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3● Die Sicht der Entscheidungsträger: Wohnungspolitik die zugleich sozialpolitisch wirken soll,wird auf einer kommunalen, regionalen und nationalen Steuerungs- und Entscheidungsebeneformuliert, legitimiert und verhandelt. Insofern ist eine Berücksichtigung der vorgenanntenSichtweisen eine wichtige Quelle der Inspiration und Evaluation beabsichtigter oder bereits vollzogenerSozialplanung. Konkret ging es in der RESONORD Region um mögliche Ziele einer mehrjährigenSozialplanung.Die Explorativstudie bestand aus den nun folgenden methodischen Schritten. Zunächst mussteein eigenes und praxisrelevantes Verständnis „sozialen Wohnens“ ermittelt werden, die derStudie zugrunde liegen soll. Die quantitative Erfassung der sozialen Infrastruktur in der RESONORDRegion bildete einen wichtigen Ausgangspunkt für die gezielten Beobachtungen und ausgewähltenExpertengespräche im Feld. Befragt wurden neben regionalen und nationalen Entscheidungsträgernauch die „Agence Immobilière Sociale“ (AIS) und der „Fonds national der solidarité“ (FNS).Ein weiteres Treffen wurde mit der zuständigen Stelle für die Unterbringung von Flüchtlingen(Demandeurs de protection internationale; DPI) veranlasst. Daneben wurde sich mit unterschiedlichensozialen Wohnformen beschäftigt, die es in der RESONORD Region gibt. Die bisweil einzigenbetreuten Wohnheimstrukturen für Erwachsene wurden besichtigt; das Frauenhaus der Fondation„Maison de la porte ouverte“ (FMPO) in Eschweiler und eine Wohnheimstruktur des „Comiténational de défense sociale“ (CNDS) bei Troisvierges. Dadurch konnte sich ein Eindruck des begleitetenund betreuten Wohnens in diesen Wohnstrukturen verschafft werden. Zudem konnte überGespräche mit Mitarbeiter und Bewohner andere Informationen über die Wohnsituation erfasstund subjektive Einschätzungen gewonnen werden.Ein wichtiger Beitrag leisten die Fallstudien. Anhand eines analytischen Rasters wurden 6 Fällein Form von Fallvignetten 4 aufbereitet welche unterschiedliche Lebensalter, Familienverhältnisseund die Geschlechterzugehörigkeit thematisieren. Im Rahmen einer Sozialreportage wurden dieverschiedenen Informationen und Perspektiven zusammengeführt. Diese Sozialreportage wurdeals Forschungsmethode (zur Ermittlung, Erschließung und Aufbereitung des Materials) und alsHandlungsmethode 5 (eine Klientin wurde bei der Wohnungssuche begleitet und unterstützt) eingesetzt.Im Folgenden werden einige ausgewählte Ergebnisse, die im Rahmen dieser Explorativstudieermittelt werden konnten.3.2 Soziales Wohnen als mehrdimensionales ErklärungsundHandlungskonzeptWohnen als nationales Phänomen hat in den letzten Jahren verstärkt zu Diskussionen geführt. DerWohnungsmarkt in Luxemburg ist stark auf den Erwerb eines Eigentums ausgerichtet. Dies kannzur Folge haben, dass nicht genügend günstiger Mietraum existiert. Daneben liegt der Immobilienmarktin Luxemburg fast vollständig in privater Hand. Sozialer Wohnungsbau existiert, doch zeigtdie Praxis häufig, dass auch hier der Kampf um eine Wohnung hart ist.