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Neutralität im Kalten Krieg. Österreich und Finnland im Vergleich - AFA

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Gustaf Mannerhe<strong>im</strong> <strong>und</strong> Andrej Shdanow bestand. Als Stalin den Entwurf des zukünftigenVertrages Präsident Juhu Kusti Paasikivi zukommen ließ, war die finnische Politik zunächstbesorgt. Paasikivi, der oft mit dem österreichischen Nachkriegs-Präsidenten Karl Rennerverglichen wird, verstand es aber, den Fre<strong>und</strong>schaftsvertrag <strong>im</strong> Endeffekt so zu verhandelnbzw. zu gestalten, dass er nicht den sowjetischen Verträgen mit Ungarn oder Rumänien glich– das hieß keine regelmäßigen Unterredungen über politische oder militärische Fragen – <strong>und</strong>zugleich auch die Gr<strong>und</strong>lage für die finnische Außenpolitik der folgenden Jahre darstellte. 49Den Inhalt <strong>und</strong> die Ausführungen des Vertrages legten die beiden Staaten allerdingsunterschiedlich aus. Die Formulierung in der Präambel, dass <strong>Finnland</strong> sich aus denInteressenssphären der Großmächte heraushalten solle, interpretierte die finnische Politik alsGr<strong>und</strong>lage für ihre spätere <strong>Neutralität</strong>spolitik. Für Paasikivi war <strong>Finnland</strong> weiterhin selbst fürseine Verteidigung zuständig – auf sowjetische Hilfe sollte nur <strong>im</strong> Notfall zurückgegriffenwerden. „The Finnish interpretation – not always shared by the Soviets – was that the needfor Soviet assistance had to be jointly established by both countries, that is, that Finland hadthe option to deny that a need for military cooperation existed.“ 50 Der Fre<strong>und</strong>schaftsvertrag<strong>und</strong> das spezielle Verhältnis zur Sowjetunion <strong>im</strong>plizierten freilich auch gewisse Risiken.Durch die enge wirtschaftliche Kooperation mit der Sowjetunion konnte Moskau Helsinkiunter Druck setzen. <strong>Finnland</strong> war beispielsweise das erste kapitalistische Land, das 1950einem fünf-Jahres-Handelsabkommen zust<strong>im</strong>mte. 51Be<strong>im</strong> Fre<strong>und</strong>schaftsvertrag handelt es sich nicht um eine Militärallianz, sondern um einKonsultativabkommen, für den Fall eines übermächtigen Aggressors auf finnischem Staatsgebiet.Zusätzlich hatte <strong>Finnland</strong> das Initiativrecht bei Konsultationen, was die <strong>Neutralität</strong>stärkte – realpolitisch war aber die Sowjetunion tonangebend. Die Beziehungen zwischen derSowjetunion <strong>und</strong> <strong>Finnland</strong> waren zwar zwischenstaatlich, doch sicherlich nicht <strong>im</strong>merzwischenparteilich. Ein weiterer interessanter Aspekt ist, dass diese Interessensgemeinschaftnicht ideologisch, sondern viel eher sicherheitspolitisch verstanden wurde. 52Sowohl der Fre<strong>und</strong>schaftsvertrag als auch der Staatsvertrag wurden unter dem Einfluss derDeutschlandfrage abgeschlossen. Im <strong>Vergleich</strong> zum Staatsvertrag, der als Eckstein derösterreichischen <strong>Neutralität</strong> gesehen wird, musste <strong>Finnland</strong> mit seinem Fre<strong>und</strong>schaftvertrag49 Vgl. Engman, in: Suppan/Stourzh/Müller (2005), S. 376ff50 Vgl. ebd. S. 37851 Vgl. ebd. S. 380f52 Vgl. Vuollo (1996), S. 21f12

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