8 | 2008 - Schiffahrt und Technik
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HAFEN TRANSPORT INTERMODAL<br />
Seehäfen <strong>und</strong> Binnenhäfen arbeiten immer<br />
enger zusammen<br />
Der mit Containern bewältigte Welthandel ist im vergangenen<br />
Jahrzehnt von 14 Mio. TEU in 1995 auf 43 Mio. TEU im Jahre<br />
2006 hochgeschnellt. Davon entfallen allein 13,9 Mio. TEU auf<br />
den Verkehr Asien-USA <strong>und</strong> 12,5 Mio. TEU auf den von Asien nach<br />
Europa, zeigte Prof. Jean-Paul Rodrigue von der Hofstra University<br />
New York auf. Die Reedereien lassen immer größere Containerschiffe<br />
bauen, doch um diese wirtschaftlich einsetzen zu können, fahren sie<br />
immer weniger Häfen an. Das hat eine Konzentration von immer größeren<br />
Containermengen auf immer weniger Häfen zur Folge, die diese<br />
nur bewältigen können, wenn sie den eingehenden Strom schnellstmöglich<br />
per Feederschiff zu kleineren Seeterminals sowie per Bahn<br />
oder Binnenschiff zu Satellitenterminals oder intermodalen Hubs im<br />
Hinterland weiterleiten.<br />
Dafür bieten sich Binnenhäfen geradezu an. Da einerseits der Ausweitung<br />
des Lkw-Verkehrs zwischen Seehäfen <strong>und</strong> Hinterland Grenzen<br />
gesetzt sind, andererseits aber die Binnenwasserstraßen über reichlich<br />
Kapazitätsreserven verfügen, sollten öffentliche <strong>und</strong> private Investitionen<br />
vorrangig auf die Infrastruktur für Binnenschiff <strong>und</strong> Binnenhäfen<br />
konzentriert werden, betonte Prof. Michel Savy von der Universität Paris<br />
12. Der intermodale Verkehr habe heute erst einen Anteil von 5 % des<br />
Gesamtfrachtaufkommens in Europa. Nur bei der Bahn sind es immerhin<br />
schon 25 %. Das werde sich ändern. Für längere Wege zwischen Seehäfen<br />
<strong>und</strong> dem Hinterland werden sich Bahn <strong>und</strong> Binnenschiff mehr <strong>und</strong><br />
mehr durchsetzen, während der Straßentransport unverzichtbar bleibt<br />
für den Transport auf dem letzten Stück bis zum K<strong>und</strong>en. „Dabei muss<br />
jedes Glied der multimodalen Lieferkette die gleiche Qualität sichern wie<br />
der vergleichbare Straßentransport <strong>und</strong> die Kosteneinsparung für den<br />
Transport muss den Mehraufwand für den zusätzlichen Umschlag mehr<br />
als kompensieren“, mahnte Prof. Savy.<br />
Über den Containerumschlag hinaus sollten sich die Binnenhäfen<br />
einträgliche Zusatzleistungen sichern, meinte Prof. Cathy Macharis<br />
von der Universität Brüssel. Dazu gehören die Lagerung, Wartung <strong>und</strong><br />
Reparatur von Leercontainern sowie Logistikleistungen. Dazu sollten<br />
sich die Häfen rechtzeitig entsprechende Infrastrukturen schaffen,<br />
wozu sie aufgr<strong>und</strong> ihrer Geländereserven wesentlich besser in der<br />
Lage sind, als die eingeengten Seehäfen. Am Beispiel des Hafens von<br />
Paris, der Gastgeber des Kongresses war <strong>und</strong> der den Teilnehmern<br />
zum Abschluss eine Hafenr<strong>und</strong>fahrt bot, legte Generaldirektorin Marie-<br />
Containerterminal im Hafen Paris | Bild: Klingsieck<br />
3. Europäische Binnenhafenkonferenz<br />
