Ausgabe 0804.pdf - Theater-Zytig
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ilder: zvg<br />
SPoTlIchT i PreMiereN<br />
die Kulisse Küsnacht<br />
Trauer muss elektra tragen die einzelne Figur und ihr Schicksal im Mittelpunkt stehen.<br />
Dies, und zudem eine spannende, ergreifende Handlung bot<br />
sich in O’Neills «Trauer muss Elektra tragen» hervorragend<br />
an. Figuren, die sich durch ihre unglücklichen Umstände, ihre<br />
Sehnsucht nach Liebe oder ihren falschen Gerechtigkeitswahn<br />
zu Taten verleiten lassen, die sie nachträglich bereuen und an<br />
denen sie schliesslich zugrunde gehen – direkte, unverschnörkelte<br />
Dialoge, die packen und berühren – dies alles zog uns in<br />
seinen Bann. Die immense Textmenge der Trilogie wurde radikal<br />
gekürzt, ganze Handlungsstränge gestrichen oder neu arrangiert<br />
(Bearbeitung Renate Muggli). Das Stück sollte entschlackt und<br />
zeitlos angesetzt werden, denn seine Aussage ist heute genauso<br />
aktuell wie zu Sophokles’ oder O’Neills Zeiten. Unterstrichen<br />
wird dies zusätzlich durch ein neutrales, in nüchternem Weiss<br />
gehaltenen Bühnenbild, sowie durch moderne Stilelemente, die<br />
hier noch nicht verraten werden sollen.<br />
O’Neills vielschichtig gezeichnete Figuren, hinter deren verkrusteten<br />
Fassaden ab und zu Menschliches hervorbricht, verlangte<br />
intensives Rollenstudium. Seit letzten Juli wurde diskutiert,<br />
gearbeitet, ausprobiert, verworfen, neu arrangiert – bis es<br />
glaubhaft und packend wirkte. Gepackt und nicht mehr losgelassen<br />
hat uns das Stück von Anbeginn an – wir hoffen, dass es<br />
Ihnen genau so geht!<br />
pd. An keinem andern Stück hat O‘Neill so lange geplant und<br />
geschrieben wie an seiner Antikentrilogie «Trauer muss Elektra<br />
tragen». O’Neill suchte für das «Schicksal» der antiken Tragödie<br />
ein Äquivalent in der modernen Welt und fand es in den<br />
Mechanismen der Kleinfamilie, die das Schicksal des modernen<br />
Menschen bedingen. Er belässt die Geschichte des Königs Agamemnon,<br />
des griechischen Heerführers vor Troja, in einem sehr<br />
einflussreichen, mächtigen Milieu. Erzählt wird die Geschichte<br />
der Familie Mannon, der angesehensten Familie der Stadt.<br />
Christine und Lavinia Mannon erwarten die Rückkehr des Brigadegenerals<br />
Ezra Mannon aus dem Sezessionskrieg - Lavinia, die<br />
Tochter, sehnsüchtig, Ehefrau Christine dagegen mit Abscheu.<br />
Sie plant den Mord an ihrem Gatten, um mit ihrem Geliebten<br />
Adam Brant zusammenleben zu können. Lavinia entdeckt Ehebruch<br />
und Mord, und als ihr Bruder Orin aus dem Krieg heimkehrt,<br />
stiftet sie ihn zum Mord an Adam Brant an. Aus Verzweiflung<br />
darüber nimmt Christine sich das Leben, und Orin, der<br />
den Selbstmord der über alles geliebten Mutter nicht verwinden<br />
kann, erschiesst sich. Lavinia erkennt am Ende, dass sich ihre<br />
Rache gegen sie selbst gewandt hat, und kerkert sich im Haus<br />
der Mannons ein - tot schon im Leben.<br />
Seit 1988 hat sich die Kulisse dem klassischen Schauspiel<br />
gewidmet. Stücke von Wilder, Ibsen, Miller, Molière, Dürrenmatt,<br />
Shakespeare u.v.a. gelangten unter verschiedener professioneller<br />
Leitung zur Aufführung. Gegen 2000 Zuschauer freuen<br />
sich jedes Jahr auf die Aufführung «ihrer» Schauspielgruppe.<br />
Die letztjährige Inszenierung «Der Franzos im Ybrig» von Thomas<br />
Hürlimann (Regie Renate Muggli), lebte sehr von Stimmungsbildern,<br />
Massenszenen, Live-Musik und Gesang. Diesmal<br />
zog es Regie und Spieler in «stillere Gefilde»; sollte wieder<br />
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TheaTer-ZyTig 0804<br />
Daten siehe Inserat und Spielplan oder diekulisse.ch