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Wolfgang Wildgen - Fachbereich 10 - Universität Bremen

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Sie hängt aber sicherlich zusammen mit einer Rückbesinnung und Wiederaufnahme<br />

von traditionellen und/oder alternativen Lebens-, Kultur-<br />

und Gesellschaftsformen im regionalen Bereich und einer Abkehr vom<br />

Glauben an die industriell-organisatorische Unfehlbarkeit und Machbarkeit,<br />

wie sie z.B. in zahllosen Bürgerinitiativen und in der Umweltschutzbewegung<br />

zum Ausdruck kommen. Und sicher ist sie auch eine Folge des<br />

„basis-demokratischen“ Regionalismus als Gegenbewegung gegen die<br />

zunehmende wirtschaftliche, politische und kulturelle Globalisierung.<br />

1984 wurde von der Gesellschaft für angewandte Sozialpsychologie<br />

(Getas), <strong>Bremen</strong>, eine flächendeckende repräsentative Befragung „zur<br />

Lage des Niederdeutschen“ im norddeutschen Sprachraum durchgeführt.<br />

Sie erbrachte u.a. folgende Ergebnisse und Erkenntnisse:<br />

- das Niederdeutsche ist in Norddeutschland immer noch eine Sprachrealität:<br />

35 % der Bevölkerung sprechen Niederdeutsch nach eigener<br />

Einschätzung gut/sehr gut, 21 % ein wenig (insgesamt ca. 9 Mio. Menschen),<br />

66 % verstehen es gut/sehr gut, 23 % ein wenig (das sind 15<br />

Mio. Menschen).<br />

- das Niederdeutsche wird in der Bevölkerung hoch geschätzt: 70 % der<br />

Bevölkerung hält von der nd. Sprache viel/sehr viel.<br />

- das Niederdeutsche hat als Regionalsprache eine wichtige Funktion<br />

und wird hauptsächlich in Bereichen, wo es um Stabilisierung und<br />

Aufrechterhaltung von sozialen Beziehungen geht (Nahsprache),<br />

verwendet.<br />

Ob diese Ergebnisse heute nach 15 Jahren noch Bestand haben, ist<br />

m.E. sehr fraglich. Das Niederdeutsche wird hauptsächlich von der älteren<br />

Bevölkerung auf dem Lande gesprochen, von Kindern oder Jugendlichen<br />

wenig oder kaum. In den größeren Städten ist es so gut wie verschwunden.<br />

Auch wenn das Niederdeutsche in der Bevölkerung laut Getas-Umfrage<br />

hoch geschätzt ist, so wird heute überwiegend in den Familien<br />

(auch auf dem Lande) Hochdeutsch mit den Kindern gesprochen. Die<br />

plattdeutsche Sprache wird nicht mehr weitergegeben an die nächste<br />

Generation. Die Regel ist, dass auch plattdeutsch sprechende Eltern mit<br />

ihren Kindern aus Rücksicht auf deren vermeintliche Bildungschancen in<br />

der Schule Hochdeutsch sprechen. „Snack nich Platt mit de Kinner,<br />

anners lehrt se nix inne School,“ ist nach wie vor eine häufig gehörte<br />

Meinung.<br />

Um diesen Trend zu brechen, der das Aussterben der Sprache zur<br />

Folge haben würde/könnte, hat es gerade in den letzten Jahren viele Initiativen<br />

und Anstrengungen von Politikern, Wissenschaftlern, Pädagogen

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