Bobinger Geschichten Juni2016
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LEBENSLINIEN<br />
Bahnhofstraße 2, erster Laden von Schuster Johann Heider.<br />
Bild: Bildarchiv Georg Fritz<br />
Schuhbestellung, Abrechnung –<br />
da hat man schon viele Spielräume<br />
gehabt.“ Aber man habe auch<br />
wissen müssen, wo man hinlangen<br />
darf und kann. „Wenn man<br />
wie ich in so ein Fach hineinwächst,<br />
hatte man das aber ziemlich<br />
bald heraus“, schmunzelt<br />
Barbara Heider. Sie habe einfach<br />
schnell lernen müssen, mit den<br />
Leuten umzugehen.<br />
Viel Freizeit hatte das junge<br />
Mädchen damals nicht.„Nach der<br />
Arbeit im Laden habe ich<br />
manchmal abends noch die<br />
Hausaufgaben machen müssen,<br />
als ich noch zur Schule ging“, erzählt<br />
sie. Später galt es dann<br />
abends den Haushalt in ihrer<br />
Wohnung in der Poststraße zu<br />
besorgen. Wo es Arbeit zu tun<br />
gab, musste Barbara Heider mit<br />
anpacken. Egal ob es beim Verkauf<br />
im Laden, bei der Arbeit in<br />
der Werkstatt oder im Haushalt<br />
beim Kochen und Putzen war.<br />
„Landwirtschaft hatten wir aber<br />
keine mehr. Mein Vater hat den<br />
vorderenTeil des Hauses mit dem<br />
Laden und der Werkstatt bekommen,<br />
mein Onkel Luis in der<br />
Mitte den Bauernhof.“ Ein paar<br />
Hühner hielt die Mutter, um frische<br />
Eier und ab und zu etwas für<br />
den Suppentopf zu haben. Auch<br />
ein Gemüsegarten wurde von der<br />
Mutter versorgt. Gekocht wurde<br />
so gut wie immer selbst zu Hause.<br />
Mal zum Essen in die Wirtschaft<br />
gehen? Machte man damals<br />
nicht. Die Mutter kochte aus<br />
dem,was man selbst hatte:Es gab<br />
viele Hefezöpfe,Mehlspeisen und<br />
das, was im Garten wuchs. Gegessen<br />
wurde, was auf den Tisch<br />
kam. „Ein Lieblingsessen zu haben<br />
oder gar etwas gar nicht zu<br />
mögen – das gab es damals nicht.<br />
Wir hätten uns das gar nicht getraut“,<br />
erzählt Barbara Heider.<br />
„Das ist schon ein Unterschied zu<br />
heute.“<br />
Wenig Freizeit<br />
für Mädchen<br />
Man habe eben gearbeitet,so lange<br />
es etwas zu tun gegeben habe.<br />
Und gefunden habe man fast immer<br />
etwas. „Von unserer Freizeit<br />
hatten wir deshalb so gut wie<br />
nix.“ Mal zum Baden an die<br />
Wertach fahren? „Das haben eher<br />
die jungen Burschen gemacht.<br />
Die sind am frühen Abend nach<br />
Schuhmachermeister Johann Heider, 1954.<br />
Bild: Bildarchiv Georg Fritz<br />
Inserat Schuhladen Familie Heider.<br />
Bild: Elisabeth Fritz<br />
Betty Heider (Mitte) im Laden mit ihren Mitarbeiterinnen Gerda Vogl (links) und<br />
Rosa-Maria Bartz (rechts).<br />
Bild: Gerda Vogl<br />
48 BOBINGER GESCHICHTE(N), Band 6,Juni 2016