in Paris<br />
Mit der Überlastung der Seehäfen kommt auf immer mehr Binnenhäfen eine neue Rolle als Hinterlandplattformen<br />
für das Sammeln bzw. Verteilen der Containerströme zu. Dies zählte zu den wichtigsten Themen auf<br />
der 3. Europäischen Binnenhafenkonferenz Ende Oktober in Paris.<br />
Anne Bacot dar, wie eine beiderseits nutzbringende Zusammenarbeit<br />
zwischen See- <strong>und</strong> Binnenhafen aussehen kann. Der Hafen von Paris<br />
hat sich mit seinen Containerumschlagkapazitäten schon vor Jahren auf<br />
den Bau des neuen Containerhafens Port 2000 in Le Havre eingestellt.<br />
So konnte der steil gestiegene Containertransport über die Seine, der<br />
2007 r<strong>und</strong> 100.000 TEU erreichte, bisher reibungslos bewältigt werden.<br />
Bis 2010 wird die Kapazität des Terminals im Pariser Hafen Gennevilliers<br />
noch einmal verdoppelt. Seit 2007 sind Terminals in Bonneuil-sur-<br />
Marne <strong>und</strong> Limay hinzugekommen <strong>und</strong> in den nächsten Jahren werden<br />
schrittweise weitere Terminals in Evry, Montereau-Fault-Yonne <strong>und</strong><br />
Bruyère-sur-Oise in Betrieb genommen.<br />
Wie der multimodale Verkehr die Rolle des Binnenhafens steigert,<br />
konnte auch Jean-Marc Uhrweiller, Entwicklungsdirektor des Hafens<br />
Straßburg, darlegen. Dieser Hafen ist durch regelmäßige Schifffahrtslinien<br />
mit den Seehäfen Rotterdam, Antwerpen <strong>und</strong> Amsterdam verb<strong>und</strong>en<br />
<strong>und</strong> durch Bahnlinien mit Le Havre, Dünkirchen, Zeebrügge,<br />
Antwerpen <strong>und</strong> Marseille. Da dementsprechend der Bedarf an Infrastruktur<br />
gestiegen ist, entsteht gegenwärtig an der Europabrücke<br />
über den Rhein ein drittes Terminal, das 2010 in Betrieb genommen<br />
wird, <strong>und</strong> danach ein viertes im neuen Hafengelände im nahen Lauterbach.<br />
In einem viel beachteten Vortrag legte Ian Miller von der Beraterfi rma<br />
Init-8 dar, wie man dem Problem der Staus von Binnenschiffen<br />
im Hafen von Rotterdam begegnet. Dieser Verkehr hat seit den 80er<br />
Jahren sehr stark zugenommen. Heute kommen täglich bis zu 100<br />
Binnenschiffe nach Rotterdam <strong>und</strong> müssen hier im Schnitt neun der<br />
insgesamt 30 Terminals anfahren, um jeweils eine mehr oder weniger<br />
große Zahl von Containern zu laden oder zu löschen. Bisher mussten<br />
sie im voraus für jedes dieser Terminals die Anlegezeiten aushandeln.<br />
Das war langwierig <strong>und</strong> aufgr<strong>und</strong> der ungeheuer großen Zahl zu berücksichtigender<br />
Anträge sehr kompliziert. Zeitverluste <strong>und</strong> Frustrationen<br />
waren so kaum zu vermeiden. Letztendlich ging dadurch sogar<br />
der Anteil der Transporte per Binnenschiff leicht zurück. Die Berater<br />
ließen schließlich von Informatikern der Universität ein Programm<br />
entwickeln, das alle Anträge <strong>und</strong> die Unzahl sich daraus ergebender<br />
Zeitfenster-Varianten mit leistungsstarken Computern durchrechnet<br />
<strong>und</strong> jetzt täglich eine optimale Tabelle der Anlegezeiten für alle<br />
Schiffe liefert. ■ Ralf Klingsieck<br />
58 | 8|<strong>2008</strong>