Jahresthema• Selbst wenn sich Transfer auf die Vermittlung von Informationen über Technologien reduzierenließe, kommt es nicht zur Umsetzung. Informationsvermittlung – die durchaus nichtohne Bedeutung ist – reduziert sich auf die Übertragung expliziten Wissens. Das ist der Bereich,der über Publikationen oder das Internet zugänglich gemacht werden kann. Doch derSchluss, dass aus dieser Wissensvermittlung Innovationen entstehen, ist falsch. Es ist das anPersonen und <strong>Institut</strong>ionen gebundene Anwendungs- und Umsetzungs-Know-how, das dieVoraussetzungen zur Innovation schafft, sich aber nicht über schlichte Wissensvermittlungübertragen lässt. Transfer läuft immer über Köpfe und setzt entsprechend konkrete Zusammenarbeitvoraus.Abb. 2: Die Komplexität von TransferprozessenNimmt man diese Zusammenhänge, zeigt sich, dass das bestehende technologische Potenzial inden Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen – gerade für kleine und mittlereUnternehmen – über die bestehenden Mechanismen nur begrenzt aktiviert werden kann.Hier fehlen Wege, die mit den realen Bedingungen der Wirtschafts- und Wissenschaftspraxiskompatibel sind und Innovationsprozesse als komplexe Vorgänge akzeptieren.Innovationsförderung ist nicht das Auffüllen technologischer Lücken oder der Abbau einerTechnologiehalde. Innovation reduziert sich nicht auf technisch-naturwissenschaftliche Erkennt-18
Jahresthemanisgewinnung, sondern setzt zahlreiche Parallelentwicklungen im Innovationen anbietenden undaufnehmenden Unternehmen voraus. Basis für die erfolgreiche Gestaltung derartiger Innovationsprozesseist dabei vor allem die Kompetenz, weltweit verteilt entstehendes Wissen in neueProdukte, Dienstleistungen oder Verfahren zu überführen und deren Umsetzung mit den jeweiligenAnwendungsfeldern zu verknüpfen. Dass dies in der Vergangenheit nur unzureichend gelungenist, belegen langsam aufbrechende Debatten zur mangelnden (qualitativen!) Kompetenzverfügbarkeit.Will man die Begrenzungen einer technologiezentrierten Innovationsförderungüberwinden, sind mindestens 10% der Mittel in Technologieprogrammen für den Aufbau vonAnwendungs- und Umsetzungs-Kompetenz vorzusehen. Dabei geht es aber nicht um die Förderungvon Weiterbildungs-Alibi-Veranstaltungen, die sich zwar gut ausweisen und damit auchkontrollieren lassen, aber in Innovationsprozessen nur begrenzt wirksam sind. Nur so bestehenechte Chancen, im Innovationswettbewerb zu bestehen und verlorenen Boden zurückzugewinnen.3.3 Aufbau von Innovationspotenzialen: Innovationspolitik setzt die Verfügbarkeitvon Innovatoren vorausNimmt man die skizzierten Impulse, so können sie über eines nicht hinwegtäuschen: Innovationenfallen nicht vom Himmel, sondern werden von Menschen gemacht. Aber Deutschland gehenin aller Breite die Innovatoren aus. 15• Der Anteil der Studienanfänger an einem Altersjahrgang liegt mit ca. 35% in Deutschlandspürbar unter dem OECD-Länderdurchschnitt mit 47% (2002). 16• Die Zahl der Absolventen ingenieur- und naturwissenschaftlicher Studiengänge wird 2008noch immer unter der Zahl aus Mitte der 1990er Jahre liegen. Im OECD-Vergleich entferntman sich damit noch weiter vom Wert der meisten OECD-Länder. 17• Über 80% der Unternehmen gehen für die nächsten 5-10 Jahre von einem spürbaren Ingenieurmangelaus. 18• Die Auffrischung am Arbeitsmarkt („Alt gegen Jung“) kann angesichts der demographischenEntwicklungen zukünftig nicht mehr in dem gewohnten Umfang greifen.15161718Vgl. Staudt, E.; Kottmann, M.: Deutschland gehen die Innovatoren aus. Zukunftsbranchen ohne Zukunft? Frankfurt amMain 2001.Vgl. BMBF (Hrsg.): Bundesbericht Forschung <strong>2004</strong>, Bonn, Berlin <strong>2004</strong>, S. 495.Vgl. BMBF (Hrsg.): Bundesbericht Forschung <strong>2004</strong>, Bonn, Berlin <strong>2004</strong>, S. 497ff.Vgl. VDI (Hrsg.): Gehen dem Mittelstand die Ingenieure aus? Eine Studie des VDI und der Medienakademie Köln, einUnternehmen der Bertelsmann-Stiftung, Düsseldorf 2003.19