„Soziales Wohnen“ wird in der Praxis häufig mit einem bestehenden Angebot oder einem Bedarfan sozialem Wohnraum gleichgesetzt. In Luxemburg wird „soziales Wohnen“ (franz. logementsocial) meist mit einem Angebot an bezahlbarem und angemessenem Wohnraum gleichgesetzt.Zudem gilt es Einzelpersonen oder Familien beim Erwerb eines Eigentums zu unterstützen. DesWeiteren werden finanzielle Hilfen für Gemeinde für das Bereitstellen von Wohnraum für zukünftigeEinwohner anvisiert 6 . In Luxemburg sind die Zugangsbedingungen an Haushaltseinkommenund -zusammensetzung geknüpft. Der Bedarf eines solchen sozialen Wohnangebotes muss nachgewiesenwerden.Beziehen wir uns auf luxemburgische Bestimmungen und Gegebenheiten und orientieren uns anexistierenden Gesetzestexten und Reglementierungen 7 , so ist festzuhalten, dass Wohnen dann als„sozial“ gilt, wenn es den Menschen einen angenehmen, den Bedürfnissen entsprechenden undbezahlbaren Wohnraum bietet. Aus professioneller Sicht greift dieses Verständnis jedoch zu kurz,da Wohnen mehr ist, als die bloße Existenz eines Hauses bzw. einer Wohnung (als Privateigentum)und das Vorhandensein notwendiger finanzieller Ressourcen.Für Luxemburg scheint jedoch, dass sich die Wohnsituation an der finanziellen Situationentscheidet. Dabei gibt es noch „andere“ Menschen, bei denen nicht vordergründig das Mieten oderKaufen im Vordergrund steht, sondern wo es erstmals um den Erwerb einer Adresse geht. Dennmit dem Besitz einer Adresse haben Menschen in Luxemburg Anspruch auf Sozialleistungen.Problematische Wohnverhältnisse tangieren meist Menschen in sozialen Notlagen. Besondersalarmierend ist, dass sich hier eine Negativspirale entwickelt. Soziale Notlagen führen zu prekärenWohnverhältnissen. Wohnen als monetäres Problem, verstärkt und beschleunigt soziale Notlagen.Dabei sind vom regulären, bzw. konventionellen Wohnungsmarkt viele Menschen ausgegrenzt,resp. der Zugang ist ihnen erschwert. Hier einen Zugang oder überhaupt ein geregeltes Angebotzu schaffen, scheint notwendig.In der Praxis versucht man diesem Phänomen prekärer Wohnverhältnisse entgegen zu treten.Somit wurde in Luxemburg, wie auch in vielen anderen europäischen Ländern der Fokus stark aufdie Problematik der Obdachlosigkeit gerichtet. Ein internationales Netzwerk hat sich gebildet, dieFEANTSA. Diese hat Richtlinien zur Bekämpfung prekärer Wohnverhältnisse erarbeitet. Aus dieserZusammenarbeit hat sich eine, für die Praxis wichtige Auflistung problematischer Wohnverhältnisseentwickelt, mit besonderem Fokus auf die zu unterscheidenden Bereiche: Obdachlosigkeit,Wohnungslosigkeit und prekäre Wohnversorgung 8 .● „Als obdachlos gelten Menschen, die auf der Straße leben, an öffentlichen Plätzen wohnen,ohne eine Unterkunft, die sich in Verschlägen, Parks oder unter Brücken aufhalten. Obdachlos sindaber auch Menschen in Notunterkünften, die keinen festen Wohnsitz haben (...).“4) Eine Fallvignette ist die synthetische Darstellung einer dokumentierten Fallgeschichte in der sozialen Arbeit, Psychologie oder Medizin. Siedient der Ausbildung, kritischen Reflexion und Interpretation eines Fallverständnisses sowie möglicher oder bereits erfolgter sozialarbeiterischerInterventionen.5) Braun & Wetzel (2010)6) Gesetz: Logements sociaux7) Gesetz von 1979 Logements sociaux, Bail à loyer 2006, Pacte logement 20088) ETHOS – Europäische Typologie für Obdachlosigkeit, Wohnungslosigkeit und prekäre Wohnversorgung. Nach BAWO – BundesarbeitsgemeinschaftWohnungslosenhilfe.130RESONORD - Sozialberichterstattung 2011 RESONORD - Sozialberichterstattung 2011 131

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