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Schmerz Therapie Deutsche Gesellschaft für Schmerztherapie eV

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Der Kopfschmerzcharakter ist am häufigsten<br />

pulsierend und kann bei körperlicher Aktivität<br />

an Intensität zunehmen. Spezifische Merkmale<br />

können jedoch <strong>für</strong> diese Kopfschmerzen nicht<br />

angegeben werden, ein spezieller Phänotyp<br />

besteht nicht.<br />

Kopfschmerzen können ebenfalls bei einer<br />

intrazerebralen Blutung auftreten. Bei kleinen<br />

intraparenchymalen Blutungen können sie<br />

jedoch komplett fehlen, sodass Kopfschmerzen<br />

in keiner Weise ein sicheres Symptom <strong>für</strong><br />

eine zerebrale Blutung darstellen.<br />

Entzündliche Gefäßerkrankungen, insbesondere<br />

die Arteriitis temporalis, sind typische<br />

Alterserkrankungen. Die Arteriitis temporalis<br />

ist jedoch sehr selten. Wenn sie vorhanden ist,<br />

ist eine dringliche Behandlung erforderlich, um<br />

eine Erblindung zu vermeiden.<br />

Die Prävalenz der Arteriitis temporalis im<br />

50. Lebensjahr wird mit 6,8 auf 100 000 Menschen<br />

angegeben, im 80. Lebensjahr findet<br />

sich eine Verzehnfachung der Prävalenz mit<br />

73 auf 100 000 Menschen. Trotz der Seltenheit<br />

muss eine Arteriitis temporalis bei Patienten<br />

über 60 Jahren mit neu aufgetretenen Kopfschmerzen<br />

immer in Erwägung gezogen und<br />

die Blutsenkungsgeschwindigkeit bestimmt<br />

werden.<br />

Bei geringstem Verdacht sollte eine hoch<br />

dosierte Kortikoid-Stoßtherapie durchgeführt<br />

werden. Eine Verzögerung des <strong>Therapie</strong>beginns<br />

durch Warten auf eine Biopsie sollte<br />

nicht toleriert werden, zumal die Biopsie nur<br />

unzuverlässige Ergebnisse erbringt und im<br />

Fall eines negativen Ergebnisses keinen Einfluss<br />

auf die <strong>Therapie</strong>entscheidung hat.<br />

Die Arteriitis temporalis kann mit einer allgemeinen<br />

<strong>Schmerz</strong>empfindlichkeit der perikranialen<br />

Muskulatur einhergehen (Tabelle 2). Lokaler<br />

Druck auf Kopfareale kann die <strong>Schmerz</strong>en<br />

verstärken. Bei 25% der Betroffenen findet sich<br />

begleitend eine Polymyalgia rheumatica mit<br />

Muskelschmerz und Gelenksteifigkeit. Andere<br />

Symptome umfassen Fieber, Gewichtsverlust,<br />

Nachtschweiß, Masseterspasmus, Amaurosis<br />

fugax bis hin zur Erblindung. Eine Herabgestimmtheit<br />

und Depression kann ebenfalls<br />

auftreten. Bei mangelnder Behandlung einer<br />

Arteriitis temporalis ist die Gefahr einer<br />

Erblindung bei 7–60% der Patienten<br />

gegeben. Als weitere Komplikationen<br />

können transitorisch-ischämische Attacken<br />

sowie manifeste Schlaganfälle<br />

auftreten. Die Blutsenkungsgeschwindigkeit<br />

muss nicht erhöht sein, bei über<br />

90% der Patienten finden sich jedoch<br />

Blutsenkungsgeschwindigkeit von über<br />

30 mm/Stunde, bei über 40% von mehr<br />

als 100 mm/Stunde. Die Blutsenkungsgeschwindigkeit<br />

kann durch verschie-<br />

SCHMERZTHERAPIE Nr. 4/2005 (21. Jg.)<br />

denste Kopfschmerzmittel, insbesondere<br />

Azetylsalizylsäure und andere nicht steroidale<br />

Antiphlogistika, artifiziell reduziert sein. Die Arterienbiopsie<br />

sollte innerhalb von 48 Stunden<br />

nach Start der Kortikoidtherapie durchgeführt<br />

werden, um gegebenenfalls noch Riesenzellen<br />

nachweisen zu können. Inadäquat wäre<br />

es, zunächst eine Biopsie zu veranlassen und<br />

dann erst nach Vorliegen der Ergebnisse eine<br />

Steroidtherapie zu starten. Auf eine Magenprotektion<br />

während der Steroidtherapie sollte<br />

geachtet werden.<br />

Intrakranielle Läsionen<br />

Mit zunehmendem Lebensalter steigt die<br />

Wahrscheinlichkeit <strong>für</strong> das Auftreten intrakranieller<br />

Raumforderungen. Dennoch sind sie<br />

