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2007 Weihnachten - Nikolaus - Cusanus - Haus

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26<strong>Haus</strong>zeitungLebensgeister wieder ein. Wir erfuhren, dass der stämmige, dunkelhaarige BurscheJim hieß; sein Kamerad, größer und schlanker, war Ralph. Herby, der Verwundete,schlief nun auf meinem Bett, sein Gesicht so weiß wie Schnee. Sie waren Versprengte,hatten ihre Einheit verloren und waren seit Tagen im Wald umhergeirrt.Unrasiert wie sie waren, sahen sie ohne ihre schweren Mäntel dennoch eher wiegroße Jungen aus. Und so wurden sie auch von Mutter versorgt. „Geh, bring nochsechs Kartoffeln,“ rief sie mir zu. Sie hatte eine zweite Kerze angezündet und schnittdie gewaschenen, ungeschälten Erdäpfel in unsere Suppe hinein. Sie zu schälen galtdamals bei uns als Verschwendung. Während Jim und ich Mutter zuschauten, sahRalph nach Herby. Er hatte viel geblutet, nun lag er teilnahmslos und still. MuttersSuppe verbreitete schon längst einen einladenden Duft. Ich war gerade dabei, denTisch zu decken, da klopfte es wieder an der Tür. In der Erwartung, dass noch mehrversprengte Amerikaner draußen standen, öffnete ich ohne Zögern. Ja, es warenSoldaten, vier Mann, und alle bis an die Zähne bewaffnet! Ihre Uniform war mirwohlvertraut nach fünf Jahren Krieg. Das waren Soldaten der Wehrmacht, das warenunsere. Ich war vor Schreck wie gelähmt. Obschon ich noch ein Kind war, wussteich: Wer den Feind in irgendeiner Weise begünstigt, wird erschossen! Kam nunalles zu einem furchtbaren Ende?Mutters Gesicht konnte ich nicht sehen, als sie heraustrat, doch ihre gefasste Stimmeberuhigte mich etwas: „Sie bringen aber eine eisige Kälte mit, meine Herren. MöchtenSie mit uns essen?“ entfuhr es ihr. Damit schien sie den richtigen Ton gefundenzu haben. Die Soldaten grüßten freundlich und waren sichtlich froh, im Grenzlandzwischen den Fronten Landsleuten zu begegnen. „Dürfen wir uns hier etwas aufwärmen?“,fragte der Rangälteste, ein Unteroffizier. „Vielleicht haben Sie irgendwoPlatz für uns bis zum Morgen?“ „Natürlich“, antwortete Mutter in aller Herzlichkeit.„Sie können auch eine warme Suppe mit uns essen.“ Die Deutschen lächelten, alssie das Aroma durch die halboffene Tür rochen. „Doch“, fügte Mutter in einem ausschierer Angst erwachsenden Todesmut hinzu, „es sind bereits drei Durchfrorenehier, um sich etwas aufzuwärmen. Ich bitte Sie um Himmels willen, machen Siejetzt bloß keinen Krawall.“ Der Unteroffizier schien zu begreifen: „Wen haben Sieda drinnen?“, verlangte er barsch zu wissen. „Amis?“ Mutter sah jeden einzelnen an.„Hört mal“, sagte sie langsam, „ihr könntet meine Söhne sein, und die da drinnenauch. Einer von ihnen ist verwundet, und der ist gar nicht gut dran. Und die beidenanderen sind so hungrig und müde wie ihr. Es ist Heiligabend“, sie sprach jetzt zudem Unteroffizier, „und hier wird nicht geschossen!“Der starrte sie an. Für zwei, drei endlose Sekunden hörte man nur den Wind. Ichstand da und bibberte, doch Mutter nutzte den Moment. „Genug geredet!“, sagte sie

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