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Die Fundamente der Führung - Österreichs Bundesheer

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Birk: <strong>Die</strong> Schlacht bei Marathon vor 2.500 JahrenSatrapie vorgesehen waren, brachte, wussten Athen undSparta, dass es um alles ging - die Aufrechterhaltung ihrerpolitischen Souveränität für die Zukunft. Sparta würde dieHegemonie über den Peloponnes verlieren, Athen hatte miteiner exemplarischen Abstrafung zu rechnen.Aus strategischer Perspektive war es für die persischeStrafexpedition unter dem Kommando des medischenFeldherrn Datis und des persischen Prinzen Artaphernes,eines Neffen Dareios’, nicht notwendig, über den zeitintensivenLandweg auf das griechische Festland vorzustoßen,da dieses noch persischer Einflussnahme unterlag,wodurch seine Nordflanke hinreichend geschützt war. 15)Datis entschied sich daher zu einem Vorstoß über dieZentralägäis, wo zunächst die Insel Naxos, die aufgrundihrer Zentralposition in den Kykladen die persischenSeeverbindungen bedrohen konnte, auszuschalten war.Im Anschluss daran war <strong>der</strong> Weg nach Euböa frei. <strong>Die</strong>Inbesitznahme dieser Insel - als persische Gegenküste vordem griechischen Festland - markiert den Schlussstein <strong>der</strong>Herstellung einer stabilen ägäischen Seeposition für dasPersische Reich. Von dieser Basis aus konnten die Dispositionenfür das Übersetzen auf das gegenüberliegendeFestland getroffen werden.<strong>Die</strong> Wahl <strong>der</strong> Ebene von Marathon für dieses Unternehmenhatte symbolische, politische und militärischeGründe: Sie war <strong>der</strong> „symbolische Ort“, von dem ausPeisistratos - <strong>der</strong> Vater des Hippias - seinen „Marsch aufAthen“ zur Etablierung seiner Tyrannis wählte; sie war <strong>der</strong>„politische Ort“, <strong>der</strong> die größtmögliche und notwendigeadelig-konservative Unterstützung aus dem Hinterlandversprach, und sie war <strong>der</strong> „militärische Ort“, an dem - an<strong>der</strong>sals etwa direkt vor Athen - ein ungestörtes Anlandengrößerer Kontingente möglich war.Strategisches ZögernSo zielgerichtet Datis seine Truppen direkt auf dieattische Halbinsel führte und die athenischen Truppen,zu denen auch ein ca. 1.000 Mann starkes Hilfskontingentaus Plataiai gehörte, einen Platz unweit Marathonals Versammlungsort respektive Verfügungsraum einnahmen,so sehr erstaunt auch in <strong>der</strong> Retrospektive das„strategische Zögern“ vor den Kampfhandlungen. <strong>Die</strong>slässt sich allerdings mit den dahinterliegenden politischen,militärstrategischen und operativ-taktischen Zielen <strong>der</strong>Kontrahenten erklären.Zunächst zur Beurteilung <strong>der</strong> Lage aus persischerPerspektive: <strong>Die</strong> Perser benötigten keinen schnellen militärischenErfolg. <strong>Die</strong> Zeit konnte, insbeson<strong>der</strong>e nach denvorangegangenen Erfolgen des „island hopping“, für siespielen, wenn es gelang, durch die schiere Präsenz die aufdie innenpolitische Psyche zielende Anspannung bei denbedrohten Poleis aufrechtzuerhalten. Das übergeordnetepolitische Ziel bestand darin, durch diese Drohkulisse eine„freiwillige“ Unterwerfung und „Bitte“ um Aufnahme inein Schutzverhältnis zu erwirken. Das militärische Zielwar die Bindung des athenischen Heeres außerhalb <strong>der</strong>Stadtmauern, d.h. die Ermöglichung des Umsturzes in<strong>der</strong> Stadt ohne Schlacht - Ausweis einer überlegenen politischenindirekten Strategie <strong>der</strong> Ablenkung. 16) So wenigsie gelang - die persischen Parteigänger überschritten nicht36die Grenzlinie zwischen politischer Unterstützung undVerrat -, so klug war sie in ihrem Ansatz.