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3Von Wohnproblematiken ist der AIS und dem FNS zufolge dann die Rede, wenn gesundheitsgefährdendeWohnverhältnisse (zum Beispiel durch starken Schimmelbefall), mangelhafte sanitäreEinrichtungen, zu kleiner Wohnraum, Risiken des Wohnrechtsentzug oder ungesicherte undungeschützte Wohnverhältnisse vorliegen. Auch Diskriminierung und Stigmatisierung könnendie Wohnsituation beeinflussen und prekäre Wohnverhältnisse provozieren. Dies trifft vor allemMenschen in sozialen Notlagen. Zu dieser höchst heterogenen Gruppe zählen heute: Mindesteinkommensbezieher,Arbeitslose, Alleinerziehende, Menschen mit Migrationshintergrund oder mitungesicherten Arbeitsverhältnissen, ältere Menschen, und Menschen mit einer Suchtproblematiksowie Menschen mit aktuellen oder erfahrenen psychischen Leiden. Dabei liegt die Annahme zuGrunde, dass die Wohnverhältnisse wesentlich zur Förderung respektive Hemmung sozialer Notlagenführen. An dieser Stelle kann man auf die Wohnsituation einer Familie in der RESONORDRegion hinweisen. Als Mieter bewohnt die Familie ein Haus, welches stark von Schimmel befallenist. Die Gesundheitsinspektion hat dieses Haus nach der Besichtigung für nicht bewohnbar undgesundheitsschädlich erklärt. Und doch will die Familie nicht ausziehen. Sie haben Angst vor Überverschuldung.Deshalb wollen sie noch ein Jahr in dem Haus bleiben und erst nach Abbezahlungdes Darlehens eine andere Unterkunft suchen. Auch die Gemeinde ist darüber informiert, dochbislang interveniert keiner.Wohnproblematiken sind keineswegs als isolierte Probleme zu begreifen. Vielmehr resultierensie aus einem Zusammenspiel gesellschaftlicher und biographischer Problemursachen. Zuhohe Mietpreise oder schlechte Wohnverhältnisse addieren sich dann zu, wie sich in der Praxis zeigt,familiären Problematiken, Arbeitslosigkeit, Krankheit, Migrationshintergrund, Scheidung, Gewaltoder anderen sozialen Notlagen.Problematische Wohnverhältnisse stehen oft am Ende einer Problemkette und machen sozialeNotlagen überhaupt erst sichtbar und spürbar. Dabei steht die Frage im Vordergrund: Inwiefernbeeinflussen Wohnverhältnisse einer Familie/Person soziale Notlagen? Zusammenhänge zwischenArmut und problematischen Wohnverhältnissen liegen auf der Hand. So ist festzustellen,dass Wohnungsnot als monetäres Problem wesentlich zur Verschärfung der Wohnproblematik,als soziales Problem beiträgt. Im Jahr 2009 sahen sich 14,9% der Bevölkerung einem Armutsrisikoausgesetzt 21 . Armut als multidimensionales Phänomen, das unterschiedliche Lebensbereichetangiert, fördert sodann soziale Exklusion.Wohnungsnot, Wohnproblematiken und Wohnverhältnisse bedingen sich somit wechselseitigund können eine Abwärtsspirale für die Betroffenen darstellen. Faktoren in dieser Wechselwirkungsind:- nicht oder unbezahlbarer Wohnraum, bzw. zu hohe Mietkosten,- ungenügendes Angebot an Mietraum,- starke Fokussierung auf Eigentumserwerb,- gesundheitsgefährdende Wohnverhältnisse,- mangelhafte sanitäre Einrichtungen,- Risiken des Wohnrechtsentzugs, bzw. ungeschützte Wohnverhältnisse,- Diskriminierung und Stigmatisierung bestimmter Wohnbevölkerungen, Wohnverhältnisse,Wohnformen oder Wohnorte.21) Statec (2010).3.2.2 Unterschiedlich verfügbarer Wohnraum auf dem Wohn(ungs)marktWenn es also sozialen Wohnraum gibt, warum sprechen wir trotzdem von Wohnungsnot? Ausden Gesprächen mit der AIS und dem FNS geht hervor, dass ein