impuls - Soziale Arbeit - Berner Fachhochschule
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das kantonale Sozialhilfegesetz geregelt,<br />
jene im Vormundschaftswesen durch das<br />
Schweizerische Zivilgesetzbuch. Als globales<br />
Ziel der Sozialhilfe nennt das Gesetz<br />
die Sicherung der Wohlfahrt der Bevölkerung.<br />
Weiter beschreibt es drei Rahmenbedingungen<br />
der Organisation von Sozialbehörden:<br />
1. Jede Gemeinde hat eine<br />
Sozialbehörde zu bestellen; 2. mehrere<br />
Gemeinden können gemeinsam eine Sozialbehörde<br />
einsetzen; 3. falls Gemeinden<br />
keine Sozialbehörde bestimmen, ist diese<br />
Funktion zwangsläufig dem Gemeinderat<br />
zu übertragen. Die Sozialbehörden sind<br />
verantwortlich für die Ausgestaltung der<br />
kommunalen und regionalen Sozialhilfe<br />
und Sozialpolitik. Im Originalton des Gesetzestextes:<br />
«Die Sozialbehörden<br />
– beurteilen grundsätzliche Fragestellungen<br />
der Sozialhilfe,<br />
– beaufsichtigen den Sozialdienst und<br />
unterstützen ihn in seiner Aufgabenerfüllung,<br />
– erheben den Bedarf an Leistungsangeboten<br />
der Gemeinde,<br />
– erarbeiten Planungsgrundlagen zuhanden<br />
der Gesundheits und Fürsorgedirektion,<br />
– stellen mit Ermächtigung der Gesundheits<br />
und Fürsorgedirektion institutionelle<br />
Leistungsangebote bereit.»<br />
Ziele und Vorgehen<br />
der Studie<br />
Die hier vorgestellte Studie fokussiert die<br />
Entwicklungsprozesse der Sozialhilfe<br />
seit dem Jahr 2002, also seit dem Inkrafttreten<br />
des neuen Sozialhilfegesetzes.<br />
Die Studie<br />
– zeigt, wie die Sozialbehörden die neue<br />
strategische Rolle wahrnehmen und<br />
welches die fördernden bzw. hindernden<br />
Faktoren sind,<br />
– beschreibt die seit 2002 praktizierten<br />
Organisationsformen und <strong>Arbeit</strong>sweisen<br />
der Sozialbehörden,<br />
– beschreibt und begründet Erfolg versprechende<br />
Organisationsformen und<br />
Handlungsansätze zur Umsetzung einer<br />
wirkungsorientierten Steuerung der<br />
Sozialhilfe auf Gemeindeebene.<br />
Die Forschungsarbeit beinhaltet zwei<br />
Hauptteile. Im Frühjahr 2008 wurden eine<br />
schriftliche Befragung der 122 kommunalen<br />
bzw. regionalen Sozialbehörden und<br />
wenig später eine Befragung der 67 Sozialdienste<br />
im Kanton Bern durchgeführt. Die<br />
Rücklaufquoten waren mit 82,3 bzw. 96,9<br />
Prozent hoch. Die drei Städte Bern, Biel<br />
und Thun wurden nicht in die Befragungen<br />
einbezogen, da diese grundlegend andere<br />
Organisationsstrukturen aufweisen.<br />
Im zweiten Forschungsschritt wurde die<br />
Praxis von sieben Sozialbehörden detaillierter<br />
untersucht. In diesen Fallstudien<br />
wurden insgesamt 24 leitfadengestützte<br />
Interviews mit Schlüsselpersonen, die an<br />
der Steuerung der Sozialhilfe in den<br />
Gemeinden oder Regionen beteiligt sind,<br />
durchgeführt.<br />
Fragezeichen bei der<br />
institutionellen Sozialhilfe<br />
Die Typologie der Sozialbehörden (vgl.<br />
Kasten Seite 26) zeigt auf, dass die Sozialbehörden<br />
im Bereich der individuellen<br />
