Das Magazin 1/2004 - Evangelische Heimstiftung
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erobern. Darauf seien die traditionellen<br />
Träger nicht vorbereitet. Er habe den<br />
Eindruck, dass „Bauchnabelschau“ und<br />
Eifersüchteleien untereinander viele<br />
Träger daran hinderten, jetzt die Weichen<br />
richtig zu stellen. Auf der operativen<br />
Ebene sieht er bei Verwaltung und Einkauf<br />
Rationalisierungspotenziale, auf der<br />
strategischen hält er Zusammenschlüsse<br />
und Fusionen für unvermeidlich.<br />
Der Volkswirtschaftler Adrian Ottnad<br />
ist bei seinen Untersuchungen zur Pflegeversicherung<br />
zu dem eindeutigen Schluss<br />
gekommen, dass das derzeitige System<br />
der Pflegefinanzierung nicht tragfähig ist.<br />
Bereits ab 2007/2008 seien die laufenden<br />
Ausgaben der Pflegeversicherung nicht<br />
mehr gedeckt. Die Lösung sieht er in<br />
einem langfristigen Systemwechsel hin<br />
zu einer kapitalgedeckten Versicherung<br />
oder in einer Mischfinanzierung. Dabei<br />
komme es darauf an, die Gesamtsituation<br />
der sozialen Sicherung zu betrachten.<br />
Die Pflegeversicherung sei am ehesten für<br />
den Umstieg geeignet, dies allein schon<br />
aus dem Grund, weil ihre Leistungen in<br />
der Regel erst in hohem Alter anfallen.<br />
Ein solcher Systemwechsel dauere allerdings<br />
30 bis 35 Jahre. Es sei jedoch ein<br />
Irrtum, wenn einige Politiker meinen,<br />
für die Umstellung sei daher noch Zeit.<br />
Vielmehr müssen nach seinen Erkenntnissen<br />
spätestens in den nächsten vier bis<br />
fünf Jahren die Weichen neu gestellt sein.<br />
Den Nutzen der öffentlichen Pflegeförderung<br />
stellte Ottnad angesichts der<br />
Dynamik der Entwicklung insgesamt<br />
in Frage.<br />
Günther H. Oettinger sieht einen stark<br />
wachsenden Bedarf an professioneller<br />
Pflege. In der Diskussion, wie dieser<br />
Entwicklung zu begegnen ist, wird nach<br />
seiner Auffassung zu wenig die Frage<br />
Aktuelles.<br />
des Qualitäts- und Personalstandards<br />
gestellt. Es müsse vermieden werden,<br />
dass die Qualität der Pflege bei Öffnung<br />
des Pflegemarktes absinke. Bundespolitisch<br />
muss nach seiner Ansicht spätestens<br />
in der nächsten Legislaturperiode die<br />
Pflegeversicherung neu geregelt werden.<br />
Letztendlich hänge es vom Wirtschaftswachstum<br />
und von der Zahl der sozialversicherungspflichtigen<br />
Beschäftigten<br />
ab, ob und in welchem Maße sich das<br />
Sozialsystem finanzieren lasse.<br />
Deshalb sieht er einen wichtigen Faktor<br />
darin, die Zahl der sozialversicherungspflichtigen<br />
Beschäftigten zu erhöhen,<br />
also in Maßnahmen zu investieren, die<br />
Familien ermutigen und unterstützen,<br />
mehr Kinder zu bekommen.<br />
Die drei Säulen freigemeinnützige Träger,<br />
Kommunen und private Träger sollen<br />
nach Oettingers Auffassung auch in<br />
Zukunft den Pflegemarkt gestalten. Die<br />
Arbeitsplätze in der Pflege seien für den<br />
Standort Baden-Württemberg wertvoll.<br />
Es sei daher für die Zukunft des Landes<br />
wesentlich, die Wertschöpfung daraus<br />
im Land zu halten. <strong>Das</strong>s die Träger für<br />
den Markt gerüstet sind, sei in diesem<br />
Zusammenhang wesentlich und deshalb<br />
müsse es mehr Kooperationsbereitschaft<br />
insbesondere zwischen den kirchlichen<br />
und den kommunalen Trägern geben.<br />
Die Förderung des Pflegeheimbaus in<br />
Baden-Württemberg möchte der CDU-<br />
Fraktionsvorsitzende langfristig verändern.<br />
Kurzfristig soll der Zuschuss verringert<br />
werden, damit der Förderstau<br />
beim Bau geförderter Pflegeheime abgebaut<br />
werden kann. Mittel- und langfristig<br />
sieht er auch hier eine Systemumstellung<br />
mit dem Ziel einer marktwirtschaftlichen<br />
Lösung, die den Wettbewerb mit gleichen<br />
Voraussetzungen ermöglicht.<br />
Susanne Wetterich<br />
Fragen aus dem Publikum:<br />
Ingrid Hastedt vom Wohlfahrtswerk Württemberg<br />
Adrian Ottnad<br />
Günter H. Oettinger<br />
Jo Frühwirth<br />
Wolfgang D. Wanning<br />
Mathias Kreft<br />
Fragen aus dem Publikum:<br />
Ralf Oldendorf, Bereichsdirektor der <strong>Evangelische</strong>n<br />
<strong>Heimstiftung</strong> e.V. Stuttgart<br />
Aus der <strong>Heimstiftung</strong> Juni <strong>2004</strong><br />
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