„Muttergebundene Kälberaufzucht in der ökologischen - LandBau eV
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Kapitel 2 Literatur<br />
Nach ungefähr e<strong>in</strong>er Woche, wenn die Mutter-Kalb-B<strong>in</strong>dung gefestigt ist, kehren Mutter und<br />
Kalb zur Herde zurück, wo das Kalb <strong>in</strong> den „K<strong>in</strong><strong>der</strong>garten“ e<strong>in</strong>geführt wird (SCHEUERMANN<br />
1974, SAMBRAUS 1978, REINHARDT 1980, LIDFORS 1994). Diese Kälberuntergruppe<br />
<strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong> R<strong>in</strong><strong>der</strong>herde wird zumeist von e<strong>in</strong>em älteren Tier bewacht (SAMBRAUS 1978,<br />
BARTUSSEK 1988). Während <strong>der</strong> ersten Tage verschlafen die Kälber die meiste Zeit.<br />
Später steigen Spielverhalten und Sozialkontakte unter ihnen stark an. KILEY-<br />
WORTHINGTON (1983) fand heraus, dass die Kuh <strong>in</strong> den ersten beiden Monaten häufiger<br />
Kontakt zum Kalb sucht als das Kalb zur Mutter. Die Kontakthäufigkeit vom Kalb zur Mutter<br />
bleibt über sechs Monate ungefähr gleich, obwohl ab dem dritten Lebensmonat das Kalb<br />
vermehrt soziale Kontakte zu an<strong>der</strong>en Kälbern und Kühen aufbaut. In den ersten e<strong>in</strong> bis zwei<br />
Monaten vergewissert sich die Kuh ständig <strong>der</strong> Anwesenheit des Kalbes, sucht es auf,<br />
beschnuppert es flüchtig und kehrt beruhigt zum Weiden zurück (REINHARDT 1980).<br />
Obwohl die Mutter zuerst mehr auf das Kalb, als das Kalb auf die Mutter fixiert ist, besteht<br />
e<strong>in</strong>e sehr starke Anziehung zwischen beiden. REINHARDT (1980) beobachtete, dass vor<br />
allem die Anziehung des Kalbes zur Mutter ab dem fünften Monat offenkundig wurde, denn<br />
dann begannen die Jungtiere gewohnheitsmäßig zusammen mit <strong>der</strong> Herde zu weiden und<br />
waren dabei immer <strong>in</strong> allernächster Nähe zur Mutter anzutreffen.<br />
Zur natürlichen Entwöhnung kommt es nach acht bis zwölf Monaten, wobei REINHARDT<br />
(1980) beobachtete, dass weibliche Kälber früher abgesetzt wurden als männliche. Die Kühe<br />
versuchen durch Boxen und Bedrohen das Saugen zu unterb<strong>in</strong>den und die Kälber geben<br />
nach e<strong>in</strong>igen Tagen von selbst auf. Nach REINHARDT (1980) bee<strong>in</strong>trächtigt auch das<br />
Absetzen und die Geburt e<strong>in</strong>es neuen Kalbes die feste Beziehung zwischen Mutter und Kalb<br />
nicht. Es entstehen über die Jahre feste Familiengruppen und es wird vermutet, dass diese<br />
matriarchalischen Familiengruppen die Grunde<strong>in</strong>heit natürlicher R<strong>in</strong><strong>der</strong>herden s<strong>in</strong>d.<br />
Die Kuh ist nicht nur Nahrungsquelle für das Kalb, son<strong>der</strong>n auch Sozialpartner höchster<br />
Attraktivität. Ernsthafte Rangause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzungen treten erst <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Alter von neun bis<br />
zehn Monaten auf, die aber noch nicht <strong>der</strong> Festlegung e<strong>in</strong>er Rangordnung dienen<br />
(HÖRNING 2000). REINHARDT (1980) beobachtete, dass selbst geschlechtsreife<br />
zweijährige R<strong>in</strong><strong>der</strong> aggressive Verwarnungen <strong>der</strong> Kühe ohne Wi<strong>der</strong>spruch h<strong>in</strong>nahmen.<br />
2.2 Auswirkungen des herkömmlichen Aufzuchtverfahrens<br />
2.2.1 Tränkeaufnahme<br />
Das natürliche Saugverhalten ist <strong>in</strong> <strong>der</strong> herkömmlichen <strong>Kälberaufzucht</strong> oft stark<br />
bee<strong>in</strong>trächtigt. Die Milch muss im weit verbreiteten und aus hygienischen und praktischen<br />
Gründen empfohlenen Eimertränkesystem (BRANDES 2000) entgegen <strong>der</strong> angeborenen<br />
Saughaltung von unten aufgenommen werden und wird getrunken statt gesaugt (MEES und<br />
METZ 1983). Hier versagt <strong>der</strong> Schlundr<strong>in</strong>nenreflex. Die Milch kann <strong>in</strong> den noch<br />
unterentwickelten Pansen fließen („Pansentr<strong>in</strong>ken“), kann dort Fehlgärungen (SOMMER<br />
1995), Fäulnis (SCHRAG 1987) und Durchfallerkrankungen auslösen. H<strong>in</strong>zu kommen relativ<br />
hohe Milchmengen/Mahlzeit, obwohl <strong>der</strong> Magen des Kalbes nur e<strong>in</strong> Fassungsvermögen von<br />
1,5 kg hat, sowie falsch temperierte Tränken und e<strong>in</strong>e zu hastige Aufnahme.<br />
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