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Bobinger Geschichten Juni2016

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LEBENSLINIEN<br />

IM PORTRAIT<br />

DieBettyausdemSchuhgeschäft<br />

Barbara Heider ist für viele <strong>Bobinger</strong> vor allem ein Begriff unter<br />

ihrem Rufnamen Betty. Sie gehörte ihr Leben lang zu Bobingen wie<br />

die Salamander-Schuhe, die sie in ihrem Geschäft verkaufte.<br />

Heute lebt sie ein wenig zurückgezogen, macht aber immer noch<br />

gerne Ausflüge in die nähere Umgebung.<br />

Barbara Heider.<br />

Von Anja Fischer<br />

Das Schuhgeschäft der Familie<br />

Heider am Kirchplatz in Bobingen<br />

war jahrzehntelang vor allem<br />

mit zwei Namen verbunden: dem<br />

Salamander-Schuh und der Inhaberin<br />

Barbara Heider,der„Heider<br />

Betty“.So wurde Barbara Heider<br />

genannt, um sie von der Mutter<br />

zu unterscheiden,nach der sie bei<br />

ihrer Geburt am 22. November<br />

Bild: Anja Fischer<br />

1927 genannt wurde. Die Kinder<br />

wurden damals zu Hause geboren.<br />

Barbara war die Mittlere von<br />

drei Geschwistern: Bruder Johann,<br />

der nach seinem Vater benannt<br />

wurde, war ein Jahr älter,<br />

Schwester Genoveva wurde 1929<br />

geboren.<br />

Die Kinder waren nicht im Kindergarten,<br />

sondern wurden bis<br />

zum Schulanfang von der Mutter<br />

daheim betreut.Zum Spielen gab<br />

es alte Stoffpuppen und das, was<br />

man in Haus und Hof so fand.<br />

Fertige Spielsachen hatten die<br />

Kinder wenige. „Aber wir waren<br />

damit auch zufrieden“, erklärt<br />

Betty Heider.„Für unsere Puppen<br />

haben wir uns selbst wie es halt<br />

ging, Anziehsachen zurechtgenäht<br />

und damit sind wir dann<br />

ausgekommen.“ Gerne spielten<br />

die Kinder draußen, denn „im<br />

Haus fand die Mutter dann<br />

schnell etwas, was man tun und<br />

helfen konnte.“ Mit sechs Jahren<br />

kam Barbara in die Schule.Mädchen<br />

und Buben waren damals in<br />

einer Klasse beieinander. „Wir<br />

waren eine große Klasse, 56 Kinder<br />

insgesamt“, weiß Barbara<br />

Heider noch heute.„In den ersten<br />

vier Klassen hatten wir das Fräulein<br />

Sperer. Und da haben wir<br />

schon folgen müssen.“ Wer ungehorsam<br />

war oder die Hausaufgaben<br />

nicht gemacht hatte, für den<br />

gab es als Mädchen Tatzen mit<br />

dem Stock. Die Buben bekamen<br />

Hosenspanner. „Ich habe selten<br />

Tatzen bekommen“,erinnert sich<br />

Barbara Heider. „Ich war in der<br />

Schule eine Brave.“ Sie schmunzelt:<br />

„Vielleicht habe ich mich<br />

aber auch nur nicht erwischen<br />

lassen!“ Das erste Klassenzimmer<br />

hatte Barbara Heider in der heutigen<br />

Sozialstation.Später wurden<br />

die Schüler in der Alten Mädchenschule<br />

unterrichtet.„Ich bin<br />

gerne zur Schule gegangen, aber<br />

wir sind da auch nicht groß gefragt<br />

worden“, erinnert sich Barbara<br />

Heider. „Man hat halt hinmüssen,<br />

ob wir wollten oder<br />

nicht. Es hat einfach geheißen:<br />

das wird jetzt gelernt und dann<br />

hat man das eben gemacht.“ Sie<br />

lernte aber trotzdem ganz gerne.<br />

Damals wurde in der Schule gerade<br />

für die Mädchen noch viel<br />

Handarbeiten gelehrt und in den<br />

letzten Jahren gab es auch Kochunterricht.<br />

Feste undFeiern<br />

Den Geburtstag hat man in der<br />

Kindheit von Betty Heider kaum<br />

gefeiert. „Eher den Namenstag“,<br />

erzählt sie.„Da gab es dann aber<br />

auch keine großen Geschenke.<br />

Die Mutter hat vielleicht einen<br />

Kuchen gebacken, darüber hat<br />

man sich auch gefreut.“ Auch<br />

Weihnachten und Ostern wurde<br />

zwar gefeiert, aber das sei mit<br />

heute nicht zu vergleichen. „An<br />

Weihnachten ging man gemeinsam<br />

in die Christmette“,erinnert<br />

sich Barbara Heider. „Da gab es<br />

dann vorher eher etwas Schnelles<br />

zum Essen.“ Besonderes sei eher<br />

am ersten Weihnachtsfeiertag gekocht<br />

worden.Ostern war es ähnlich.Die<br />

Familie besucht gemeinsam<br />

die Osternacht, aber ein<br />

Osternestchen kannte Barbara<br />

Heider in ihrer Kindheit noch<br />

nicht. „Diese ganzen Schokoladenhasen<br />

und Eier – das gab es<br />

einfach noch nicht. Diese Sachen<br />

kamen erst später, nach dem<br />

Krieg auf“, sagt sie. „Wir haben<br />

uns über ein paar hartgekochte<br />

Eier gefreut, die man für sich allein<br />

geschenkt bekam. Das war<br />

schon etwas Besonderes.“ Ob die<br />

Eier damals schon bunt gefärbt<br />

waren,weiß Barbara Heider heute<br />

nicht mehr.„Ich glaube aber eher<br />

nicht.“<br />

Ein besonderes Fest war allerdings<br />

damals schon die Erstkommunion.<br />

„Wir Mädchen trugen<br />

ein weißes Kleid,das ein bisschen<br />

übers Knie ging“,erinnert sich die<br />

Seniorin. „Es war schon etwas<br />

ganz Besonderes, als wir Buben<br />

und Mädchen gemeinsam mit<br />

unseren Kerzen in die Kirche einzogen.“<br />

Nach dem Gottesdienst<br />

habe man dann zu Hause mit der<br />

Familie gefeiert. „Da ging man<br />

noch nicht in die Wirtschaft.Das<br />

konnte sich kaum einer leisten“,<br />

46 BOBINGER GESCHICHTE(N), Band 6,Juni 2016

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