17.06.2016 Aufrufe

Bobinger Geschichten Juni2016

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Die Polizei bekommt direkten Onlinezugang zum Standesamt<br />

Bobingen.<br />

Bild: Stadtarchiv Bobingen<br />

Moderne Zeiten: Polizeihauptkommissar Clemens Müller<br />

trägt als einziger Polizist in Bobingen schon die neue,<br />

blaue Uniform.<br />

Bild: Anja Fischer<br />

Dieser Dienstbetrieb erscheint für<br />

zwei Beamte … ziemlich belastend.<br />

Ob aber dessen Durchführung<br />

von den gegenwärtigen Beamten<br />

für die Dauer nicht möglich<br />

ist, möchte ich höherer Beurteilung<br />

überlassen. Die Verstärkung<br />

dieser Station um einen Beamten<br />

dürfte, wie dies schon in<br />

einem meiner früheren Berichte<br />

an die Gendarmerie-Abteilung<br />

angedeutet ist, zu berücksichtigen<br />

sein, sobald irgendein Beamter<br />

zur Verfügung stünde. Möglicherweise<br />

könnte dies bei einer seinerzeitigen<br />

Änderung der Station<br />

Lagerlechfeld erreicht werden.“<br />

Noch 1927, also drei Jahre später,<br />

umfasste der Ist-Stand in Bobingen<br />

immer noch zwei Personen.<br />

Auch damals war der künftige<br />

wünschenswerte Sollstand mit<br />

drei Personen ausgewiesen.<br />

Die Zeit des Nationalsozialismus<br />

liegt in der Polizeigeschichte weitestgehend<br />

im Dunkeln. Beim<br />

Einmarsch der amerikanischen<br />

Truppen in Königsbrunn und Bobingen<br />

werden sämtliche polizeiliche<br />

Unterlagen, die mit einem<br />

Hakenkreuz versehen sind, vernichtet.<br />

Gemeinderat fühlt<br />

sich beleidigt<br />

In den Archiven ist jedoch in den<br />

städtischen Beschlussbüchern eine<br />

Beleidigungsklage des Gemeinderates<br />

gegen den <strong>Bobinger</strong><br />

Landwirt Matthias K. zu finden.<br />

Dieser hat laut Zeugenaussagen<br />

am 6. August 1933 folgende Worte<br />

geäußert: „Wenn überhaupt<br />

noch ein Bauer in den Gemeinderat<br />

geht, dann muss er keinen<br />

Charakter haben und ich halte<br />

nächstes Jahr keinen Eber mehr,<br />

der Gemeinderat soll seine Säue<br />

selber machen.“ Selbstverständlich<br />

waren die Gemeinderäte über<br />

eine derart direkte Ansprache erbost.<br />

Schon zwei Tage später wurde<br />

in einer Sitzung beschlossen,<br />

wegen dieser Beleidigung gegen<br />

HISTORIE<br />

Das „blaue“ Ärmelabzeichen.<br />

Bild: Anja Fischer<br />

den K. Strafantrag zu stellen. Am<br />

29. August ist zu lesen: „In der<br />

Zwischenzeit hat Vermittlung mit<br />

Landwirt K. wegen Beleidigung<br />

des Gemeinderates stattgefunden.<br />

K. erklärt sich bereit 10 Reichsmark<br />

in die Armenkasse zu bezahlen.<br />

Mit dieser Regelung ist<br />

der Gemeinderat jedoch nicht<br />

einverstanden. Es wird K. die<br />

Zahlung von 40 Reichsmark verlangt<br />

und von der Veröffentlichung<br />

in der Zeitung abgesehen.<br />

Die Buße ist innerhalb 8Tagen<br />

bei der Gemeinde einzuzahlen.“<br />

Zum Vergleich: eine Pflegekraft<br />

im Gemeindekrankenhaus erhielt<br />

zu dieser Zeit eine Entlohnung<br />

von 20 Reichsmark im Monat. So<br />

war dem K. die geforderte Summe<br />

anscheinend zu hoch. Jedenfalls<br />

heißt es am 19. September<br />

1933 weiter: „In der Beleidigungssache<br />

K. teilt 1. Bürgermeister<br />

Renz mit, dass K. die Zahlung<br />

von 40 Reichsmark nicht geleistet<br />

habe und sich nur zur Zahlung<br />

einer Buße von 10 Reichsmark<br />

bereit erklärt. Der Gemeinderat<br />

nimmt dieses Angebot nicht an;<br />

K. ist zu eröffnen, dass weitere<br />

Schritte gegen ihn unternommen<br />

werden, wenn der Betrag von<br />

40 Reichsmark nicht binnen drei<br />

Tagen einbezahlt ist.“ In den weiteren<br />

Sitzungen kommt dieser<br />

Beleidigungsvorfall nicht mehr<br />

zur Sprache, weswegen anzunehmen<br />

ist, dass Landwirt K. doch in<br />

den für ihn so sauren Apfel biss<br />

und die geforderte Summe bezahlte.<br />

Ob er dann im nächsten<br />

Jahr tatsächlich keinen Eber mehr<br />

hielt, ist leider nicht bekannt.<br />

In der NS-Zeit<br />

Die Zeit des Nationalsozialismus<br />

war auch für die Polizei eine Zeit<br />

der Gebote und Verbote. Bei den<br />

wenigen erhaltenen Unterlagen<br />

sind beispielsweise Dienstanweisungen,<br />

in denen die „Grußpflicht<br />

zwischen den Angehörigen der<br />

uniformierten Staatspolizei und<br />

der nationalen Verbände“ geregelt<br />

ist.<br />

Eine Dienstanweisung aus dem<br />

Staatsministerium des Innern<br />

vom 3. März 1937 befasst sich<br />

mit der „Anrede im dienstlichen<br />

und außerdienstlichen Verkehr<br />

bei der Ordnungspolizei“ und<br />

lautet wie folgt:<br />

BOBINGER GESCHICHTE(N), Band 6, Juni 2016 19

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!