Das Buch - 10 Jahre AG (PDF) - Académie Galan
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Herkunft an. Und gerade dadurch funktioniert der Mythos. Hinter den<br />
Einverleibungs-, Aneignungs- und Auslegungspraktiken bleibt sichtbar,<br />
was die Dinge vorher waren. Die alten Mythen erzählten - anders<br />
als die Wissenschaft, die in allgemeinen Sätzen spricht - immer von<br />
besonderen Ereignissen, die sinnbildlich auf mehr deuteten. Mythos =<br />
griech. (auch) Lüge.<br />
Kunst als die Macht des Falschen ist und bleibt in gewissem Sinn<br />
Lüge und kann somit dem richtigen Leben, dem sie immer in einer Beziehung<br />
der Andersheit gegenübersteht, die Wahrheit sagen und entbergen,<br />
das heißt sie aus ihrem Schattenraum des Verborgenen ans<br />
Licht bringen, denn gerade heute in den scheinbar entblößt nach vorn<br />
gestellten Dingen des Alltäglichen herrscht um so mehr das Verbergen<br />
der Absichten und Einsichten, bildet sich Manipulation aus. Kunst<br />
ist das besondere Allgemeine, das dem allgemeinen Besonderen der<br />
Produkte unserer Arbeitsgesellschaft gegenübersteht; wobei Kunst<br />
auch durch Arbeit erzeugt wird, aber eben nicht so funktioniert wie<br />
deren Produkte. Als anderer Raum, etwas ist ein Raum, wenn es sich<br />
von anderen abgrenzen lässt, kann sie als Modell für die Bedingungen<br />
unseres Lebens angesehen werden. Auch funktioniert sie heute nicht<br />
mehr nur nach dem Prinzip Werk, sondern häufig nach dem Prinzip<br />
Auslegung. Eine Einheit aus Entrückung ins Unantastbare und dessen<br />
Dementierung ins Naheliegende. Man bedient sich der allgemeinen<br />
Phänomene der Welt und transformiert sie in den Anspruch auf Besonderheit.<br />
Man könnte sagen, dass die Künstler heute nicht neue<br />
Dinge für ein altes Sehen produzieren, sondern eher ein neues Sehen<br />
für die alten Dinge einfordern - und damit die anderen Betrachter dazu<br />
auffordern, sich ihrem Sehen anzuschließen.<br />
In einem solchen Sehen findet die Selbstbegegnung des Aufmerksamen<br />
aufgrund des plötzlichen Einschießens der Erinnerung in das<br />
Gegenwärtige statt. Dann kommen uns die Dinge entgegen, blicken<br />
uns an. Dabei ist es unabänderlich, einen Blick auf das eigene Leben<br />
zu werfen, um einen Vergleich anstellen zu können. <strong>Das</strong> geht, denn<br />
der Zweck des Vergleichs ist nicht zu erklären, sondern zu regeln.<br />
<strong>Galan</strong> 14