Angebot im Bereich des sozialenImmobilienmarktes besteht. Die Herausforderungen sind jedoch lange Wartezeiten und beschränkteAufnahmebedingungen. In Luxemburg sind es vor allem die SNHBM, der FDL und dieWunnengshëllef asbl die den sozialen Wohnungsmarkt dominieren. Mit der Agence immobilièresociale (AIS) wurde jedoch ein weiteres, alternatives Angebot geschaffen. Dabei birgt diese„soziale Immobilienagentur“ Innovationspotential für die Zukunft. Wie bei einer normalen Immobilienagentur,versteht sich die AIS als Vermittler. Ziel ist es leer stehende Wohnungen zu mieten,mit den Eigentümern günstige Verträge auszuhandeln und die Wohnungen für Menschen in sozialenNotlagen zu einem günstigen Mietpreis weiterzuvermieten.Weiter erklärt die AIS, dass die Wohnung nur ein „Mittel zum Zweck“ ist. Vordergründig geht esimmer um ein soziales Projekt; sei dies die Wiederaufnahme einer Arbeit, die Behandlung einerSuchterkrankung oder ähnliches. Denn bei Menschen mit multiproblematischen Notlagen, ist dieWohnsituation das Phänomen was meist am Ende einer Negativspirale von Problemen, sichtbarund am dringendsten wird. Die Wohnsituation zu stabilisieren gilt dann als Priorität. Danach sollenweitere Schritte in Richtung soziale Inklusion genommen werden.Jedoch fallen beim bestehenden Angebot, laut AIS und FNS weiterhin viele Menschen in sozialenNotlagen durchs Hilferaster. Der soziale Wohnraum, bietet alternative und günstigere Wohnmöglichkeitenfür Menschen mit niedrigem Einkommen (aber nicht nur). Allerdings lässt sich inder Praxis feststellen, dass dieses Angebot teilweise noch zu hochschwellig ist. Es bedarf diverserWohnstrukturen für Menschen in sozialen Notlagen/schwierigen Lebenslagen. Ebenso breit wiedie Bedürfnisse der Menschen sind, genauso heterogen sollte ein entsprechendes Wohnangebotsein. Damit entfernen wir uns jedoch vom konventionellen Wohnungs- und Immobilienmarkt -zu dem auch das Angebot des sozialen Wohnungsbaus zu zählen ist – hin zum unkonventionellenWohnungsmarkt sowie einem atypischen/ungeschützten Wohnmarkt. Grauzonen tun sich auf.Zum unkonventionellen Wohnungsmarkt zählen wir Kinderheime, Erziehungsanstalten und Schulinternate,Jugendwohngruppen, Frauenhäuser, Settings von begleitetem und betreutem Wohnenfür Erwachsene, Obdachlosenheime, Wohnstrukturen für Menschen mit Behinderung und ältereMenschen sowie Unterkünfte für Asylantragsteller. In der RESONORD Region gibt es einige solcherAngebote. Obdachlosenheime gibt es hier nicht, diese konzentrieren sich auf die zwei großenurbanen Räume in Luxemburg (Luxemburg Stadt und Esch-Alzette). Im Rahmen der Sozialreportagewurden zwei betreute Wohnstrukturen aufgesucht. Das „Foyer de l’Entraide Hautbellain“ derCNDS und das Foyer Eschweiler der FMPO.Atypisch nennen wir jene Unterbringungsmöglichkeiten, deren Reglementierung sich in Grauzonenbefindet und gesetzliche Reglungen den Bewohnern meist wenig oder überhaupt keinenSchutz bietet. Familienpensionen, Wohnwägen und „Cafészëmmeren“, gehören zu jenem atypischenWohnangebot. In der Praxis gibt es große Unterschiede in der Art und Weise der Unterbringung,der Betreuungsmöglichkeiten, der Wohnverhältnisse und der Lebensqualität. Gemeinsamist diesen Unterkünften, dass es sich um Parallelangebote zum konventionellen Wohnungsmarkthandelt.136RESONORD - Sozialberichterstattung 2011 RESONORD - Sozialberichterstattung 2011 137

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