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F ORSCHEN UND PUBLIZIEREN<br />
SCIENTIA HALENSIS 2/10<br />
50 Hektar voller Vielfalt<br />
Internationales Forschungsteam erkundet Biodiversität in<br />
subtropischen Wäldern Chinas<br />
M ELANIE ZIMMERMANN<br />
Für den Geobotaniker Prof. Dr. Helge Bruelheide vom Institut für Biologie an der Martin-Luther-<strong>Uni</strong>versität<br />
(MLU) begann der Frühling mit einer neuen Herausforderung: Es galt, in Xingangshan<br />
in der Provinz Jianxi im subtropischen China die nächsten 100 000 Bäume anzupflanzen.<br />
Denn an diesem bedeutenden Hotspot biologischer Vielfalt mit Wäldern, in denen hunderte<br />
Arten von Bäumen zusammen vorkommen, findet das weltweit größte Experiment zur Rolle<br />
von Biodiversität für Ökosystemfunktionen statt. In diesem Rahmen haben nun 18 Forscher aus<br />
Deutschland und der Schweiz gemeinsam mit einer Gruppe chinesischer Wissenschaftler Wälder<br />
verschiedener Komplexität und Vielfalt auf einer Fläche von 50 Hektar neu angelegt.<br />
Die Indische Azalee (Rhododendron simsii), die bei Europäern als kultivierte Zimmerpflanze hoch im Kurs<br />
steht, stammt ebenfalls aus China. Foto: Helge Bruelheide<br />
Die Riemenblume (Loropetalum chinense), ein Hamamelis- bzw. Zaubernussgewächs, ist heimisch in den subtropischen<br />
Wäldern Chinas. Foto: Helge Bruelheide<br />
Ziel dieses 2008 begonnenen Projektes, das<br />
die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG)<br />
mit fast drei Millionen Euro fördert, ist „die<br />
Erforschung des Effekts der Diversität von<br />
Bäumen und Sträuchern auf biologische Funktionen<br />
und Dienstleistungen dieses Waldökosystems“,<br />
erklärt Helge Bruelheide, Sprecher<br />
der DFG-Forschungsgruppe 891 „BEF China“.<br />
„Dabei ist das Verständnis der Funktionen<br />
von Biodiversität einerseits klare Grundlagenforschung<br />
– andererseits geht es darum, Wege<br />
aufzuzeigen, wie sich Biodiversität fördern<br />
und nutzen lässt.“<br />
Die Region der Provinzen Zhejiang und Jiangxi<br />
eignet sich dafür hervorragend: Bäume und<br />
Sträucher entwickeln hier einen Artenreichtum<br />
wie nirgendwo sonst auf der nördlichen Hemisphäre<br />
– das Gutianshan Naturreservat in<br />
der Provinz Zhejiang weist etwa fünf Mal so<br />
viele Gehölzarten auf wie ganz Deutschland.<br />
Ein Schwerpunkt in der ersten Phase des Forschungsprojektes<br />
waren daher vergleichende<br />
Untersuchungen der Vielfalt in natürlichen<br />
und sekundären Wäldern, wozu nicht nur alle<br />
Pflanzenarten identifiziert, sondern auch Produktivität,<br />
Kohlenstoffspeicherung, Nährstoffkreisläufe,<br />
Bodenerosion, Bodenbeschaffenheit<br />
und abhängige Lebensgemeinschaften an<br />
Tieren und Pilzen analysiert wurden.<br />
Verschiedene Fragen, z. B. wie die Produktivität<br />
eines Waldes durch die Biodiversität beeinflusst<br />
wird, lassen sich anhand der natürlichen<br />
Wälder jedoch nicht klären, da hier einzelne<br />
Prozesse nicht unabhängig von anderen untersucht<br />
werden können. Das internationale<br />
Forschungsteam hat daher unter der Annahme,<br />
dass Artenvielfalt wichtig für das Funktionieren<br />
eines Ökosystems ist, ein Experiment<br />
ausgeklügelt, das im Wesentlichen auf der Nischentheorie<br />
basiert: Wenn mehrere Arten unter<br />
den gleichen Bedingungen wachsen, dann<br />
ist es wahrscheinlich, dass sie gemeinsam den<br />
Umweltgradienten, also beispielsweise den<br />
Lichteinfall oder das Bodenwasser, besser ausnutzen.<br />
L OGISTISCHE HERAUSFORDERUNG<br />
Für das Experiment wurde eine Vielzahl von<br />
Bäumen und Sträuchern in Baumschulen herangezogen.<br />
Auf einer gigantischen Fläche<br />
von etwa 50 Hektar, eingeteilt in Reihen und<br />
Spalten, sollen insgesamt Setzlinge von 100<br />
Gehölzen, je 50 Bäumen und 50 Sträuchern, je<br />
50 immergrünen und 50 sommergrünen Arten<br />
von Hand gepflanzt werden. Der Versuch folgt<br />
einem Design, bei dem die Pflanzen in unterschiedlichen<br />
Diversitätsstufen – mit 1, 2, 4, 8,<br />
16 oder 24 Arten pro Versuchsfeld – angeordnet<br />
werden. Dazu wurde das gesamte Arteninventar<br />
in drei Teile von jeweils 16 Baumarten<br />
eingeteilt, aus denen die sechs Stufen der Artenvielfalt<br />
gebildet wurden.