Sozialhilfe die vom Sozialhilfegesetz festgelegten<br />
Auf gaben weitgehend wahrnehmen<br />
können. Im Gegensatz dazu ist beobachtbar,<br />
dass Behörden in etlichen<br />
Regionen den Auftrag im Feld der institutionellen<br />
Sozialhilfe nicht wirkungsvoll<br />
erfüllen können. Verschiedene Faktoren<br />
führen zu dieser Differenz zwischen individueller<br />
und institutioneller So zialhilfe:<br />
– Das Leistungsangebot der individuellen<br />
Sozialhilfe ist durch Vorgaben des Kantons<br />
inhaltlich vergleichsweise stark<br />
reguliert: Seit 2004 ist eine Mindestgrösse<br />
der Sozialdienste vorgegeben, so<br />
dass Gemeinden mit kleinen Einwohnerzahlen<br />
mit anderen Gemeinden gemeinsame<br />
Trägerschaften gründeten. Den<br />
Sozialbehörden ist in diesem Feld eine<br />
klare und verbindliche Aufgabe zugewiesen,<br />
nämlich die strategische Führung<br />
der Sozialdienste.<br />
– Im Feld der institutionellen Sozialhilfe ist<br />
die Regulierungsdichte geringer: Es gibt<br />
kaum inhaltliche Verpflichtungen, der<br />
Aktivitätsgrad der Gemeinden darf stark<br />
variieren und sie können situativ Kooperationen<br />
mit anderen Gemeinden eingehen.<br />
In einem Teil der Gemeinden sind<br />
die individuelle und die institutionelle<br />
Sozialhilfe sogar unterschiedlichen Behörden<br />
übertragen: Einer regionalen<br />
Behörde bzw. dem lokalen Gemeinderat.<br />
Es sind diese Unterschiede in den strukturellen<br />
Bedingungen, die bewirken, dass,<br />
über den ganzen Kanton gesehen, die<br />
Ziele und Wirkungen im Feld der individuellen<br />
Sozialhilfe deutlich besser erreicht<br />
werden als im institutionellen Bereich.<br />
Diese Unstimmigkeit läuft der Grundidee in<br />
der Gesetzgebung zuwider, dass nämlich<br />
die individuelle und die institutionelle<br />
Sozial hilfe als Ganzheit betrachtet und<br />
gesteuert werden sollten. Diese Zielsetzung<br />
wird am ehesten dort erreicht, wo die<br />
Organisationsstrukturen die Steuerung<br />
der Sozialhilfe aus einer Hand erlauben:<br />
Optimale strukturelle Bedingungen sind<br />
dann gegeben, wenn eine Behörde mit<br />
beiden Gebieten der Sozialhilfe für eine<br />
Gemeinde zuständig und somit auch nur<br />
gegenüber höher gestellten Organen einer<br />
Gemeinde rechenschaftspflichtig ist. Die<br />
Unter suchungsergebnisse zeigen, dass es<br />
Gemeinden, die eine gemeinsame Sozialbehörde<br />
einsetzen, schwer fällt, im Feld<br />
der institutionellen Sozialhilfe ihre Autonomie<br />
einzuschränken und dem gemeinsamen<br />
Organ Kompetenzen zu übertragen.<br />
Weitere rollenklärungen<br />
sind notwendig<br />
Die Untersuchungsergebnisse zeigen, dass<br />
die seit 2002 praktizierte Aufgabenteilung<br />
zwischen strategischer und operativer<br />
Ebene und damit die Beschränkung der<br />
Aufgaben von Sozialbehörden weitgehend<br />
auf Akzeptanz stossen. Die Mehrheit der<br />
Sozialbehörden bearbeitet zurzeit die in<br />
der Gemeinde bzw. Region anfallenden<br />
<strong>impuls</strong> September 2010<br />
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