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Die Fundamente der Führung - Österreichs Bundesheer

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<strong>der</strong>erseits - dies als Argument zur Entlastung - kam es beiden bisherigen Kriegen Spartas niemals darauf an, unterZeitdruck zur Schlacht aufzumarschieren. Eine Schlachtzur Disziplinierung von in <strong>der</strong> Handhabung <strong>der</strong> Waffenungeübten Aufständischen war jedoch von geringererQualität im Vergleich mit <strong>der</strong> potenziell existenziellenstrategischen Herausfor<strong>der</strong>ung durch Persien. <strong>Die</strong> späterdurch die athenische Überlieferung „geschichtsmächtig“gewordenen kultischen Verpflichtungen aufgrund desKarneia-Festes erschienen daher bereits den Zeitgenossenals vorgeschobenes Argument <strong>der</strong> Spartaner. 17)<strong>Die</strong> Episode von den 2.000 Spartanern, die nachHerodot im Anschluss an die Feierlichkeiten bis zumSchlachtfeld von Marathon marschierten und die Tat <strong>der</strong>Athener rühmten (Hdt. VI, 120), könnte daher eher - sofernsie einen, durch die Forschung allerdings bestrittenen, historischenKern besitzt - als diplomatisches Nachgeplänkelverstanden werden. Vielmehr konnte aus <strong>der</strong> Sicht Spartaseine Nichtteilnahme an einer Schlacht nach einer athenischenNie<strong>der</strong>lage als Argument für einen „Ausgleich“mit Dareios dienen. Der „Verrat“ an <strong>der</strong> gemeinsamengriechischen Abwehrfront wäre dann zu einem nützlichenArgument für die Akzeptanz eines weiterbestehendenSparta als regionaler Ordnungsmacht auf dem Peloponnesgeworden - als persischer Juniorpartner im strategischenRücken <strong>der</strong> griechischen Poleis zur Verhin<strong>der</strong>ung erneuter„demokratischer Selbstverwirklichung“ Athens.Taktische Dispositionenfür die Schlacht<strong>Die</strong> in vielen Darstellungen Miltiades zugeschriebeneInitiative zur Eröffnung <strong>der</strong> Schlacht ist mehr als fraglich.Selbst wenn ihn Herodot, geprägt von seiner zeitgenössischenathenischen Informationslage, in fiktiver Redeals zur Tat drängenden Feldherrn charakterisiert (Hdt. VI,109), so gilt es auch zu beachten, dass Miltiades als einervon zehn Strategen ein bürgerliches Milizheer, wie es dieathenische Hoplitenphalanx in ihrem Kern war, kaumauf eigene Verantwortung in eine potenziell desaströseKampfsituation schicken konnte - zumal je<strong>der</strong> Stratege<strong>der</strong> Volksversammlung Rechenschaft, und dies mit gegebenenfallstödlichem Ausgang, schuldig war. 18)Ein Warten auf die Spartaner konnte seine Siegeschancenerhöhen, jene <strong>der</strong> Perser vermin<strong>der</strong>n. Sehr viel eher istdaher zu vermuten, dass die persische Seite die Initiativeergriff. Der Entschluss zum persischen Vorrücken wurdenicht zuletzt aus Enttäuschung über eine ausbleibende politischeUnterwerfung ausgelöst. Auch war ein möglichesHinzutreten <strong>der</strong> kampferprobten spartanischen Krieger insKalkül zu ziehen: Zwei zeitlich und räumlich aufeinan<strong>der</strong>folgende Schlachten - zunächst gegen Athen und danngegen Sparta - waren leichter zu gewinnen als ein Gefechtgegen Athen und Sparta gleichzeitig. Vielleicht konnteeine Nie<strong>der</strong>lage Athens dazu führen, dass sich Sparta <strong>der</strong>Aussichtslosigkeit weiteren militärischen Wi<strong>der</strong>standesbewusst werden würde.Hier ist zunächst, in Form einiger Überlegungen, dietaktische Ausgangssituation zu skizzieren. <strong>Die</strong> von denathenischen Streitkräften bezogene Stellung am Ausgangdes Vrana-Tales am südwestlichen Rand <strong>der</strong> Ebene vonMarathon war, neben <strong>der</strong> Kontrolle des Zugangs in RichtungAthen zwischen den Ausläufern des Agriliki und einessich bis zur See erstreckenden sumpfigen Geländes, 19) inmehrerlei Hinsicht militärisch zweckmäßig:1. <strong>Die</strong> Stellung nahe dem Heiligtum des Heraklessicherte durch den mythologischen Bezug die „Unterstützung“des Heros in <strong>der</strong> Schlacht - ein Ausweis klugerMenschenführung im Sinne einer religiös-kulturellen„Kompetenz“ zur Steigerung des motivationalen Einsatzwertes.2. <strong>Die</strong> Enge des Tales ermöglichte eine stabile dichteund wuchtige Aufstellung <strong>der</strong> Hoplitenphalanx mitgeschützten Flügeln und reduzierte die Gefährdung <strong>der</strong>Flanken und des Rückens durch eine drohende Entwicklung<strong>der</strong> persischen Reiterei gegen Null. Daher warvermutlich von Datis die Reiterei, über <strong>der</strong>en Existenz,Anzahl und militärisch-taktische Funktion in <strong>der</strong> Forschungnach wie vor Uneinigkeit besteht, 20) nicht für dieSchlacht vorgesehen.3. Sollte die persische Kavallerie tatsächlich in nennenswerterWeise vorhanden gewesen sein, so wäre ihrEinsatz allein bei <strong>der</strong> Eröffnung <strong>der</strong> Schlacht sinnvollgewesen. Denn sobald die Infanteriekräfte aufeinan<strong>der</strong>treffenund im Nahkampf ineinan<strong>der</strong> verwoben sind, ist<strong>der</strong> taktische Einsatzwert <strong>der</strong> Reiterei aufgrund <strong>der</strong> Unübersichtlichkeit<strong>der</strong> Gefechtssituation äußerst begrenzt.Eine Nie<strong>der</strong>lage <strong>der</strong> attisch-platäischen Phalanx machteeinen persischen Kavallerieeinsatz genauso überflüssigwie <strong>der</strong>en Sieg. <strong>Die</strong> militärische <strong>Führung</strong> <strong>der</strong> Perser konntekaum von dem sie überraschenden Antritt zum Angriff <strong>der</strong>Hoplitenphalanx aus <strong>der</strong> gesicherten Defensivstellung herausausgehen. Es ist daher zu vermuten, dass die geringenBestände an persischer Reiterei von Datis sehr viel eherzur Aufklärung in Richtung Athen angesetzt wurden - nurauf diesem Wege war ein Anmarsch spartanischer Truppenmilitärisch sinnvoll.4. Ein möglicher Ab- bzw. Vorbeimarsch <strong>der</strong> persischenInfanterie entlang des Meeres in Richtung Athenmusste mit einer Bedrohung des eigenen rechten Flügelsrechnen. Je<strong>der</strong> athenische Stratege hätte dann seineHopliten zum Angriff führen müssen. Zudem musste,da in einem Worst-Case-Szenario mit einem Anmarschspartanischer Kräfte zu rechnen war, eine <strong>der</strong>artige Optiondazu führen, dass die persischen Kräfte zwischen den sieverfolgenden athenischen und dem ihnen entgegenmarschierendenspartanischen Kontingent eingeschlossen seinkonnten. <strong>Die</strong> militärische <strong>Führung</strong>sfähigkeit einer hierfürnotwendigen kombinierten Land-See-Operation zwischenzwei feindlichen Kontingenten war kaum gegeben.5. <strong>Die</strong> Anzahl <strong>der</strong> persischen Truppen kann kaum mehrals doppelt so groß wie jene <strong>der</strong> athenischen Gegenseitegewesen sein - ansonsten hätte Datis, unter <strong>Führung</strong> desortskundigen Hippias, wohl die Gelegenheit ergriffen,durch eine Umgehung mit einem Detachement die athenischenTruppen im Rücken zu bedrohen. Hierfür warzunächst genügend Zeit vorhanden. Dass diese Optionnicht in Erwägung gezogen wurde, ist ein Indiz für einerelativ geringe Anzahl persischer Truppen. Im Umkehrschlussbedeutet dies nämlich, dass ein Teilen <strong>der</strong> geringenKräfte ein Vorrücken <strong>der</strong> athenischen Hoplitenphalanx zurÖMZ-Online 6/2011 37

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