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Schmerz Therapie Deutsche Gesellschaft für Schmerztherapie eV

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• entzündliche Prozesse im Bereich der Halswirbelsäule<br />

(Spondylarthritis),<br />

• chronisch obstruktive Atemwegserkrankungen,<br />

• degenerative Erkrankungen des ZNS (z.B.<br />

bei Morbus Parkinson),<br />

• schlafassoziierte Kopfschmerzen, engl.<br />

„Hypnic Headache“ (Die Betroffenen werden<br />

ein bis zweimal pro Nacht – und zwar in der<br />

Regel jede Nacht – durch einen Kopfschmerzanfall<br />

aus dem Schlaf gerissen, der<br />

eine halbe Stunde oder länger andauert).<br />

Auch im Alter finden sich somit primäre<br />

und sekundäre Kopfschmerzen. Da<br />

sekundäre Kopfschmerzen im Alter jedoch<br />

mit größerer Häufigkeit auftreten als in jüngeren<br />

Lebensjahren, muss die allgemeine<br />

und neurologische Untersuchung von<br />

älteren Patienten besonders sorgfältig<br />

erfolgen.<br />

Beim Neuauftreten von primären<br />

Kopfschmerzen im höheren Alter muss<br />

immer an sekundäre Ursachen gedacht<br />

und sorgfältig nach strukturellen Läsionen<br />

gefahndet werden. Dies erfordert auch<br />

häufiger den Einsatz von Zusatzuntersuchungen<br />

in Form von Labordiagnostik<br />

oder Bild gebenden Verfahren [4-7].<br />

Primäre Kopfschmerzformen<br />

Migräne<br />

Nur circa 2–3% der Migränepatienten erleiden<br />

ihre erste Migräneattacke jenseits<br />

des Alters von 50 Jahren. Über dem 65.<br />

Lebensjahr sind nur rund 2,9–10,5% der<br />

Menschen überhaupt von Migräneattacken<br />

betroffen.<br />

Mit dem Alter kann sich die Phänotypologie<br />

der Migräneattacken ändern. So ist die<br />

Häufigkeit von Migräneauren im Alter geringer<br />

als in jüngeren Jahren, Migränepatienten verlieren<br />

beim Älterwerden die Wahrscheinlichkeit<br />

<strong>für</strong> die Entstehung von Auren. Mit zunehmendem<br />

Voranschreiten des Alters können jedoch<br />

auch neue Migräneunterformen prägnant<br />

werden, zumeist die Migräneaura ohne Kopfschmerz.<br />

Bei dieser Form treten nur noch Auren<br />

auf, ohne dass eine Kopfschmerzphase<br />

folgt [8].<br />

Begleiterkrankungen, die im Alter häufiger<br />

auftreten können als in jüngeren Jahren,<br />

können die Behandlung der Migräneattacken<br />

erschweren und die Symptome der Migräneanfälle<br />

intensivieren. Dies gilt beispielsweise<br />

<strong>für</strong> L-Dopa. Andererseits können Arzneimittel,<br />

die zur Behandlung von Erkrankungen im Alter<br />

vermehrt eingesetzt werden, den Migräneverlauf<br />

abschwächen, beispielsweise Beta-Rezeptorenblocker<br />

oder Kalziumantagonisten<br />

zur Behandlung der Hypertonie. Eine zereb-<br />

SCHMERZTHERAPIE Nr. 4/2005 (21. Jg.)<br />

Archiv Urban&Vogel<br />

rale Hypoxie, die paroxysmal aufgrund einer<br />

ischämischen Herzerkrankung auftritt, kann<br />

sich durch eine Behandlung mit Nitraten verbessern.<br />

Andererseits können jedoch gerade<br />

Nitrate zu substanzinduzierten Kopfschmerzen<br />

führen. Diese durch Nitrate ausgelösten<br />

Kopfschmerzen weisen sehr häufig auch die<br />

Phänotypologie von Migräneattacken auf und<br />

können dann nur schwer von spontanen Migräneattacken<br />

unterschieden werden.<br />

Die Attackenkupierung der Migräne ist im<br />

Alter erschwert. Die Triptane sind nur bis zum<br />

Patienten malen ihren <strong>Schmerz</strong> ...<br />

65. Lebensjahr zugelassen, da <strong>für</strong> höhere Altersjahrgänge<br />

keine klinischen Studien durchgeführt<br />

wurden. Besonders problematisch ist<br />

diese Situation, wenn Patientinnen oder Patienten<br />

