Grundschule aktuell 124
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Praxis: Rechtschreiben lernen<br />
dem orthographischen Können weitere<br />
wichtige Kompetenzen an:<br />
●●<br />
methodisch, indem sie beispielsweise<br />
den Ablauf eines Rechtschreibgesprächs<br />
planen und übernehmen;<br />
●●<br />
personal, indem sie Kritik anhören,<br />
zulassen und annehmen; ebenso, indem<br />
sie Anstrengungsbereitschaft zeigen<br />
und mögliche Frustrationen aushalten;<br />
●●<br />
sozial, indem sie mit anderen konstruktiv<br />
zusammenarbeiten, beispielsweise<br />
in einer Rechtschreibkonferenz.<br />
Anknüpfend am individuellen<br />
Lernstand der Kinder entdecken die<br />
Schüler eigenständig wiederkehrende<br />
orthographische Muster und Regelmäßigkeiten.<br />
Die Auseinandersetzung<br />
mit den eigenen »Fehlern« ist dabei<br />
idealer Anlass, konstruktivistisch zu<br />
lernen und ein Rechtschreibgespür<br />
aufzubauen. So etwa stellte Zehra<br />
nach intensiver Beschäftigung mit ihren<br />
selbst verfassten Briefen und der<br />
ständig präsenten Vorsilbe -ver selbst<br />
fest: »Ah, vermissen schreibe ich mit ›v‹<br />
wegen verlieren und verlieben.« Es ist<br />
nicht notwendig, alle Schülertexte zu<br />
überarbeiten, es sei denn, sie werden<br />
veröffentlicht. Am Ende des Überarbeitungsprozesses<br />
kann das Kind die<br />
Chance erhalten, einen mit viel Mühe<br />
korrigierten Text besonders zu präsentieren,<br />
ihn beispielsweise mit Feder<br />
und Tinte zu schreiben oder am Computer<br />
abzutippen. Das Ausstellungsstück<br />
gewinnt an persönlichem Wert:<br />
Schreiben wird zur Kunst.<br />
Abb. 2<br />
Ab wann können meine Schüler ihre<br />
Texte selbstständig überarbeiten?<br />
Sobald die Schüler verlässlich lauttreu<br />
schreiben, können orthographische Regelmäßigkeiten<br />
in den Deutschunterricht<br />
Einzug halten. Bei besonderem Interesse<br />
kann die rechtschriftliche Norm<br />
auch persönlich in einem Schüler-Lehrer-Gespräch<br />
mit einzelnen Kindern<br />
thematisiert werden. Dabei sollte stets<br />
der individuelle Entwicklungsstand jedes<br />
Einzelnen berücksichtigt werden.<br />
Eine regelmäßige Lernbeobachtung unter<br />
Einbeziehung der drei Fragen nach<br />
Mechthild Dehn: »Was kann das Kind<br />
schon?«, »Was muss es noch lernen?«,<br />
»Was kann es als Nächstes lernen?« 1) ist<br />
dabei unerlässlich.<br />
Ein Beispiel aus der Praxis: Ivan,<br />
ein Erstklässler, entdeckte während<br />
freier Lesezeiten, dass manche Wörter<br />
am Anfang mit großem Buchstaben<br />
geschrieben werden, und wollte<br />
dieses Phänomen sogleich in seiner<br />
Fußballgeschichte anwenden. Nach einem<br />
Gespräch über Nomen unter vier<br />
Augen mit seiner Lehrerin war er bereits<br />
in der Lage die Wörter »Fußball«,<br />
»Mannschaft« und »FC-Bayern« groß<br />
zu verschriften. Erfahren die Kinder<br />
die Notwendigkeit der Textrevision am<br />
vorgelebten Modell durch die Lehrkraft,<br />
wächst das Interesse diesem nachzueifern.<br />
Das Überarbeiten wird notwendig<br />
und ungekünstelt in den Schulalltag integriert.<br />
Verena Groer (links)<br />
ist Lehrerin einer jahrgangs gemischten<br />
Klasse 1 und 2 an der Grund- und<br />
Werkrealschule Oberrot<br />
Claudia Hub (rechts)<br />
ist Lehrerin einer ersten Klasse an der<br />
Klösterleschule, eine offene Ganztagesgrundschule,<br />
in Schwäbisch Gmünd<br />
Wie integriere ich das Überarbeiten<br />
sinnvoll in meinen Unterricht?<br />
Im Verständnis eines integrativen<br />
Rechtschreibunterrichts, der orthographische<br />
Phänomene in Praxisbeispielen<br />
aufgreift und diese zum Gegenstand<br />
eines Rechtschreibgesprächs macht,<br />
kann die orthographische Revision auf<br />
zweierlei parallel verlaufenden Wegen<br />
geübt und angewendet werden. In einer<br />
ersten und zweiten Klasse wurde<br />
beispielsweise ein solch duales Training<br />
durchgeführt. Um die Schüler<br />
in ihrer Selbstständigkeit im Bereich<br />
des Überarbeitens zu sensibilisieren<br />
und auszubilden, fanden regelmäßige<br />
Rechtschreibgespräche im Plenum statt.<br />
Wurde in der ersten Klasse nur ein<br />
»Fehlerwort« genau unter die Lupe genommen,<br />
beschäftigten sich die Zweitklässler<br />
mit motivierenden »Fehlersätzen«.<br />
Hier wurden die Schüler selbst als<br />
Protagonisten in den Satz eingebaut. Ein<br />
Beispiel: »Selin kan ein neues Lied auf<br />
der flöte spilen.« Innerhalb des Wochenplans<br />
beschäftigten sich die Schüler regelmäßig<br />
mit kleinen Texten bestehend<br />
aus Nachrichten der Klasse. Beständig<br />
wurden hier folgende Rechtschreibmuster<br />
thematisiert: Großschreibung (Nomen<br />
und Satzanfang) und das Setzen<br />
von Satzschlusszeichen (Abb. 3). Zeitgleich<br />
sammelten die Schüler Wörter zu<br />
bestimmten orthographischen Phänomenen,<br />
beispielsweise Wörter, in denen<br />
das ›i‹ lang klingt. Die Ausnahmewörter<br />
(Maschine, Gardine, Tiger, …) bildeten<br />
anschließend die Grundlage für<br />
GS <strong>aktuell</strong> <strong>124</strong> • November 2013<br />
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