KiNDER Oktober 2015
KiNDER, Deutschlands große renommierte Elternzeitschrift für Familien mit Kindern im Kindergarten- und Grundschulalter. Titelthema in diesem Monat: Glück für uns alle
KiNDER, Deutschlands große renommierte Elternzeitschrift für Familien mit Kindern im Kindergarten- und Grundschulalter. Titelthema in diesem Monat: Glück für uns alle
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Zu viele Freizeitangebote<br />
machen<br />
aggressiv<br />
fragte Kinder von sechs bis elf Jahre).<br />
Wie genau wird danach Stress wahrgenommen?<br />
Forscher bezeichnen es als<br />
„Ungleichgewicht zwischen wahrgenommenen<br />
Anforderungen und der subjektiven<br />
Fähigkeit, diese Anforderungen zu<br />
erfüllen“.<br />
Übersetzt heißt das: Viele gestresste<br />
Kinder – nämlich knapp die Hälfte – haben<br />
Angst, ihre Eltern zu enttäuschen,<br />
denn sie nehmen die an sie herangetragenen<br />
Erwartungen viel intensiver<br />
wahr. Kinder mit hohem Stress leiden<br />
Klassische Burn-out-<br />
Symptome bei den Kids<br />
außerdem unter Versagensängsten. Sie<br />
beklagen erhöhte Einschlafschwierigkeiten,<br />
Kopf- und Bauchschmerzen oder<br />
Müdigkeit. „Dies sind klassische Burnout-Symptome,<br />
die für Eltern wichtige<br />
Warnsignale sind“, veranschaulicht<br />
Studienleiter Prof. Dr. Holger Ziegler,<br />
Erziehungswissenschaftler der Universität<br />
Bielefeld.<br />
Laut Stress-Studie beeinflussen insbesondere<br />
zwei Faktoren das Stressgefühl<br />
der Kinder und Jugendlichen: Sie empfinden<br />
es als negativ, dass sie nicht selbst<br />
bestimmte Dinge entscheiden können –<br />
und sie haben zu viele Termine. 60,2 Prozent<br />
der gestressten Kinder geben an, nur<br />
manchmal oder nie nach ihrer Meinung<br />
gefragt zu werden, und 85,6 Prozent der<br />
Kinder mit hohem Stress werden nicht<br />
in die eigene Freizeit planung eingebunden.<br />
Darüber hinaus berichten knapp<br />
82 Prozent der Kinder mit hohem Stress<br />
von einer Belastung durch Aufgaben im<br />
Haushalt. „Es gibt Familien, in denen<br />
Kinder Behördengänge tätigen, die Erziehung<br />
der Geschwister übernehmen<br />
oder den gesamten<br />
Haushalt<br />
managen<br />
müssen. Das<br />
ist traurig, aber<br />
wahr. Daher ist<br />
es wichtig, den<br />
Kindern anderweitig<br />
Freiraum<br />
für eine gesunde<br />
kindliche Entwicklung<br />
zu geben“,<br />
berichtet Forschungsleiter Ziegler.<br />
Sensibilisierung der Eltern ist wichtig<br />
Interessant ist, dass 87,3 Prozent der<br />
Eltern von gestressten Kindern nicht<br />
glauben, ihr Kind zu überfordern, und<br />
ungefähr 50 Prozent gaben an, alles dafür<br />
zu tun, ihr Kind zu fördern. „Eltern<br />
wollen immer das Beste für ihre Kinder.<br />
Wichtig ist, dass sie dabei ein Feingefühl<br />
dafür entwickeln, was Kinder wirklich<br />
brauchen, und sie nicht überfordern. Ich<br />
erlebe die Eltern selbst enorm unter gesellschaftlichem<br />
Druck. Sie wollen allen<br />
Anforderungen gerecht werden. Dies<br />
übertragen sie dann auch auf ihre Kinder.<br />