bis zum 65. Lebensjahr sehr gut auf Triptane<br />

reagiert haben, d.h. wenn diese sowohl<br />

hocheffektiv als auch verträglich waren. Bei<br />

gleichzeitiger Ineffektivität von Analgetika, ist<br />

eine Beherrschung der Migräneattacken dann<br />

bei einem Verzicht auf Triptane praktisch nicht<br />

möglich.<br />

Dies gilt auch, wenn Erkrankungen im<br />

Alter auftreten, die Kontraindikationen <strong>für</strong> Triptane<br />

darstellen wie zum Beispiel eine schwere<br />

arterielle Hypertonie oder zerebrovaskuläre<br />

Erkrankungen. Alterserkrankungen können<br />

auch den Einsatz einer Reihe von Prophylaktika<br />

verbieten. Genannt seien hier Flunarizin<br />

bei Bestehen einer Altersdepression oder trizyklische<br />

Antidepressiva bei Vorliegen eines<br />

Glaukoms oder von Herzerkrankungen.<br />

Aufgrund unterschiedlicher Metabolisierungsmechanismen<br />

und der unterschiedli-<br />

Geriatrie<br />

chen Verteilung von Fettgewebe sind Pharmakokinetik<br />

und Pharmakodynamik im Alter im<br />

Vergleich zu jüngeren Jahrgängen verändert.<br />

Daher können sich Verträglichkeit und Wirksamkeit<br />

von Arzneimitteln im Alter deutlich<br />

verändern. Zentrale Nebenwirkungen wie zum<br />

Beispiel Müdigkeit oder Konzentrationsstörungen<br />

sind im Alter häufiger anzutreffen als in<br />

jüngeren Jahren. Dies gilt insbesondere dann,<br />

wenn eine Dehydration vorliegt. Bei der <strong>Therapie</strong>ein-<br />

und -umstellung gilt daher gerade im<br />

Alter, dass man sehr vorsichtig ein- und nur<br />

langsam aufdosiert. Dieses Vorgehen<br />

ist Voraussetzung <strong>für</strong> eine optimale<br />

Verträglichkeit und das Vermeiden von<br />

Nebenwirkungen.<br />

Der Einsatz von nicht steroidalen<br />

Antiphlogistika kann im erhöhten<br />

Lebensalter mit größerer Wahrscheinlichkeit<br />

die Magenschleimhaut irritieren<br />

oder gar Ulzera bedingen. Darüber hinaus<br />

können Interaktionen mit Antikoagulanzien,<br />

Antihypertensiva, Digoxin<br />

und Hypoglykämika sowie Diuretika<br />

eintreten. Auch aus diesen Gründen<br />

sollten im höheren Lebensalter verhaltensmedizinische<strong>Therapie</strong>maßnahmen<br />

besonders intensiv genutzt<br />

werden, um arzneimittelbedingte Nebenwirkungen<br />

zu reduzieren. Dazu<br />

gehören in erster Linie das Einhalten<br />

eines regelmäßigen Schlaf-Wach-<br />

Rhythmus, die Vermeidung von Triggerfaktoren,<br />

eine regelmäßige Ernährung<br />

und ausreichende Flüssigkeitszufuhr.<br />

Das Erlernen eines Entspannungstrainings<br />

sollte ebenfalls zum <strong>Therapie</strong>programm<br />

gehören. Aber auch die Vermeidung<br />

übermäßiger Koffeinzufuhr sollte bedacht<br />

werden. Schließlich sollte die <strong>Therapie</strong> von<br />

Begleiterkrankungen, insbesondere Depressionen,<br />

Stressstörungen sowie einer arteriellen<br />

Hypertonie, berücksichtigt werden.<br />

Kopfschmerzen vom Spannungstyp<br />

Die Häufigkeit des episodischen Kopfschmerzes<br />

vom Spannungstyp ist in der Lebensspanne<br />

weit gehend konstant. Der chronische Kopfschmerz<br />

vom Spannungstyp findet sich dagegen<br />

im höheren Lebensalter häufiger. Während<br />

bis zum 30. Lebensjahr nur 2% der Bevölkerung<br />

betroffen sind, leiden im Alter über 60<br />

Jahren 4% an dieser Kopfschmerzform.<br />

Die Behandlung des Kopfschmerzes vom<br />

Spannungstyp muss im Alter besonders auf<br />

aggravierende Faktoren der chronischen Verlaufsform<br />

ausgerichtet sein. Hierzu gehören<br />

• die oromandibuläre Dysfunktion (z.B. aufgrund<br />

einer Hyperaktivität des M. masseter<br />

oder des M. temporalis),<br />

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