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thema - Immobilien Magazin

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hintergrund Bilanzierung<br />

LEASIngBILAnzIErung<br />

wIrD AuF DEn KopF gEStELLt<br />

Die zwei internationalen Standardsetter IASB und FASB haben einen Entwurf<br />

für einen neuen Leasingstandard veröffentlicht: Demnach werden alle Leasingverhältnisse,<br />

also nicht wie bisher nur das Finanzierungsleasing, in der Bilanz<br />

zu erfassen sein. AutOren: Wolfgang VejdoVsky und raoul Vogel, PWC ÖsterreiCh<br />

Der bisherige Vorsitzende des IASB, Sir David<br />

Tweedie, meinte im April 2008: „Eines meiner<br />

größten Ziele vor meinem Ableben ist es,<br />

in einem Flugzeug zu fliegen, das in der Bilanz<br />

der Fluglinie bilanziert ist.“ Mit dem neuen<br />

Leasing standard könnte sein Wunsch in Erfüllung gehen.<br />

Seit Jahren wird die Leasingbilanzierung, genauer die Leasingnehmer-Bilanzierung,<br />

von Analysten und anderen Jahresabschluss-Adressaten<br />

kritisiert. Vor allem das Nichterfassen von<br />

Verbindlichkeiten in den Bilanzen der Leasingnehmer im Falle<br />

sogenannter Operating-Verträge und die damit einhergehenden<br />

Widersprüche zum Rahmenkonzept der IFRS stehen dabei<br />

im Zentrum. In Zukunft werden alle Leasingverhältnisse, also<br />

nicht wie bisher nur das Finanzierungsleasing, in der Bilanz zu<br />

erfassen sein.<br />

Wesentliche elemente des neuen leasingmodells<br />

- das Konzept basiert auf dem Ansatz eines Nutzungsrechtes und<br />

einer Verbindlichkeit zu Beginn des Leasingverhältnisses;<br />

- die Unterscheidung zwischen Operating- und<br />

Finanzierungsleasing wird aufgehoben;<br />

- die Leasingverbindlichkeit wird mittels Schätzung der<br />

Leasingbedingungen inklusive etwaiger Verlängerungsoptionen,<br />

bedingten Leasingzahlungen und Restwertgarantien<br />

ermittelt;<br />

- Leasingverhältnisse müssen zu jedem Stichtag auf<br />

wesentliche geänderte Bedingungen untersucht werden;<br />

- für die Ermittlung beim Leasinggeber sollen die gleichen<br />

Anforderungen an eine zuverlässige Bewertung wie bei<br />

der Neuregelung zur Ertragsrealisierung gelten;<br />

- eine Ausnahme vom Anwendungsbereich für nicht betriebsnotwendige<br />

Vermögenswerte soll es nicht geben. Allerdings<br />

soll noch untersucht werden, unter welchen Bedingungen<br />

eine Ausnahmeregelung für kurzläufige Leasingverhältnisse<br />

möglich wäre.<br />

Die Auswirkungen schlagen sich nicht nur in der finanziellen<br />

Berichterstattung nieder, sondern berühren fast jeden Bereich<br />

eines Unternehmens. Selbstverständlich sind in erster Linie die<br />

Kennziffern eines Unternehmens betroffen. Die nebenstehende<br />

Grafik eines hypothetischen Beispiels zeigt sehr deutlich die<br />

höhere Belastung der Gewinn- und Verlustrechnung in den<br />

ersten Jahren eines Leasingverhältnisses.<br />

Allerdings wird das EBIT/EBITDA positiv beeinflusst. Des Weiteren<br />

wird vor allem der Verschuldungsgrad durch die wesentlich<br />

höheren Verbindlichkeiten negativ beeinflusst.<br />

Dabei sollte vor allem auf etwaige Covenants in Darlehensverträgen<br />

und ähnlichen Vereinbarungen geachtet werden, da die<br />

Verletzung der Covenants durch den höheren Verschuldungsgrad<br />

zu möglichen Zinserhöhungen, im Extremfall zu einer<br />

Fälligstellung des Darlehens, führen kann.<br />

Die laufende verpflichtende Anpassung der Finanzschuld<br />

erhöht die Volatilität der Kennziffern. Die unterschiedliche<br />

Folgebewertung von Nutzungsrecht und Finanzschuld hat entsprechende<br />

Auswirkungen auf latente Steuern.<br />

foto: istock<br />

Weitere potenzielle ausWirkungen:<br />

- Massen<strong>thema</strong>tik aufgrund der Vielzahl der Verträge<br />

- Neubilanzierung sämtlicher Leasingverhältnisse zum Übergangsstichtag<br />

