Grundschule aktuell 124
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Praxis: Rechtschreiben lernen<br />
erhalten, um so innere Vorstellungsbilder<br />
zu entwickeln. Solch ein Schreibimpuls<br />
kann beispielsweise aus einem<br />
vielseitigen Bilderrepertoire, einer facettenreichen<br />
Auswahl an Kinder- und<br />
Jugendliteratur oder aus kreativitätsfördernden<br />
Klassengesprächen erwachsen.<br />
Selbst mediale Einflüsse wie Fernsehserien<br />
oder Hörspiele können Kinder zum<br />
Schreiben verlocken. Auch die Aussicht<br />
auf Würdigung ihrer Anstrengung, beispielsweise<br />
durch einen wohlverdienten<br />
Applaus mit anschließender Feedbackrunde<br />
innerhalb der Lerngruppe,<br />
motiviert Kinder, ihr Geschriebenes<br />
inhaltlich und orthographisch zu überarbeiten.<br />
Manchen Schülern fällt das<br />
Annehmen von konstruktiver Kritik<br />
durch ihre Mitschüler leichter als durch<br />
Erwachsene. Konzentriert sich die<br />
Lehrkraft nicht nur auf die Defizite der<br />
Kinder, sondern ermuntert zur Überarbeitung<br />
von ausschließlich einem<br />
vereinbarten Rechtschreibphänomen,<br />
kann die orthographische Revision immer<br />
mehr zur Routine werden.<br />
Summa summarum<br />
Wird das Schreiben in der Schule als<br />
ganzheitlicher Prozess betrachtet, in<br />
dem die Kinder Gelegenheit haben,<br />
sich interessengeleitet und gemäß ihren<br />
individuellen Kompetenzen sprachlich<br />
auszudrücken, spielt das selbstständige<br />
Überarbeiten eine tragende<br />
Rolle. Die rechtschriftliche Revision als<br />
Teilbereich des Schreibens eröffnet authentische<br />
Lerngelegenheiten für den<br />
Rechtschreiberwerb. Finden zusätzlich<br />
regelmäßige und modellhafte Übungssequenzen<br />
statt, können Schüler für ein<br />
wachsendes Rechtschreibgespür sensibilisiert<br />
werden. Abschließend stellt<br />
sich dem Leser dieses Beitrages wohl<br />
nur noch die Frage: Was ist aus dem<br />
unfertigen Entwurf des Schülers Tim<br />
zu Beginn des Beitrages geworden?<br />
Über einige Wochen wurde der Textentwurf<br />
in der freien Schreibzeit weiterentwickelt<br />
und überarbeitet. Dabei<br />
lag der Fokus zunächst auf dem Inhalt.<br />
Verständnisfragen und komplexe<br />
Sinnzusammenhänge wurden in einer<br />
Schreibkonferenz zusammen mit<br />
anderen Kindern geklärt. Das Autorenkind<br />
nahm Verbesserungstipps an<br />
und konnte bald eine orthographische<br />
Revision antreten. Diese geschah sowohl<br />
in Rechtschreibkonferenzen als<br />
auch mit gezielten Überarbeitungsaufträgen<br />
von Seiten der Lehrkraft. Einen<br />
Schwerpunkt stellte für Tim die Großund<br />
Kleinschreibung dar. In freudiger<br />
Aussicht auf eine persönliche Würdigung<br />
wurde mit der gesamten Klasse<br />
eine Autorenlesung geplant und ein<br />
Geschichtenbuch mit Gruselbeiträgen<br />
gebunden. Schlussendlich schaffte es<br />
die Gruselgeschichte von Tim sogar in<br />
diese Fachzeitschrift (Abb. 6).<br />
Abb. 6: Nun ist die Geschichte fertig! Sie wurde nicht nur vorgelesen, sondern auch in ein Geschichtenbuch gebunden<br />
Anmerkungen<br />
(1) Brinkmann (2004), S. 39<br />
(2) Vgl. Dehn &Hüttis- Graff (2006),<br />
S. 18<br />
Literatur<br />
Brinkmann, E. (2004): Nun wird Dornröschen<br />
wachgeküsst … In: <strong>Grundschule</strong><br />
Deutsch Heft 4/2004 – Freies Schreiben:<br />
Texte verfassen, S. 38 – 41.<br />
Dehn, M. / Hüttis-Graff, P. (2006): Zeit für<br />
die Schrift II. Beobachtungen und Diagnose.<br />
Schulanfangsbeobachtung, Lernbeobachtung,<br />
Schreiben und Lesen, Lernhilfen.<br />
Berlin, Cornelsen Verlag Scriptor.<br />
GS <strong>aktuell</strong> <strong>124</strong> • November 2013<br />
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