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Schmerz Therapie Deutsche Gesellschaft für Schmerztherapie eV

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Zentraler <strong>Schmerz</strong> nach Apoplex<br />

Eine Läsion im zentralen Nervensystem, z.B. nach apoplektischem Hirninsult,<br />

kann Ursache <strong>für</strong> chronische <strong>Schmerz</strong>en sein. Dieser als zentraler<br />

<strong>Schmerz</strong> definierte <strong>Schmerz</strong> imponiert nicht selten durch neuropathische<br />

Symptome. Nach wie vor gilt der zentrale <strong>Schmerz</strong> als schwer behandelbar.<br />

<strong>Therapie</strong>konzepte sollten sich am Behandlungsalgorithmus neuropatischer<br />

<strong>Schmerz</strong>en orientieren. Dabei kann ein individueller <strong>Therapie</strong>versuch<br />

mit einer hochwirksamen und gleichsam sicher retardierten<br />

Substanz wie Oxycodon als Ergänzung zu einem modernen Antikonvulsivum<br />

indiziert sein, berichten Dr. med. Ilka Kniesel, Muri (CH), und Dr.<br />

med. Oliver Emrich, Ludwigshafen.<br />

Praxisfall<br />

Ein 75-jähriger Patient stellt sich in Begleitung<br />

seiner Ehefrau in unserer <strong>Schmerz</strong>ambulanz<br />

mit nahezu unerträglich stechenden, glühenden<br />

und brennenden <strong>Schmerz</strong>en im Bereich<br />

der linken Körperhälfte vor. Die Anamnese ergibt<br />

zwei stattgehabte zerebrale Insulte (Februar<br />

1998, September 1999) mit armbetonter<br />

spastischer Hemiparese. Der <strong>Schmerz</strong> hätte<br />

nach dem zweiten Ereignis deutlich an Intensität<br />

zugenommen. Außerdem sei ihm aufgefallen,<br />

dass Rhythmik und Intensität der<br />

<strong>Schmerz</strong>en häufig wechseln. Auf der nummerischen<br />

Analogskala von 0 = kein und 10 =<br />

max. <strong>Schmerz</strong> gibt er eine Durchschnittsschmerzstärke<br />

von 8 an. <strong>Schmerz</strong>bedingt sei<br />

sein Schlaf im Sinne von Durchschlafstörungen<br />

beeinträchtigt. Er fühlt sich niedergeschlagen,<br />

da er, schon im Rollstuhl sitzend, in der<br />

häuslichen Umgebung zunehmend auf die Hilfe<br />

seiner Frau angewiesen ist.<br />

Diagnose<br />

Bei der körperlichen Untersuchung zeigt sich<br />

ein altersentsprechender Allgemein- und Ernährungszustand<br />

des Patienten. Insgesamt<br />

erscheint er etwas verlangsamt. In den betroffenen<br />

Körperarealen ist die Sensibilität diskret<br />

gestört, außerdem findet sich eine Hyperalgesie.<br />

Die umfangreich durchgeführten neurologischen<br />

Untersuchungen, u.a. mit Bildgebung,<br />

bestätigen die schon bekannten Vorbefunde<br />

entsprechend dem Bild einer zentralen Läsion<br />

auf dem Boden eines apoplektischen Insults.<br />

Die vonseiten des Hausarztes eingeleitete medikamentöse<br />

<strong>Therapie</strong> (Novaminsulfon bei<br />

Bedarf 30 Tropfen, Tramadol zwei- bis dreimal<br />

30 Tropfen täglich) führte bisher nicht zu einer<br />

zufrieden stellenden <strong>Schmerz</strong>reduktion, es<br />

traten allerdings Nebenwirkungen (Übelkeit)<br />

auf. Des Weiteren musste oft die notwendige<br />

physiotherapeutische Übungsbehandlung wegen<br />

<strong>Schmerz</strong>en zeitlich verkürzt werden.<br />

SCHMERZTHERAPIE Nr. 4/2005 (21. Jg.)<br />

Archiv<br />

<strong>Therapie</strong> und Verlauf<br />

Wir klären den Patienten im Beisein seiner<br />

Ehefrau ausführlich über die schwierige <strong>Therapie</strong><br />

zentraler <strong>Schmerz</strong>en auf. Einen wesentlichen<br />

Bestandteil der <strong>Therapie</strong>konzepte stellen<br />

dabei Antikonvulsiva z.B. Pregabalin, dar.<br />

Diese können ergänzt werden durch retardierte<br />

