Ausgabe 0804.pdf - Theater-Zytig
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Bild: zvg<br />
SPoTlIchT i PreMiereN<br />
Bunte Bühne Kriens<br />
Zum Jubiläum ein Freilichtspektakel<br />
pd. Für einmal ist es nicht «Bärewirts<br />
Töchterli», das im kommenden Sommer<br />
in Kriens bei Luzern für Schlagzeilen<br />
sorgt. Aber immerhin auch eine charmante,<br />
junge Dame; auch wenn diese<br />
1896 geboren wurde und 1957 gestorben<br />
ist: Gilberte Montavon – besser<br />
bekannt unter dem Namen «Gilberte de<br />
Courgenay». Wer war sie ? Eine Serviertochter,<br />
die im elterlichen Betrieb, dem<br />
«Hotel de la Gare» in Courgenay zwischen<br />
Glovelier und Pruntrut arbeitete. Sie war<br />
gerade mal 18 Jahre alt, als der erste<br />
Weltkrieg ausbrach und Courgenay, nahe<br />
der französischen Grenze gelegen, als<br />
Truppenstützpunkt bekannt wurde. Verständlich,<br />
dass es im Hotel de la Gare<br />
hin und wieder hoch zu und her ging<br />
und mit ihrem fröhlichen Wesen trug<br />
Gilberte viel zu dieser guten Stimmung<br />
bei. Dass sie damit zum Liebling der vielen<br />
Soldaten wurde, liegt auf der Hand.<br />
So hat sie denn auch viel zur geistigen<br />
Landesverteidigung beigetragen und ist<br />
so etwas wie eine Kultfigur geworden.<br />
Hanns in der Gand hat ihr darum auch<br />
das berühmte Lied «z’Prunterut im Jura<br />
<strong>Theater</strong>verein brauichessu hochdorf<br />
Siin letschte Wunsch<br />
pd. Herzlich willkommen in der Goldigen<br />
Birne. Treten Sie ein in die Geschichte<br />
einer Trauerfamilie. Wir freuen uns sehr,<br />
zum ersten Mal ein Stück zu inszenieren<br />
und dabei mit einem motivierten<br />
Team, <strong>Theater</strong> zu erleben. Am ersten<br />
März-Wochenende wurde intensiv an<br />
diesem Stück gearbeitet und geprobt. 12<br />
Schauspieler/Innen und Statisten stellen<br />
sich der grossen Herausforderung dieses<br />
Stückes. Die besondere Schwierigkeit des<br />
Stückes liegt in der Tatsache, dass die 6<br />
Familienmitglieder die Bühne während<br />
22<br />
TheaTer-ZyTig 0804<br />
da het e Wirt es Huus, da luegt es Meitschi<br />
jedi Stund drü Mal zum Fenster<br />
us. Und frogsch du denn d’Soldate, wär<br />
ächt das Meitschi sei, da lüpft es jedem<br />
Schwiizerbueb sis Härz und au sis Bei:<br />
C’est la petite Gilberte, Gilberte de Courgenay…»<br />
geschrieben. Über diese legendäre<br />
junge Frau hat Rudolf Bolo Maeglin<br />
zudem einen Roman verfasst; auch wurde<br />
«Gilberte» zwei Mal verfilmt, 1941 vom<br />
berühmten Schweizer Regisseur Franz<br />
Schnyder (Gotthelf-Filme und «Heidi und<br />
Peter»).<br />
Die «Bunte Bühne Kriens» kann dieses<br />
Jahr den 75. Geburtstag feiern. Und dazu<br />
hat sie sich Grosses vorgenommen: Sie<br />
bringt Maeglins Roman als Freilichtspiel<br />
auf die Krauerwiese mitten im Dorf Kriens.<br />
Bearbeitet und inszeniert von der<br />
Powerfrau Josette Gillmann, die man von<br />
ihrem Engagement als Zentralpräsidentin<br />
des Verbandes «Schweizer Volkstheater»<br />
bestens kennt. Josette Gillmann näher<br />
vorzustellen, erübrigt sich: Sie hat ungezählte<br />
Rollen verkörpert und ebenso<br />