<strong>Die</strong> Methode des Herauslockens <strong>der</strong> athenischen Hopliten,um wehrfähige Männer vom Ziel des Umsturzes inAthen fernzuhalten, korrespondierte mit <strong>der</strong> Überlegungdes Miltiades, seine Truppen aus eventuell aufflammendenbürgerkriegsähnlichen Zuständen in Athen herauszuhalten.Das Dislozieren <strong>der</strong> Kräfte am Strand vor Marathon wurdezur alle verbindende und in die Pflicht nehmende Verteidigung<strong>der</strong> Heimat, <strong>der</strong> sich kein Hoplit verwehren durfte.Zudem hatte Miltiades ein aktuelles Negativbeispiel vorAugen: <strong>Die</strong> Perser hatten Eretria auf Euböa, nicht zuletztaufgrund des Verrats durch angesehene Bürger, siegreichbelagert und zerstört (Hdt. VI, 101) - ein „Schicksal“, daser für Athen, unabhängig von <strong>der</strong> (ungewissen) Qualitätseiner Befestigungsanlagen, verhin<strong>der</strong>n wollte. <strong>Die</strong>s warmit ausschlaggebend für seinen Entschluss, eine Schlachtweit vor den Toren Athens zu wagen. Hierfür wollte Miltiadeszunächst auf die Spartaner warten, sah aber auchdie Gefahr, dass ein untätiges Heer Dutzende Kilometervon <strong>der</strong> Stadt entfernt gebunden war.Seine militärischen Chancen gegen das Expeditionsheerdes Datis wurden jedoch dadurch gesteigert, dass diepersischen Streitkräfte aus einem die Möglichkeiten nichtausschöpfenden relativ kleinen Kontingent bestanden. RealistischeSchätzungen gehen von 15.-20.000 persischenTruppen aus. Dabei ist anzunehmen, dass die Zahl vonBeginn des Kriegszuges über die zu sichernden Seepositionenin <strong>der</strong> Ägäis bis zum Anlanden in <strong>der</strong> Bucht vonMarathon abnahm. <strong>Die</strong> relativ geringe Zahl an Truppenwar Ausfluss <strong>der</strong> Beurteilung <strong>der</strong> politischen Lage sowie<strong>der</strong> verfolgten übergeordneten Zielsetzung. Sie hatte imKern drei Gründe: Erstens war das Unternehmen alsquasi-polizeiliche Bestrafungsaktion geplant, ein Schießenmit „Kanonen auf Spatzen“ schien nicht vonnöten.Zweitens wurden Athen keine überragenden militärischenFähigkeiten zugetraut - und ob die MilitärmaschinerieSpartas nach <strong>der</strong> Brüskierung aufgrund des gescheitertenEingreifens in den athenischen Bürgerkrieg auf Seitendes Isagoras, <strong>der</strong> die Isonomia des Kleisthenes beseitigenwollte, um ein von Sparta abhängiges „Ancien Régime“zu etablieren, ausgerechnet zur Verteidigung dieser Isonomiagegen das Persische Reich an die Seite Athenstreten würde, schien zumindest fraglich. Drittens bot daszerklüftete Terrain <strong>der</strong> südlichen Balkanhalbinsel kaumgeeignetes Gelände zur Entfaltung größerer Truppenmassierungen.Im Übrigen war mit Hippias ein politischerBerater mit landeskundlichen Kenntnissen im Gefolge.<strong>Die</strong>s führte auf <strong>der</strong> persischen Seite zu <strong>der</strong> Hoffnung aufein Überlaufen alter Gefolgsleute bereits bei <strong>der</strong> Landung.<strong>Die</strong>s konnte als Fanal - insbeson<strong>der</strong>e die persisch-monarchischePerspektive ließ sich von systemimmanentenVerlockungen täuschen - Kampfhandlungen überflüssigerscheinen lassen.Aber auch Sparta schien auf Zeit zu spielen. <strong>Die</strong> Spartanerwollten die Gefahr einer verheerenden Nie<strong>der</strong>lagedes Feldheeres minimieren. <strong>Die</strong>se hätte möglicherweiseeinen Helotenaufstand heraufbeschworen und damit nichtnur die spartanische Hegemonie auf dem Peloponnes, son<strong>der</strong>nauch das gesamte politische System gefährdet. An-ÖMZ-Online 6/2011

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