Somit entsteht eine Stress- Spirale,<br />
die für Kinder fatale Folgen haben<br />
kann“, so Katia Saalfrank, Schirmherrin<br />
der Bepanthen-Kinderförderung und<br />
Familienberaterin.<br />
Stress bleibt nicht ohne Folgen für die<br />
Betroffenen. „Unserer Gesellschaft bringt<br />
es nichts, wenn Kinder und Jugendliche<br />
unter Stress aufwachsen und so schon<br />
in jungen Jahren Burn-out-Symptome<br />
aufweisen, zornig und aggressiv sind,<br />
weil sie überfordert und mit ihrem<br />
Leben nicht zufrieden sind. Kinder brauchen<br />
für eine gesunde Entwicklung eine<br />
Wichtig ist die dem Alter<br />
entsprechende Förderung<br />
stressfreie Umgebung und vertrauens volle<br />
Atmosphäre. Sie benötigen Begleitung<br />
und Unterstützung – kindgerecht und<br />
ihrem Alter entsprechend. Umso<br />
wichtiger ist es, über dieses Thema<br />
aufzuklären. Dies sehe ich in meiner<br />
Verantwortung als Schirmherrin<br />
der Bepanthen-Kinderförderung“,<br />
verdeutlicht Katia Saalfrank.<br />
Tipps für<br />
stressfreie Kinder<br />
1. Überprüfen Sie Ihre eigenen<br />
Erwartungen: Oft sind diese zu hoch<br />
und lassen Eltern in Stress geraten.<br />
Reduzieren Sie Ihren Stress und<br />
lassen Sie sich in Bezug auf die<br />
Förderung Ihres Kindes nicht von<br />
anderen verunsichern. Ihr Kind hat<br />
sein eigenes Tempo und braucht<br />
Ihre Bestärkung. Druck führt zu<br />
Gegendruck und erstickt so die<br />
natürliche Neugier und Lernlust der<br />
Kinder.<br />
2. Qualitätszeit für Kinder schaffen:<br />
Seien Sie als Eltern achtsam und<br />
sensibel mit sich selbst und Ihren<br />
eigenen Bedürfnissen. Nur dann<br />
können Sie auch ein Gespür dafür<br />
entwickeln, wie es Ihren Kindern<br />
geht. Denn diese brauchen die<br />
Freiräume, in denen sie selbstbestimmt<br />
Dinge tun können, die ihnen<br />
Spaß machen.<br />
3. Mehr Autonomie für Kinder: Beziehen<br />
Sie Ihre Kinder in Ihre Planungen<br />
und Vorstellungen mit ein und fragen<br />
Sie offen, wie es Ihrem Kind mit den<br />
vielen Terminen und außerschulischen<br />
Aktivitäten geht – planen Sie dann<br />
gegebenenfalls gemeinsam um.<br />
Wichtig: Oft ist es nicht die Anzahl<br />
der Termine, die Kindern Stress<br />
macht, sondern das Gefühl,<br />
sich nicht selbst für die Termine<br />
entschieden zu haben.<br />
4. Schaffen Sie eine vertrauensvolle<br />
Atmosphäre: Kinder brauchen eine<br />
liebevolle, stabile Beziehung. Und<br />
doch: Kinder werden unter Umständen<br />
nicht sagen, dass ihnen manche<br />
Hobbys oder Veranstaltungen zu<br />
viel sind. Achten Sie deshalb auf<br />
Signale der Kinder und Anzeichen<br />
von Überforderung: Müdigkeit,<br />
Erschöpfung, schlechte Laune,<br />
Schlafschwierigkeiten oder aggressives<br />
Verhalten. Kinder brauchen<br />
eine vertrauensvolle Atmosphäre,<br />
sie benötigen Begleitung und Unterstützung,<br />
kindgerecht und<br />
ihrem Alter entsprechend.<br />
Katia Saalfrank wurde<br />
durch die RTL-Sendung<br />
„Die Super Nanny“<br />
bekannt<br />
Kinder 10/<strong>2015</strong>