unzählige Male Regie geführt. Und das<br />
der gesamten Spieldauer nie<br />
verlassen können. Ausser<br />
dem Servicepersonal, das die<br />
Speisen aufträgt.<br />
«Siin letschte Wunsch», eine<br />
mehrgängige Komödie von<br />
Roland Moser, hatte am 25.3.<br />
1998 die Uraufführung in<br />
Bachenbülach. Nun genau 10<br />
Jahre danach macht sich der<br />
<strong>Theater</strong>verein brauichessu<br />
an dieses sehr pointierte und<br />
lustige Stück.<br />
August, Schausteller und «schwarzes<br />
Schaf» in der Familie, hat seine Augen<br />
für immer geschlossen. Im engsten Familienkreis<br />
treffen sich die Hinterbliebenen<br />
zum gastronomischen Leichenschmaus,<br />
welchen die Gattin ihrem verstorbenen<br />
Gatten zuliebe wunschgemäss organisiert.<br />
Da ist einmal sein Bruder Ernst,<br />
der lieber einen Schinken im Brotteig als<br />
ein Amuse-Bouche gegessen hätte und<br />
der allem Fremden misstrauisch gegenübersteht.<br />
Seine Gattin Sophie ist nur<br />
nicht nur auf <strong>Theater</strong>bühnen vorab in der<br />
Innerschweiz, sondern auch unter freiem<br />
Himmel: So etwa 1999 in der Freilichtinszenierung<br />
«Ueli der Pächter» im Bellpark<br />
Kriens. Josette Gillmann ist Ende<br />
Februar 75 Jahre alt geworden. Das<br />
hindert sie aber nicht daran, das Freilichtspektakel<br />
«Gilberte de Courgenay»<br />
anzupacken. Neben einer Unzahl Mitwirkenden<br />
hinter der Bühne machen über 40<br />
Spielerinnen, Spieler und Statisten mit.<br />
Der Aufwand ist gewaltig; nicht nur der<br />
Spielerische: Die BBK rechnet mit einem<br />
Budget von stolzen 100‘000 Franken.<br />
Ein kleines OK unter BBK-Präsident<br />
Marco Bezzola hat seine Arbeit zum guten<br />
Gelingen des Mammut-Projektes längst<br />
aufgenommen. Es gilt an vieles zu denken<br />
– vom Einholen zahlloser Bewilligungen<br />
über die kulinarischen Belange bis zu<br />
Strom und WC. Derweilen hat Josette<br />
Gillmann mit den (Lese)Proben begonnen<br />
und hofft mit der Spielerschar und allen<br />
Mithelfern auf Petrus‘ gnädiges Mittun:<br />
Daten siehe Inserat Juni-<strong>Ausgabe</strong> oder<br />
bbk.ch<br />
darauf aus, ein möglichst grosses Erbe<br />
zu bekommen und kämpft erbittert sogar<br />
um die Unterwäsche des Verblichenen.<br />
Anna, die Schwester des Verstorbenen,<br />
gehört einer religiösen Gemeinschaft an<br />
und träumt davon, einst ins himmlische<br />
Paradies einzugehen.Ernst und Sophies<br />
Kinder Georg, ein Greenpeace-Aktivist<br />
und sein homosexueller Bruder Michael<br />
müssen wohl oder übel am Leichenschmaus<br />
teilnehmen. Doch das Familientreffen<br />
wird zur Farce: Schon während<br />
des «Apéritif et Amuse-Bouche» beginnen<br />
die Sticheleien, arten in ein Feuerwerk<br />
von Witz und Ironie über Themen wie<br />
Erbschleicherei, Umweltbewusstsein und<br />
biologisch richtige Ernährung, Facelifting,<br />
Geilheit und Frömmelei aus, so dass die<br />
Vorspeisen, Hauptgänge und Nachtische<br />
bloss der vornehmen Ausstattung eines<br />
amüsant-brisanten Stückes dienen. Des<br />
Verstorbenen letzter Wunsch: Das sei hier<br />
noch nicht verraten…<br />
Daten siehe Inserat S. 29 und Spielplan<br />
oder brauichessu.ch