Opioide, deren Wirksamkeit mithilfe eines<br />

individuellen Behandlungsversuches überprüft<br />

werden sollte. Wegen beklagter Nebenwirkungen<br />

(rezidivierender Übelkeit im Anschluss an<br />

die Einnahme von unretardiertem Tramadol)<br />

ersetzen wir die WHO-Stufe-2-Substanz durch<br />

einschleichend dosiertes Oxycodon, 5 mg<br />

zwölfstündlich. Zusätzlich erhält der Patient<br />

Pregabalin 75 mg abends und gegen opioidinduzierte<br />

Emesis Haloperidoltropfen, jeweils<br />

fünf Tropfen vor Opioideinnahme. <strong>Schmerz</strong>spitzen<br />

kann er weiterhin mit Novaminsulfontropfen<br />

kupieren. Über einen Zeitraum von vier<br />

Wochen titrieren wir anhand der <strong>Schmerz</strong>tagebuchaufzeichnungen<br />

die Oxycodondosis auf<br />

zwölfstündlich 20 mg peroral zur laufenden<br />

Medikation mit Pregabalin 75 mg morgens und<br />

abends.<br />

Die Haloperidoltropfen konnten in der<br />

Zwischenzeit abgesetzt werden. Zwecks Obstipationsprophylaxe<br />

erhält er Macrogol zwölf-<br />

Nach Apoplex ist die Feinmotorik zu erlernen.<br />

Der Fall aus der <strong>Schmerz</strong>praxis<br />

Abrechnung (Beispiele)<br />

EBM 2005 – Beispiele<br />

Ersttermin<br />

03111 Ordinationsgebühr (gestaffelt nach Alter,<br />

und Fachgruppe, Prüfzeit 7 Minuten<br />

(Quartal), 145 Punkte<br />

03120 Beratung, Erörterung und/oder Abklärung,<br />

je vollendete 10 Minuten, Prüfzeit je 10<br />

Minuten (Tag), 150 Punkte<br />

Folgetermine<br />

03115 Konsultationsgebühr plus ggf. Komplex-<br />

oder Einzelleistungen (siehe oben bzw.<br />

EBM)<br />

GOÄ<br />

Nur diagnostische „Basisleistungen“<br />

ohne diagnostische und therapeutische<br />

Sonderleistungen<br />

Ersttermin<br />

3 Eingehende, das gewöhnliche Maß übersteigende<br />

Beratungen – auch mittels Fernsprecher<br />

(Dauer mindestens 10 Minuten), 150<br />

Punkte als alleinige Leistung – oder nur neben<br />

5, 6, 7, 8, 800, 801, je nach tatsächlicher Erbringung<br />

8 Ganzkörperstatus 260 Punkte<br />

857 Anwendung und Auswertung orientierender<br />

Testuntersuchungen (z.B. Fragebogentest<br />

nach Eysenck, MPQ oder MPI, Raven-Test,<br />

Sceno-Test, Wartegg-Zeichentest, Haus-<br />

Baum-Mensch, mit Ausnahme des so genannten<br />

Lüscher-Tests), insgesamt 116 Punkte<br />

Folgetermine<br />

1 Beratung, auch mittels Fernsprecher, 80<br />

Punkte<br />

stündlich einen Beutel peroral. Mittlerweile<br />

kann die häuslich verordnete Physiotherapie<br />

wieder konsequent durchgeführt werden und<br />

das <strong>Schmerz</strong>niveau ist um ca. 50% zurückgegangen.<br />

Der Patient wie auch seine Ehefrau<br />

erscheinen wesentlich zufriedener.<br />

Diskussion<br />

Zentrale <strong>Schmerz</strong>en stellen <strong>Schmerz</strong>spezialisten<br />

häufig vor eine therapeutische Herausforderung.<br />

Auf dem Boden einer primären Schädigung<br />

im ZNS resultiert nicht selten ein nur<br />

schwer beeinflussbarer neuropathisch geprägter<br />

<strong>Schmerz</strong>.<br />

Mit einer differenzierten medikamentösen<br />

<strong>Therapie</strong>, basierend auf dem Behandlungsalgorithmus<br />

neuropathischer <strong>Schmerz</strong>en, kann<br />

wirksam weiterer <strong>Schmerz</strong>chronifizierung<br />

entgegengewirkt werden. Dabei kann neben<br />

einem modernen Antikonvulsivum eine Ergänzung<br />

durch eine gut steuerbare wie und<br />

ebenso verträgliche Substanz wie Oxycodon<br />

zum erwünschten Behandlungsziel führen, zumal<br />

sich diese Substanz dadurch auszeichnet,<br />

dass deutlich weniger zentralnervöse Nebenwirkungen<br />

auftreten.<br />

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