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Ein Mensch mit Eigenschaften: aber welchen? - Dr. W. Peter ...

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Miterlebnis, zu welchem der Wahrnehmende darnach veranlaßt würde, wiederholt ein<br />

Mitbewegtwerden nannten, so meint die Wendung nicht bloß den besonderen<br />

Erleidenscharakter des Miterlebens, sondern auch noch als im Wahrnehmungsträger zudem<br />

sich ereignend den Ablauf solcher /169/ Körpervorgänge, wie sie statthaben würden aus<br />

Anlaß eigener Wallungen ähnlicher Art. Die ursprüngliche Wallung erscheint in gewissen<br />

Lebensvorgängen des Leibes; das Miterleben fremdseelischer Wallungen hängt nach Tiefe<br />

und Stärke vom Grad der Fähigkeit ab, deren Erscheinung körperlich aufzunehmen, und die<br />

hinwieder für jene überhaupt erlebbare Regung von der Leichtigkeit, diese zu äußern.<br />

So irrig es ist, zu glauben, das Erlebnis der Trauer bestehe in der Empfindung des Weinens<br />

usw., so trifft es doch zu, daß derjenige auch nicht mehr nennenswert zu trauern vermöchte,<br />

dessen körperlicher Ausdruck des Trauerns weitgehend unterbunden wäre. Erst recht <strong>aber</strong><br />

wäre er dadurch verhindert, fremdseelische Trauer zu bemerken!<br />

Ist nämlich schon vom eigenen Trauern unzertrennlich, der, wenn auch noch so<br />

verinnerlichte, Ausdruck der Trauer, so bedarf es vollends einer gewissen Leichtigkeit des<br />

ungewollten Sichäußerns, wenn die expressiven Körpervorgänge wenigstens<br />

andeutungsweise eintreten sollen auf die bloße Wahrnehmung hin der<br />

Erscheinungsmerkmale des Trauerns. Nur dadurch jedoch kann die fremde Trauer gefühlt<br />

und infolgedessen dann auch gefunden werden. [...] /170/<br />

Fassen wir an der Feinfühligkeit nur die Stimmbarkeit des Gemüts durch<br />

Wahrnehmungsgegenstände ins Auge, so liegt in ihr allerdings der vitale<br />

Ermöglichungsgrund derjenigen Art von Gestaltungskraft, die [...] das Wesen des Zartsinnes<br />

/171/ ausmachen würde, keineswegs <strong>aber</strong> bereits es selbst. Es muß vielmehr zu jener<br />

hinzukommen eine Anregbarkeit des Geistes, derzufolge das Eigengefühl als aus dem<br />

Fremdgefühl hervorgegangen auch un<strong>mit</strong>telbar beurteilt wird. Die (Anregbarkeit des Geistes)<br />

<strong>aber</strong> wiederum hat eine schlechthin vitale (Vorbedingung) und außerdem noch eine<br />

Vorbedingung im Charakter des Fühlenden, will sagen in der Verbindungsweise des Geistes<br />

in ihm <strong>mit</strong> der Vitalität in ihm. Die vitale Bedingung besteht in nichts anderem als in der<br />

Selbständigkeit seiner Lebensartung [...] Erst <strong>aber</strong> die geistige oder persönliche<br />

Vorbedingung, [...], befähigt zur Umsetzung der seelischen Mitschwingungszartheit in eine<br />

noch beträchtlich darüber hinausgehende Merkfähigkeit für fremde Gefühle: und die nun ist<br />

eine echte Gestaltungskraft. [...]<br />

Es findet nämlich auch keine Vergegenwärtigung eines Sachverhalts statt ohne ein, obschon<br />

für gewöhnlich unmerkliches, Auftreten gewisser Antriebe, die entweder dessen<br />

Nachahmung anstreben oder die Darstellung eines Charakters. [...] Das / 175/<br />

Hineinversetzen ist <strong>aber</strong> garnicht anderes als ein Wiederhervorbringen in der Phantasie und<br />

demgemäß eine abgekürzte Erneuerung des Gestaltungsvorganges selbst, die als<br />

überhoben jeder <strong>Ein</strong>lassung <strong>mit</strong> der ablenkenden Technik der "Intention" des Könners sogar<br />

reiner nachzubilden vermag, als sie im Werk verwirklicht wurde. Unsere Auffassung von der<br />

Welt hängt Zug um Zug von der Spannweite unseres Vermögens ab, den gegebenen<br />

<strong>Ein</strong>druck umzusetzen in bildnerische Impulse; da denn freilich im vorzugsweise zur<br />

Auffassungsfähigen die Antriebe weder die Stärke haben noch erst recht nicht jenen Tiefen<br />

des Schauens schöpfen, die den gestaltungskräftigen Könner befeuern, den Ringkampf <strong>mit</strong><br />

dem Gegenstande zu wagen; wovon der siegreiche Ausgang sichtbar wird in der<br />

52<br />

Vollkommenheit des (gegenständlichen) Werkes." .<br />

Überträgt man nun dieses Modell auf die Problemstellung bildender Künstler, so wird ihnen<br />

gleichsam die Funktion erteilt, daß sie <strong>mit</strong> ihrer Malerei und Bildnerei erst die bildhaften<br />

Modelle bereitstellten, an denen sich das mimisch Spezifische des Individuums zunächst<br />

orientieren und üben müßte - also weitgehend medial ver<strong>mit</strong>telt scheint -, um ausdrucksfähig

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