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Bobinger Geschichten Juni2016

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LEBENSLINIEN<br />

Barbara Heider (ganz rechts), 2011.<br />

Bild: Foto Hirche<br />

der Arbeit hinaus gefahren oder<br />

am Samstagnachmittag“, erinnert<br />

sich Barbara Heider. „Für uns<br />

Mädchen war das nichts. Wir<br />

sind da nur ganz selten mal hinaus<br />

gekommen.“<br />

Zu Veranstaltungen wie dem<br />

Maitanz habe man gehen dürfen.<br />

Die Mädchen machten sich dazu<br />

schick und zogen meist ein<br />

Dirndl an. „Die waren damals<br />

aber noch viel länger als heute“,<br />

lacht Barbara Heider. „Da gingen<br />

die Röcke noch bis weit übers<br />

Knie.“ Zur Blasmusik sei dann<br />

auch ein wenig getanzt worden.<br />

Die Vereine und Organisationen<br />

wie die Blasmusik oder Kolping<br />

seien eher ein Treffpunkt für die<br />

jungen Burschen gewesen. „Für<br />

uns Mädchen gab es da wenig<br />

Möglichkeiten.“<br />

Urlaub gab es früher kaum. „Es<br />

gab ja eigentlich immer was zu<br />

tun“, schmunzelt Barbara Heider.<br />

„Und man musste da sein, wenn<br />

der Laden offen hat.“ Für große<br />

Reisen habe man sich keine Zeit<br />

genommen. Ausflüge machte<br />

Barbara Heider aber immer gerne<br />

– auch heute noch. „Wir sind<br />

dann mal in die Berge gefahren<br />

oder haben eine Busfahrt mitgemacht“,<br />

erinnert sie sich gerne.<br />

„Aber dann hieß es gleich wieder:<br />

Wenn der Laden offen hat, brauchen<br />

wir dich.“ Das blieb auch so,<br />

als der Bruder geheiratet hatte.<br />

„Meine Schwägerin hatte kein<br />

großes Interesse am Geschäft und<br />

so habe ich weiter für alles da sein<br />

müssen. Das war halt einfach so.“<br />

Barbara Heider blieb ledig. „Es<br />

gab schon Burschen, die mich gefragt<br />

haben, warum heiratest Du<br />

mich nicht?“, lacht sie. „Die haben<br />

schon gedacht, ich wäre das rechte<br />

Mädchen für sie.“ Aber ihr Elternhaus<br />

sei recht streng gewesen.<br />

„Wenn ich da mal einen Freund<br />

mitgebracht habe, dann hat die<br />

Mutter gleich gesagt: „Du, mit<br />

dem hat das fei keinen Wert, der<br />

ist nix!“, erinnert sich Barbara<br />

Heider. Damals habe man den<br />

Eltern noch gefolgt. Und dann<br />

eben den jungen Burschen wieder<br />

sausen lassen.<br />

„Mir war aber irgendwann auch<br />

meine Selbstständigkeit sehr<br />

wichtig“, sagt Barbara Heider<br />

nachdenklich. „Damals gab es nur<br />

die Möglichkeit, entweder verheiratet<br />

und Hausfrau zu sein oder<br />

ledig im Geschäft. Und bei mir<br />

hat’s eben immer geheißen, Du<br />

gehörst ins Geschäft.“ Die Selbstständigkeit<br />

dort habe sie irgendwann<br />

nicht mehr missen wollen.<br />

„Ich hatte mich daran gewöhnt.<br />

Es war halt einfach so.“<br />

Heute<br />

1991 gab Barbara Heider das Geschäft<br />

auf. „Das ist mir schon<br />

schwergefallen“, gibt sie zu. Die<br />

Arbeit im Laden habe ihr immer<br />

Spaß gemacht. Was sie am Ruhestand<br />

genoss: es blieb Zeit für<br />

Reisen ohne dass das Geschäft im<br />

Hintergrund wartete. 1992 fuhr<br />

Barbara Heider nach Madeira,<br />

1997 nach Rhodos und ein Jahr<br />

später nach Mallorca. „Das war<br />

immer wunderschön“, erzählt sie.<br />

„Die tollen Landschaften und die<br />

vielen Blumen und Pflanzen!“<br />

Doch auch im näheren Raum<br />

fand Barbara Heider schöne Stellen:<br />

weitere Reiseziele waren deshalb<br />

Südtirol oder die Mecklenburgische<br />

Seenplatte. Heute ist<br />

Barbara Heider (2te v. links) mit Mutter und Schwester<br />

Genoveva.<br />

Bild: Foto Hirche<br />

Barbara Heider nicht mehr ganz<br />

so mobil. „Als ich 70 wurde, habe<br />

ich mein Auto hergegeben“, erzählt<br />

sie. „Danach bin ich zwar<br />

noch viel geradelt, aber das geht<br />

heute auch nicht mehr.“ An Ausflügen<br />

nimmt sie aber immer<br />

noch gerne teil. „Alles, was nicht<br />

länger wie einen halben Tag geht,<br />

mache ich gerne mit“, sagt sie.<br />

Versorgen tut sie sich meist noch<br />

selbst. „Alles, was man noch selber<br />

machen kann, ist viel Wert“,<br />

so lautet Barbara Heiders Credo.<br />

„Und es ist auch Gewohnheit: Bei<br />

meiner Mutter habe ich gesehen,<br />

dass man viel selbst machen kann<br />

und den Rest muss man halt so<br />

nehmen, wie es kommt“, sagt sie.<br />

BOBINGER GESCHICHTE(N), Band 6, Juni 2016 49

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