Innovationsmanagement• Nach dem Boom die Bodenlandung? – »Customer Relationship Management« zwischenMythos und MachbarkeitUnter dem Label CRM wird seit Mitte der 1990er Jahre versucht, bisher isoliert vorangetriebeneAnsätze zur Kundenbindung und Neukundengewinnung in einem integrativen Kundenmanagementzu bündeln. Vor allem von Software- und Beratungshäusern wurde die Einführung vonCRM mit dem Versprechen auf Umsatzsteigerungen durch Folgekäufe und Kostensenkungdurch Reduzierung des Zeitaufwands bei Beratungen schmackhaft gemacht. Während angesichtsderartiger Aussichten die Prognosen für den CRM-Markt in der Vergangenheit ausgesprochenoptimistischZiele Anwendungen Elemente waren undsich CRM-• Umsatzsteigerungendurch Folgekäufe oder• WerbeplanungSysteme inCross-Selling• Vertriebssteuerungden Unternehmenzu-• analytisches CRM• Kostensenkung durchReduzierung des Zeitaufwands • After-Sales-Servicebei Beratungen• Beschwerdemanagement• operatives CRMnächst rasant• Weiterempfehlungen durchzufriedene Kunden• Kundenberatung• kommunikatives CRM verbreiteten,• steigende Bindung• Kundenkontaktmanagementtritt langsamvon attraktiven KundenErnüchterungStolpersteineein. AktuelleBefunde weisenauf eineMangelnde AkzeptanzproblemproblemeAkzeptanz-FehlendeKosten- undIT-LastigkeitorganisatorischeKundenstrategieZeitintensitätAnbindung bei Anwendern beim KundenReihe vonInvestitionsruinenhin.Ziele, Anwendungen, Elemente und Stolpersteine des CRMDas Potenzialvon CRM wurde über- und die vielfältigen Schwierigkeiten bei der Umsetzung unterschätzt. Vorallem die fehlende strategische Einbettung, die mangelhafte organisatorische Anbindung und einezu starke IT-Lastigkeit lassen die Vision vom „gläsernen Kunden“ zunehmend zu einem Mythoswerden. Gemessen an den avisierten Zielen und den millionenschweren Investitionen in dasCRM fällt die Kosten-Nutzen-Bilanzierung insgesamt enttäuschend aus.Veröffentlichungen: SCHWERING, M. G.; STRIEWE, F.: Nach dem Boom die Bodenlandung? CustomerRelationship Management auf dem Prüfstand, in: planung & analyse – Zeitschrift für Marktforschung und Marketing,Heft 5 vom 20. Oktober <strong>2004</strong>, S. 46–49.50
InnovationsmanagementNr. 72, 25.03.<strong>2004</strong>, Ressort: Wirtschaft, Seite: 10"Blockieren ist ein menschlicher Reflex"Der Innovationsforscher Bernd Kriegesmann über Besitzstandswahrer, kreative Köpfeund den Versuch, die Zukunft zu planenHerr Professor Kriegesmann, die Bundesregierung hat <strong>2004</strong> zum "Jahrder Innovation" ernannt. Innovationen sollen Jobs bringen, Wettbewerbsfähigkeitund Wachstum. Eine berechtigte Hoffnung?Zweifelsohne lassen sich neue Arbeitsplätze nur über Innovationenschaffen und nicht über die aktuellen Resteverteilungsdebatten. Daher wirdgerade in Krisenzeiten immer viel von Innovationen geredet. Das Problemdabei ist: Je mehr über Innovation geredet wird, umso mehr scheint dasThema damit erledigt zu sein. Zwar werden Innovationskreise gegründet,Innovationsräte eingesetzt, Innovationsmanager in Unternehmen ernannt -doch das ist dann oft schon alles.Warum ist das so?Das Wort Innovation wird von allen Menschen vordergründig als etwasPositives wahrgenommen. Innovation klingt gut. In der Realität jedochwerden Innovationen von vielen als etwas Störendes empfunden. Besitzständewerden in Frage gestellt, Kompetenzen entwertet. Das ist unbequem,vor allem, wenn es an das eigene Portmonee geht. Das Blockierenvon Innovationen ist insofern ein zutiefst menschlicher Reflex. Es gibtWiderstände gegen sie auf allen Ebenen, und es kommt zum Innovationspatt,das in Deutschland besonders ausgeprägt ist.Was ist ein Innovationspatt?Ein innovationsfeindliches Establishment verhindert Innovationen.Politiker fürchten den Verlust von Wählerstimmen, wenn Reformen anstehenund schieben sie auf. Widerstand leisten aber auch die Arbeitgebervertreterund die Gewerkschaften, die fürdie Besitzstände ihrer Klientel kämpfen.Nur so können sich dann imKonsens zum Beispiel Vorruhestandsregelungenhalten, obwohl sie wirtschaftlichund gesellschaftspolitischverheerende Folgen haben.Ist auch das Maut-System Toll Collect ein Opfer des Innovationspatts?Hier scheint es auch