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Das Buch - 10 Jahre AG (PDF) - Académie Galan

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SATOSHI OGAWA<br />

Graben um zu Glauben<br />

Satoshi Ogawa hatte vier <strong>Jahre</strong> Kunst studiert in Tokyo, bevor er nach<br />

Deutschland kam, und in Bremen an der Hochschule für Künste in<br />

der Malklasse bei Rolf Thiele weiterstudierte. Sein Projekt an der von<br />

Thiele gegründeten Academie <strong>Galan</strong> war eines in die Tiefe, Ogawa<br />

grub 2003/04 ein Loch in Richtung Erdmittelpunkt. Je tiefer er kam,<br />

desto feuchter wurde es da unten, die Luft wurde knapper. Ogawa<br />

schöpfte das Wasser aus der Grube, um dann mit der Schaufel weiter<br />

zu graben. Ich grabe um zu graben, sagt er.<br />

Der Ort seiner Grabung ist in Hanglage, abseits des Pfades, der von<br />

Haupthaus der Academie ins Laotische Dorf im Tal führt. Seine Grube<br />

führte über drei Meter in die Tiefe, dort unter grub Ogawa dann<br />

nochmals einen Gang mehrere Meter waagerecht in den Hang hinein.<br />

Dieser Gang läuft auf eine Gruppe Eichen zu, die oberhalb seiner<br />

Grabung steht. Ich werde den Wurzeln der Bäume beim Wachsen zusehen,<br />

sagt Ogawa.<br />

Sah man Ogawa beim Graben zu, konnte man erstaunt sein über die<br />

Entschiedenheit seines Handelns. Konzentriert und exakt senkrecht,<br />

später in Waage grub sich Ogawa voran, beförderte Eimer für Eimer<br />

Erdreich an die Oberfläche, Teile seiner Handlung für andere nicht<br />

zu sehen. Erst wenn er den gefüllten Eimer Erde aus dem Stollen<br />

schaffte, hatte man wieder Einblick. Die Intensität seines Vorgehens<br />

erinnerte an eine Performance oder religiöse Handlung, wenn man<br />

die Abgeschiedenheit seines Tuns in Betracht nimmt.<br />

Ich grabe um zu glauben, sagt Ogawa, zu graben ist nicht nur zu Graben,<br />

sondern auch mich zu vergewissern.<br />

Ogawa war nicht frei von Zweifeln. Die Abgeschiedenheit seines Arbeitsplatzes<br />

und die Gefahr des Einsturzes seiner Arbeit waren zusammen<br />

unerfreuliche Begleiter seiner Grabung. Die Arbeit entzog<br />

sich den Blicken anderer, Ogawa war oft nicht nur erster sondern auch<br />

einziger Betrachter seines Tageswerks. Motivation lieferte hier nicht<br />

die Begleitung und der Applaus anderer, sondern der eigene Auftrag.<br />

Weiter graben, sagt Ogawa, ich habe alles akzeptiert.<br />

Text: Oliver Voigt, Otterstedt 2008 Photos: Satoshi Ogawa

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