Ausgabe 0804.pdf - Theater-Zytig
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Bild: zvg<br />
PreMiereN i SPoTlIchT<br />
NVB-<strong>Theater</strong> Bern<br />
erotischer Psychokrimi<br />
pd. Auf die ätzende Gesellschaftskritik<br />
mit Fritz Hochwälders Komödie «Hotel<br />
de Commerce» nach Guy de Maupassants<br />
Novelle «Bouille de suif» lässt das NVB-<br />
<strong>Theater</strong> Bern nur ein halbes Jahr später<br />
einen erotischen Psychokrimi folgen, der<br />
vor Spannung knistert. Am 9. April ist im<br />
<strong>Theater</strong> Remise an der Laupenstrasse<br />
in Bern Première von Markus Kellers<br />
«Lügen» nach Boileau/Narcejacs «Wölfinnen».<br />
Eigentlich stützte sich Keller auf Peter<br />
Duffells Film «Letters to an unknown<br />
lover» aus dem Jahr 1984. Sowohl Regisseur<br />
Duffell als auch dieser Film dürften<br />
allerdings nur wenigen Insidern bekannt<br />
sein.<br />
Aussagekräftiger und schon leicht elektrisierend<br />
ist dagegen der Titel der 1955<br />
entstandenen Literaturvorlage, auf die<br />
der Film zurückgriff: «Les Louves» (Die<br />
Wölfinnen)! Und noch mehr aufhorchen<br />
lässt, wessen Feder die Geschichte<br />
entsprungen ist: Es ist das bekannte<br />
französische Krimiautorenduo Pierre<br />
Boileau (1906–1989) und Thomas Narcejac<br />
(1908–1998), Urheber zahlreicher<br />
spannender Geschichten. «Les Louves»<br />
erschien 1955, ein Jahr zuvor der wohl<br />
berühmteste Titel von Boileau/Narcejac,<br />
18<br />
TheaTer-ZyTig 0804<br />
«D‘entre les Morts» (Aus dem Reich der<br />
Toten). Diese Geschichte diente Alfred<br />
Hitchcock, dem «master of suspense» des<br />
Kinos, als Vorlage für sein Meisterwerk<br />
«Vertigo» (1958) mit James Stewart und<br />
Kim Nowak.<br />
Markus Keller (*1947), der Künstlerische<br />
Leiter des <strong>Theater</strong>s an der Effingerstrasse,<br />
hat vor zwei Jahren unter dem Titel<br />
«Lügen» eine deutsche Bühnenfassung<br />
der «Wölfinnen» geschaffen. Mit Regisseurin<br />
Livia-Anne Richard schrieb er<br />
auch das Textbuch zu deren überaus<br />
erfolgreichem Gurten-«Dällebach Kari».<br />
Weitere bekannte Werke Kellers sind u.a.<br />
«Bombenstimmung», «Lampenfieber» und<br />
«Eini vo dene».<br />
«Die Wölfinnen» sind die einander nicht<br />
besonders verbundenen Schwestern<br />
Hélène und Agnès, die im 2. Weltkrieg<br />
den aus einem Nazi-Gefangenenlager<br />
geflohenen Soldaten Bernard in ihrem<br />
Haus verstecken. Hélène als seine Soldatenpatin<br />
hat die «Liebesbriefe an den<br />
Unbekannten» geschrieben und will ihn<br />
jetzt mit liebevoller Betreuung vollends<br />
für sich gewinnen, Agnès umgarnt ihn mit<br />
ihren körperlichen Vorzügen, um ihn für<br />
sich zu erobern. Bernard seinerseits trägt<br />
ein dunkles Geheimnis mit sich herum,<br />
das er ungern offenbart, und als unerwartet<br />
Julia auftaucht, die sich als seine<br />
Schwester ausgibt, wird immer deutlicher,<br />
dass alle ihr eigenes Süppchen<br />
kochen und sich zusehends in «Lügen»<br />
verstricken…<br />
Kellers stimmungsvolle Sprachführung<br />
und Beatrice Schmids sorgfältige berndeutsche<br />
Uebersetzung für das kleine,<br />
engagierte NVB-Ensemble verleihen dem<br />
Stück einen geradezu schmerzend-langsamen,<br />
dumpf-bedrohlichen Grundrhythmus.<br />
Das ist – so Regisseurin Davina<br />
Siegenthaler selbst – für ihre Regie die<br />
geeignete Grundlage, um ihr Hauptaugenmerk<br />
auf reduzierte, gesetzt-präzise<br />
Handlung und klare, wirkungsvolle<br />
Bildgestaltung zu legen. Zusammen mit<br />
Nicolas Gerber, Tanja Läng, Sarah Manta<br />
und Monika Rüegg sowie vielen engagierten<br />
Backstage-Mitwirkenden sorgt<br />
sie für eine packende Inszenierung. Gönnen<br />
Sie sich also fern vom Alltag einen<br />
(ent)spannenden, fesselnden <strong>Theater</strong>abend!<br />
Daten siehe Inserat S. 26 und Spielplan<br />
oder nvb-theater.ch