technisch bedingte Innovationswiderstände zugeben, sprich: die Sache funktioniert technisch einfach nicht. Hinzu kommtaber auch die typisch deutsche Over-Engineering-Mentalität.Was ist das?Das Produkt wird oft losgelöst vom Kundennutzen und den Anwendungsbedingungentechnisch perfektioniert. Gleichzeitig missachtet manLösungen, die vielleicht nicht das technisch Denkbare erreichen, dafür aberreibungslos arbeiten und sich gut verkaufen. Die Maut-Systeme in derSchweiz oder Österreich zum Beispiel sind technisch einfacher, laufensimpel und effizient.Technisch gesehen ist das deutsche Maut-System aber innovativer.Zur Innovation gehört aber nicht nur die technische Neuerung, sondernauch die Durchsetzung am Markt. Hier hapert es oft.War das auch das Problem vieler Hightech-Firmen des ehemaligen NeuenMarktes?Sicher. In der New Economy gab es zum Teil Unternehmer mit pfiffigenneuen Ideen, die aber die Anwendbarkeit und Widerstände am Marktnicht durchdacht hatten. Hier fehlte es oft an der Kompetenz: Naturwissenschaftlerund Ingenieure verfügten nicht über die Kompetenz, ihre technischfaszinierenden Ideen in die Fertigung oder in den Vertrieb oder anden Kunden zu bringen. Wer nur im Labor groß wird, kennt den Kundenoft nicht.Die Bundesregierung möchte nun Innovationen fördern. Wie bereitet manden Weg zu etwas, von dem man noch gar nicht weiß, ob es überhaupt daist? Sprich: Wie kann die Innovationsfähigkeit einer Gesellschaft gefördertwerden?Innovationsförderung kann hier wichtige Impulse setzen. Doch dasmuss mehr sein als die in Deutschland dominierende Technologieförderung,die vorschreibt, mit welchen Technologien neue Lösungen zu entwickelnsind. Hier würde ich stärker Ansätze erwarten, die einen Wettbewerbunterschiedlicher Technologien, ausgerichtet an gesellschaftlich bedeutsamenProblemen, vorsehen. Dabei muss man eines akzeptieren: Innovationenwerden von Menschen gemacht. Daher sind Menschen für den Aufbruchzu Neuem zu begeistern.Was bedeutet das für die Innovationsförderung in Unternehmen?Dass eine Art Partisanen-Strategie verfolgt werdenmuss: Innovationsprojekte müssen an einzelnenPersonen fest gemacht werden. Man wird nie eineGesamtorganisation zum Innovieren bringen, da kannman in Kulturwandel oder Weiterbildung machen,wie man will. Man kann das Innovieren nicht verordnen,nicht lehren oder strategisch planen. Es geschiehteinfach in den Köpfen von Individuen. Nachunserer Erfahrung sind zehn bis 15 Prozent der Mitarbeitereines Unternehmens bereit und in der Lage,Innovationen aktiv voranzutreiben.Sind das vor allem die jüngeren Mitarbeiter?Das Alter der Mitarbeiter spielt hier keine Rolle.Wichtig ist nur, dass ihnen Handlungsfreiräumegeschaffen werden. Potenzielle Innovatoren brauchenFreiheit - finanzielle Freiheit, Rückendeckung vomManagement und Freiheit vom Routinegeschäft. DerPersonalabbau der vergangenen Jahre hat allerdingszu einer enormen Verdichtung und Intensivierung derArbeit geführt. Ergebnis: Die letzten Freiräume derArbeitnehmer wurden vernichtet.Zum Wohle der Produktivität?Unter Produktivitätsgesichtspunkten mag das sinnvoll sein. Innovationenwerden so aber verhindert. Wer bei der Arbeit zu 120 Prozent ausgelastetist, der hat keinen Kopf für Neues, sondern läuft nur dem Tagesgeschäfthinterher. Das US-Internet-Unternehmen Google zum Beispielmacht das anders. Hier können die Programmierer 20 Prozent ihrer Arbeitszeitvor sich hin tüfteln. Deutsche Unternehmen dagegen versuchennoch immer, Innovationen planend zu forcieren.Ist das der Versuch, die Zukunft zu planen?Ja, und das ist nahezu unmöglich. Aber selbst wenn die Megatrendsder Zukunft korrekt vorausgesagt werden könnten, gibt es ein Problem.Denn dann rennen alle Unternehmen diesen Megatrends hinterher und amEnde ist das Marktsegment überbesetzt. Nehmen Sie die hoch gelobtenZukunftsmärkte UMTS oder den Markt für integrierte Gebäudebewirtschaftung.Wenn Sie die Umsatz-Erwartungen aller Marktteilnehmer addieren,kommen Sie auf ein Vielfaches des Marktvolumens, das selbst deroptimistischste Beobachter für möglich hält. Jedes Unternehmen handelt,als würde es am Ende den Markt alleine bedienen.Das Gespräch führte Stephan Kaufmann.51