gibtkein Geld, keine Gutscheine mehr.Nur noch für 25 DM kann man in denGeschäften in der Stadt was kaufen.FR: Früher konnte man doch immerbei Firma Morlock in der Karlstraßeeinkaufen.B.: Ja, das weiß ich, ich war dort einmal,als ich zum ersten Mal hier war.Aber jetzt geht das nicht mehr, jetztist das im Lager.A.: Jetzt ist im Lager alles, Arzt, Polizeibehörde,Bundesamt, Kleider ....FR: Was bekommt man da für Kleider?B.: Man kann vielleicht eine Hose, eineJeans nehmen und ein Hemd, eineJacke vielleicht. Ich weiß nicht, ob esauch eine Jacke gibt. Und ein paarSchuhe. Mit einem 25 DM-Gutscheinkann man sich ein T-shirt oder Unterwäschekaufen. Aber nur in bestimmtenGeschäften, Hertie etc .. AndereGeschäfte sagen "Nein", aber vieleakzeptieren das.FI~: Hosen kann man nicht im normalenLaden kaufen?B.: Hosen, Hemden, Schuhe bekommtman nur im Lager. Manchmal gibt esProbleme. Er will z.B, eine Jeans haben,aber ich mag keine Jeans. Aberich muß sie nehmen, es gibt nur Jeans.Alle Leute haben gleiche Kleider wieim Gefängnis.A.: Alle haben gleiche Schuhe jetzt -wie Soldaten.FR: Früher gab es nur eine Wartezeitvon drei Monaten für die Kleidung.B.: Jetzt sind es 6 Monate. Früher hatman gleich am ersten Tag ein Kleidungsstückgekommen, eine Hose odereine Jacke oder ein Hemd. Als ich zumersten Mal hierher kam, habe ich beiMorlock eine Hose, eine Unterhoseund ein Hemd bekommen.FR: Ja, so war es noch bis 1984. 1985,als es den Hungerstreik gab, war esschon anders. Da haben sie gesagt,entweder Jacke oder Hose, nach 3Monaten Wartezeit bekam man dannSchuhe, nach weiteren 3 Monaten bekamman ein Hemd.B.: Die meisten bekommen hier garkeine Kleider, nur die Folgeantragsteller,die 6 Monate hier bleiben. Ichhabe bis jetzt noch nichts bekommen.A.: Ich habe mir alles selbst gekauft,ich hatte nichts mehr, kein Hemd, keineHose.FR: Gibt es noch die Kleiderkammerder Diakonie?B.: Ja, die steht allen Leuten offen.Jede Nationalität kann an' einem anderenTag dort hingehen, aber das sindkeine guten Kleider, die sind alle sehralt. Aber wenn jemand dringend etwasbraucht, muß er sie nehmen.
- Seite 4: FreerkHuiskenDie Bedeutung d'e r re
- Seite 7 und 8: Seite 7politischen Kräfte, die auf
- Seite 10 und 11: Seite 10Die Abschreckung, so die ri
- Seite 12 und 13: Seite 12Dokurn.entier tDie Stadt, w
- Seite 14 und 15: Seite 14DiskussionsbeitragDie Regie
- Seite 16: Seite 16'len (könnten), die das f
- Seite 19 und 20: Seite 19Die Bündnislinie mi t Sch
- Seite 22 und 23: Seite 22Gegensatz zum Staat, wo er
- Seite 24 und 25: Seite 24bungen zu verhindern.Die Tr
- Seite 26: Seite 26macherei. ,Wenn Gott die Me
- Seite 29 und 30: Seite 29Polizeikräften mit Hundest
- Seite 31 und 32: Seite3Iabgeschottet gegen Flüchtli
- Seite 33 und 34: Seite 33heitsrisiko erklärte. Grü
- Seite 35 und 36: , Seite 35Personen zuzumuten wäre.
- Seite 37 und 38: ::,7--Seite 374. Dadurch ist es zur
- Seite 39 und 40: Seite 39nung, in anderen europäisc
- Seite 41 und 42: Seite 41durch Vertra särzte der He
- Seite 43 und 44: Seite 43Selbst strenge Sicherheitsv
- Seite 45 und 46: Seite 45ttPsychosomatische Störung
- Seite 47 und 48: Seite 47schaftsunterkünften." Und
- Seite 49 und 50: Seite 49A.: Ja, die Ausweise muß m
- Seite 51: Seite SIsen sie schauen, daß sie v
- Seite 55 und 56: Seite 55'aber für wichtig, daß in
- Seite 57 und 58: Seite 57tralen Unterbringung mit ve
- Seite 59 und 60: Seite 59temberg zugewiesen wurden.
- Seite 61 und 62: Seite 615. Aufenthaltsdauer in derZ
- Seite 63 und 64: Seite 631I -fBegrüßung von DDR-Fl
- Seite 65 und 66: Seite 65Neubau der Zentralen Anlauf
- Seite 67 und 68: Seite 6713.12.88 Im Gemeinderat wir