oneX magazin 05.2015
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Tages-Anzeiger<br />
online,<br />
10. Mai 2015<br />
Tages-Anzeiger<br />
online,<br />
10. Mai 2015<br />
tionaler als Fussball und die Auseinandersetzungen<br />
zwischen den Bossen rund um Spiel<br />
und Business sind in der «Hitze des Gefechts»<br />
oft heftiger, aber ehrlicher und weniger gekünstelt<br />
als im Fussball. Hockey-Bosse sind<br />
weniger vom persönlichen Ego getrieben und<br />
geknechtet als Fussball-Generäle und halten<br />
sich viel mehr im Hintergrund. Das Eishockey<br />
kennt keinen Ancillo Canepa und keinen<br />
Christian Constantin. Auch keine Hasar deure<br />
wie Marc Roger, Bulat Tschagajew oder Helios<br />
Jermini. Selbst Präsidenten, die bei ihrem<br />
Hockeyunternehmen die Aktienmehrheit<br />
haben (wie Walter Frey) und sich gebärden<br />
könnten wie Canepa und Constantin, halten<br />
sich vornehm zurück.<br />
Die einzigen präsidialen Hockey-Selbstdarsteller<br />
der Neuzeit sind Jeannot Martinet<br />
(er war in Fribourg in den 1990er Jahren<br />
sehr erfolgreich und steht heute noch in<br />
höchstem Ansehen), Langnaus BDP-Gründer<br />
Hans Grunder (2009 an der Ilfis zum Rücktritt<br />
gezwungen) und Ambris Filippo Lombardi<br />
(noch im Amt). Aber Grunder und<br />
Lombardi sind Politiker und als «animal<br />
politique» gilt für beide: «Ich stehe im Rampenlicht,<br />
also bin ich und werde gewählt.»<br />
Es gibt noch einen ehemaligen Eishockey-<br />
Kadermann, der eine grandiose Fussball-<br />
Karriere hingelegt hat: Sepp Blatter. Er startete<br />
seine Funktionärslaufbahn mit einem<br />
Beziehungsdelikt. Verbandspräsident Josef<br />
Kuonen aus Visp macht den ehrgeizigen,<br />
noch nicht einmal 30-jährigen Sepp Blatter<br />
aus seinem Dorf während seiner Amtszeit<br />
(1962 bis 1966) zum Generalsekretär des<br />
Schweizerischen Eishockeyverbandes: Was<br />
Seppli im Eishockey lernt, vergisst Sepp nimmermehr.<br />
Der mächtigste Schweizer Sportfunktionär<br />
aller Zeiten ist im Eishockey «geformt»<br />
worden. Der Sonnenkönig des Fussballs<br />
ist der Mann, der aus der Kälte der<br />
Kunsteisbahnen gekommen ist.<br />
Wegen Stephan Anliker zu behaupten,<br />
dass aus dem Eishockey die besseren Fussball-<br />
Führungskräfte kommen, wäre schon etwas<br />
vermessen. Aber wer wagt es im Wissen um<br />
Sepp Blatter, diese These anzuzweifeln?<br />
VERSCHWORENE BRUDERSCHAFT<br />
Nach all dem müssten wir davon ausgehen,<br />
dass Stephan Anliker in Zürich ein hoch geachteter<br />
Fussball-Präsident geworden ist.<br />
Und dass GC bald auf Augenhöhe mit Basel<br />
spielen und geschäften wird. Aber so ist es<br />
nicht. Selbst die zurückhaltende NZZ hat<br />
Stephan Anliker inzwischen als «Präsident<br />
ohne Macht» bezeichnet. Die Chronisten aus<br />
Zürich nehmen ihn nicht mehr richtig ernst.<br />
In Zürich setzen sich im Fussballgeschäft<br />
eher Blender durch, die immer wieder Storys<br />
hergeben. Wie Ancillo Canepa, der sogar<br />
seinen Hund zum Medienthema macht. Bei<br />
Stephan Anliker absolut unvorstellbar. Im<br />
grossen Medienzirkus Zürich, wo alle nationalen<br />
Medien ihren Hauptsitz haben, wird<br />
nur gerühmt, wer es versteht, Indiskretionen<br />
zum richtigen Zeitpunkt den richtigen Leuten<br />
zu verraten. Auch das kommt für Stephan<br />
Anliker nicht in Frage.<br />
Nun beginnen wir zu erahnen, warum<br />
das, was beim SC Langenthal geht, bei GC<br />
nicht funktioniert. Obwohl es doch eigentlich<br />
kaum einen Unterschied gibt. Der Umsatz ist<br />
bei GC zwar fünfmal höher als beim SC Langenthal.<br />
Aber am Ende des Tages ist es doch<br />
die gleiche Branche: Das Profi-Sportgeschäft.<br />
Das Beispiel von Stephan Anliker zeigt<br />
uns die Unterschiede zwischen Eishockey<br />
und Fussball. Eishockey ist zwar auch ein<br />
internationaler Sport. Aber im Vergleich<br />
one X 5 / 2015 31