(keine Ausnahmeregelungen für Altverträge!)<br />

- Anzahl der in der Bilanz abzubildenden Leasingverhältnisse<br />

steigt signifikant<br />

- laufende Neubewertungen aufgrund von Erwartungswertänderungen<br />

(bei bedingten Mieten, Optionen) verlangt fortlaufende<br />

Nachverfolgung<br />

- Automatisierung der Bilanzierung der Leasingverträge<br />

mittels Systemlösung vorteilhaft bzw. notwendig<br />

Auch für Leasinggeber wird sich die Bilanzierung zukünftig<br />

ändern. Derzeit sind zwei Modelle vorgesehen:<br />

- Performance Obligation Model<br />

- (Partial) Derecognition Model<br />

Die geschäftlichen und betrieblichen Auswirkungen für Leasing-<br />

geber und Leasingnehmer schlagen sich nieder in:<br />

- EDV-Systemen<br />

- Kennzahlensystemen<br />

- Budgetierungsprozessen<br />

- betrieblichen und Geschäftsprozessen<br />

- internen Kontrollsystemen<br />

- Reporting und Abschlussprozessen<br />

Eine Studie aus dem Jahr 2010 von PwC Niederlande (125 europäische<br />

notierte Gesellschaften aus 21 Ländern) zeigt, dass<br />

beinahe die Hälfte der Unternehmen gewisse Änderungen erwarten;<br />

ein Drittel sogar erhebliche Änderungen. Interessant ist<br />

die Erwartung von mehr als der Hälfte der befragten Unternehmen,<br />

die benötigten Informationen und Daten von ihrem Leasinggeber<br />

bereitgestellt zu bekommen. Laut Studienergebnissen<br />

industrie<br />

durchschnittliche erhöhung<br />

der Verbindlichkeiten<br />

scheinen sich die Auswirkungen auf die <strong>Immobilien</strong>branche<br />

allerdings in Grenzen zu halten. Nur 22 Prozent der Unternehmen<br />

erwartet, zukünftig kürzere Mietverträge abzuschließen.<br />

Allerdings wurde diese Meinung primär von Leasingnehmern<br />

geäußert. Die Studie vermutet, dass Leasinggeber die betriebswirtschaftlichen<br />

und sonstigen Auswirkungen von kürzeren<br />

Mietverhältnissen eher verstehen, während Leasingnehmer<br />

sich nicht vollends über Auswirkungen, wie vertragliche Preisstrukturen,<br />

Verfügbarkeit von <strong>Immobilien</strong> und damit verbundene<br />

Geschäftsrisiken, bewusst sind.<br />

Um den teils gewaltigen zukünftigen Anforderungen gerecht<br />

zu werden, bietet sich an:<br />

- tiefere Analyse zukünftiger Kennzahlenänderungen<br />

- weitere intensive Verfolgung des Standard-Setting-<br />

Prozesses (speziell im Hinblick auf Regelungen für<br />

Leasinggeber/Untervermietung)<br />

- rechtzeitige Kommunikation mit Kapitalgebern<br />

- EDV-gestützte Systemlösung implementieren<br />

- frühzeitige Analyse und Datensammlung bei allen<br />

bestehenden Verträgen<br />

- übergreifende Arbeitsgruppe einrichten<br />

In diesem Zusammenhang bietet PwC einen fundierten Ansatz<br />

zur Bewältigung der Herausforderungen an. Der finale Standard<br />

wird Mitte 2011 erwartet mit voraussichtlichem Inkrafttreten<br />

ab 2013. Obwohl das neue Leasingmodell für Leasinggeber und<br />

Leasingnehmer eine immense Herausforderung mit teils gravierenden<br />

Auswirkungen darstellt, sei hier positiv mit den geflügelten<br />

Worten geendet: „Es gibt keine Probleme, nur Herausforderungen,<br />

für die noch keine Lösungen gefunden wurden.“<br />

Jahre 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10<br />

miete/rate 100 100 100 100 100 100 100 100 100 100<br />

abschreibung 74 74 74 74 74 74 74 74 74 74<br />

zinsen 44 41 37 33 30 25 21 16 11 6<br />

118 115 111 107 104 99 95 90 85 80<br />

g&V differenz –18 –15 –11 –7 –4 1 5 10 15 20<br />

grafik 1: Beispiel für die höhere Belastung der guV<br />

durchschnittliche erhöhung<br />

im leverage<br />

durchschnittliche erhöhung<br />

des eBitda<br />

einzel- und kleinhandel 213 % 64 % 55 %<br />

transport & lager 95 % 31 % 44 %<br />

alle unternehmen 58 % 24 % 37 %<br />

grafik 2: Branchebezogene entwicklung der Auswirkungen<br />

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