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Wolfgang Wildgen - Fachbereich 10 - Universität Bremen

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- Ein Bildungs- und Berufsgradient: Die Geldschulen und die höheren<br />

Schulen üben einen sozialen Selektionsdruck in Richtung auf die<br />

hochdeutsche Umgangssprache aus oder werden zumindest von der<br />

Bevölkerung so eingestuft. Im Anschluss daran werden viele mittelständische<br />

Berufe "hochdeutsch", während die Industrieberufe erst<br />

nach dem Zweiten Weltkrieg systematisch das Hochdeutsche als<br />

dominierende Umgangssprache übernahmen. Bereiche, in denen das<br />

Plattdeutsche heute noch dominiert, sind hauptsächlich Handwerksbetriebe<br />

und bäuerliche Betriebe in der Stadtperipherie.<br />

Wir wollen im Folgenden einige wichtige Phasen in der Lebensgeschichte<br />

mit Material aus den Interviews belegen. Von besonderem Interesse<br />

sind dabei: der Sprachwechsel in der Familie, die Sprachwahl und<br />

der Sprachwechsel in der Öffentlichkeit sowie die Sprachwahl und der<br />

Sprachwechsel in der Schule. Ich gebe exemplarische Ausschnitte aus<br />

den Interviews wieder und interpretiere sie in Hinblick auf diese Aspekte.<br />

Der Sprachwechsel in der Familie wird durch die folgende<br />

Interviewsequenz beleuchtet:<br />

Sprecherin 7a (geb. 1902)<br />

Spr.: Nur meine Eltern, die hatten Angst, die ... sprachen immer<br />

nur Platt und die Oma auch, die war in Falkenberg<br />

geboren, auch bei Lilienthal, nech, aber immer Platt, aber<br />

wenn wir Kinder da waren, denn wurde Hochdeutsch<br />

gesprochen. De mot richtich dütsch lern, ... hieß das da,<br />

plattdütsche komt se nich mit klor.<br />

Int.: Und zu Hause so normal<br />

Spr.: ... aber wenn wir Kinder anfingen, auch Platt zu sprechen,<br />

dann haben meine Eltern immer gebremst.<br />

Die Sprecherin ging in die "Geldschule, ihre älteren Brüder, die in eine<br />

andere Schule gingen bzw. schon aus der Schule waren, durften es sich<br />

erlauben, Platt zu sprechen.<br />

Spr.: Und meine Schule, die war nun 'n bißchen was Besseres.<br />

Int.: Hm<br />

Spr.: Ja, und da mußte ich da ja nun auch, mußte ja nun auch<br />

Hochdeutsch sprechen, nech.<br />

Es gab somit formelle Erziehungssituationen, in denen das Hochdeutsche<br />

von den Eltern erzwungen wurde, die selbst Platt sprachen. Außer-<br />

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