insgesamt sehr selten. In jedem Fall muss<br />

beim älteren Patienten mit neuen Kopfschmerzen,<br />

die kontinuierlich zunehmen und insbesondere<br />

wenn sie von neurologischen Ausfällen<br />

begleitet werden, an eine Raumforderung<br />

gedacht und eine zerebrale Bildgebung veranlasst<br />

werden. Mögliche Ursachen <strong>für</strong> Kopfschmerzen<br />

können Hirntumoren, Metastasen,<br />

Hydrozephalus oder auch chronische subdurale<br />

Hämatome sein.<br />

Erkrankungen an Hals, Schädel,<br />

Augen, Ohren und Nase<br />

Degenerative Erkrankungen der Halswirbelsäule<br />

nehmen mit dem Alter zu. Gleichwohl<br />

Symptome Befunde<br />

Sylvie Hofmann<br />

Tabelle 2: Klinische Merkmale der Arteriitis temporalis<br />

• Kopfschmerzen • Einschränkung der Kieferbeweg-<br />

• Muskelschmerzen lichkeit<br />

• Gelenkschmerzen • Schwellung, Druckempfindlich-<br />

keit,<br />

• Erschöpfbarkeit • Pulslosigkeit und<br />

• Depression Verhärtung der Arteria temporalis<br />

• Fieber, Gewichtsverlust,<br />

• Nachtschweiß, Masseterspasmus,<br />

• Amaurosis fugax, Erblindung.<br />

Geriatrie<br />

sind sie in der Regel nicht als Ursache von<br />

Kopfschmerzen verantwortlich zu machen. Okzipitale<br />

Kopfschmerzen beim älteren Patienten<br />

sollten sorgfältigen differenzialdiagnostischen<br />

Erwägungen unterzogen und nicht stereotyp<br />

auf degenerative Veränderungen der Halswirbelsäule<br />

bezogen werden. Die Differenzial-<br />

diagnose schließt die Migräne, den Kopfschmerz<br />

vom Spannungstyp, Kopfschmerzen<br />

bei arterieller Hypertonie, aber auch Erkrankungen<br />

bei intrakraniellen Läsionen mit ein.<br />

Das Engwinkelglaukom im Alter kann<br />

schwere Kopfschmerzattacken auslösen, die<br />

vom Auge in den gesamten Kopf ausstrahlen.<br />

Die <strong>Schmerz</strong>en werden von einer Augenrötung<br />

und Übelkeit begleitet. Ebenfalls treten Sehstörungen<br />

auf.<br />

Entzündliche Erkrankungen von Hals,<br />

Nase und Ohren sind im Alter gelegentliche<br />

Ursache <strong>für</strong> Kopfschmerzen. Entzündungen<br />

des Ohres können durch die Ohrinspektion in<br />

der Regel leicht diagnostiziert werden. Während<br />

eine chronische Sinusitis nicht <strong>für</strong> Kopfschmerzen<br />

verantwortlich ist, kann eine akute<br />

Sinusitis starke ein- oder beidseitige Kopfschmerzen<br />

bedingen, die mit Nasenausfluss<br />

und Fieber einhergehen können. Auch Entzündungen<br />

im Nasen-Rachen-Raum können <strong>für</strong><br />

Kopfschmerzen verantwortlich sein.<br />

Auch Erkrankungen des Kiefergelenkes<br />

mit schmerzhafter Kiefergelenksschwellung<br />

und Einschränkung der Beweglichkeit aufgrund<br />

verschiedener Ursachen können zu<br />

Kopfschmerzen führen.<br />

Stoffwechselbedingte<br />

Kopfschmerzen<br />

Hyperkapnie und Hypoxie, zum Beispiel bei<br />

einer chronisch obstruktiven Lungenerkrankung,<br />

können einen dumpf-drückenden, diffus<br />

lokalisierten Kopfschmerz bedingen. Gerade<br />

ältere Patienten wachen dann am Morgen<br />

mit einem dumpf-drückenden Kopfschmerz<br />

auf und erst eine Stunde nach dem<br />

Aufstehen stellt sich eine Besserung der<br />

Kopfschmerzen ein. Eine Überlagerung durch<br />

Dehydratation und Polyzytämie kann zusätzlich<br />

bestehen. Häufig können diese Kopf-<br />

schmerzen durch Koffeinzufuhr und<br />

Flüssigkeitssubstitution nach dem Aufstehen<br />

effektiv behandelt werden.<br />

Eine ähnliche Grundlage haben<br />

Kopfschmerzen bei einer Anämie, die zu<br />

einer zerebralen Hypoxie führen kann.<br />

Auch chronische Nierenerkrankungen<br />

können zu einem dumpf-drückenden<br />

allgemeinen Kopfschmerz führen. Eine<br />

Hyperkalzämie im Rahmen eines multiplen<br />

Myeloms kann ebenfalls Kopfschmerzen<br />

verursachen. Circa ein Drit-<br />

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