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Schmerz Therapie Deutsche Gesellschaft für Schmerztherapie eV

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te noch eine Herausforderung dar. Da eine<br />

kausale <strong>Therapie</strong> nur in den seltensten Fällen<br />

möglich ist, muss sich die Behandlung auf eine<br />

symptomatische <strong>Therapie</strong> beschränken. Als<br />

Mittel zur akuten <strong>Schmerz</strong>coupierung und zur<br />

Unterbrechung der permanenten Reizdepolarisation<br />

bei Neuralgien hat sich bei genauer<br />

Beachtung der Risiken und Kontraindikationen<br />

die therapeutische Lokalanästhesie mit Bupivacain<br />

über mehrere Tage bewährt. Ergänzend<br />

wird die transkutane elektrische Nervstimulation<br />

(TENS) probeweise eingesetzt. Für die medikamentöse<br />

Behandlung stehen neben den<br />

Antikonvulsiva Carbamazepin und Phenytoin<br />

auch neuere Substanzen wie Gabapentin und<br />

Pregabalin zur Verfügung.<br />

Neuralgiforme <strong>Schmerz</strong>en<br />

Nicht selten stellen sich auch Patienten mit<br />

Dauerschmerzen und paroxysomaler Verschlechterung,<br />

jedoch ohne erkennbaren Triggermechanismus<br />

und ohne vegetative oder<br />

motorische Begleiterscheinungen in der mundkiefer-gesichtschirurgischen<br />

Praxis vor. Entsprechend<br />

des Stufenschemas aus der Tabelle<br />

4 lassen sich meistens odontogene, parodontale<br />

oder andere Ursachen ausmachen.<br />

Häufig handelt es sich ähnlich wie beim atypischen<br />

Gesichtsschmerz auch um ältere Patienten.<br />

Speziell bei ausgedehnter Alveolarfortsatzatrophie<br />

und Zahnlosigkeit im Unterkiefer<br />

kann es zu Irritationen des N. mentalis kommen.<br />

Durch die ausgedehnte Atrophie des<br />

Unterkiefers liegt der Nerv am Foramen mentale<br />

oder in seinem Verlauf submukös, was zu<br />

einer Traumatisierung durch die schleimhautgetragene<br />

Unterkieferprothese führen kann<br />

(Abb. 1).<br />

In der letzten Zeit ist auf mund-kiefer-gesichtschirurgischem<br />

Gebiet ein Anstieg von<br />

neuralgiformen Beschwerden im Zusammenhang<br />

mit infizierten Osteonekrosen zu verzeichnen.<br />

Als Ursache wird der zunehmende<br />

Einsatz von Bisphosphonaten zur Behandlung<br />

von osteolytischen Knochenmetastasen bei<br />

soliden Tumoren, Osteolysen beim multiplen<br />

Myelom und Osteoporose aufgeführt. Klinisch<br />

imponierten Nekrosen wie dentale Abszesse,<br />

„Zahnschmerzen“ oder wunde Stellen im Bereich<br />

des Zahnfleisches. Der Unterkiefer ist<br />

aufgrund des höheren Anteils weniger durchbluteter<br />

Kompakta gegenüber dem Oberkiefer<br />

häufiger betroffen. Zahnextraktionen oder profunde<br />

Druckstellen stehen häufig am Beginn<br />

der Episoden. Der Kausalzusammenhang der<br />

Osteonekrosen des Kiefers mit Bisphosphonaten<br />

ist bislang nicht abschließend gesichert,<br />

gilt jedoch durch den Wirkungsmechanismus<br />

als sehr wahrscheinlich. Da diese Patienten<br />

wegen ihrer malignen Grunderkrankung eine<br />

SCHMERZTHERAPIE Nr. 4/2005 (21. Jg.)<br />

zytostatische Chemotherapie<br />

und oft weitere Medikamente<br />

erhalten, ist eine Wirkungsverstärkung<br />

nicht auszuschließen.<br />

Auch Systemerkrankungen<br />

der Knochen wie zum<br />

Beispiel die Osteodystrophie<br />

deformans (Morbus Paget)<br />

oder die fibröse Dysplasie<br />

können Ausgangspunkt neuralgieformer<br />

Gesichts- und<br />

Kopfschmerzen sein, deren<br />

Ursache häufig, wohl auch<br />

wegen der Seltenheit dieser<br />

Erkrankungen, übersehen<br />

oder fehlgedeutet werden.<br />

Charakteristisch ist ein<br />

dumpfer Knochenschmerz,<br />

der von Zahnlockerungen<br />

und Fehlstellungen sowie im<br />

weiteren Verlauf auch VisuseinschränkungenSchwerhörigkeit<br />

und pathologische<br />

Frakturen begleitet sein kann<br />

(Abb. 2). Neben der konventionellen<br />

<strong>Schmerz</strong>therapie haben die modellierende<br />

Osteotomie und Neurolyse, ggf. als<br />

interdisziplinär durchgeführter Eingriff, mit<br />

der Neurochirurgie einen festen Platz in der<br />

<strong>Therapie</strong> der Systemerkrankungen. Durch die<br />

Einführung moderner CT- und MRT- basierter<br />

Navigationssysteme lassen sich einerseits<br />

minimalinvasive Zugänge bei schädelbasisnahen<br />

Eingriffen realisieren, andererseits die<br />

Komplikationsrate durch die Verletzung von<br />

Nachbarstrukturen minimieren.<br />

Oromandibuläre Funktions-<br />

störungen (OMD)<br />

Der Begriff „Oromandibuläre Funktionsstörungen“<br />

wurde als Sammelbegriff der IHS <strong>für</strong> eine<br />

Zahn-Mund-Kiefer-Chirurgie<br />

Abb. 1: Ausgedehnte Alveolarfortsatzatrophie des Unterkiefers<br />

mit submukös gelegenem N. mentalis (Pfeil) vor und<br />

nach Becken-Kammaugmentation und Insertion von vier<br />

ennossalen Implantaten.<br />

Reihe von Funktionsstörungen der Kaumuskulatur,<br />

der Kiefergelenke sowie deren Begleitstrukturen<br />

gewählt. Früher gebrauchte<br />

Begriffe wie „myofaziales <strong>Schmerz</strong>-Dysfunktionssyndrom“,<br />

„Myoarthropathie“ oder „kranio-mandibuläre<br />

Dysfunktion“ werden unter<br />

den oromandibulären Funktionsstörungen<br />

subsumiert. Die diagnostischen Kriterien der<br />

IHS sind in Tabelle 2 aufgeführt.<br />

Ursächlich <strong>für</strong> dieses Beschwerdebild,<br />

dass auch unter dem historischen Begriff<br />

„Costen-Syndrom“ bekannt ist, soll nach Meinung<br />

einiger Autoren der frühzeitige Verlust<br />

der Molaren mit konsekutiver Bisssenkung<br />

sein. Die Absenkung des Kiefergelenkkopfes<br />

in die Fossa articularis führe zu einer isolierten<br />

Abb. 2: Fibröse Dysplasie des linken Oberkiefers bei einem 19-jährigen Patienten mit Beteiligung<br />

des N. infraorbitalis (Pfeil).<br />

5<br />

Martin Scheer<br />

Martin Scheer

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