Bobinger Geschichten Juni2016
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KIRCHE<br />
Das Laurentiushaus nach seiner Fertigstellung als<br />
Kindergarten und Wohnheim. Bild: Bildarchiv Georg Fritz<br />
dergarten mussten nach ihrer Fertigstellung<br />
der Allgemeinheit ohne<br />
Einschränkung zugute kommen.<br />
Wohnheim nur<br />
für Mädchen<br />
Als der Verein „Jugendzentrum<br />
Bobingen e.V.“ im Februar 1952<br />
beschloss, statt eines gemischten<br />
Wohnheims, ein Wohnheim nur<br />
für Mädchen einzurichten, verfolgte<br />
die Gemeinde diese Entscheidung<br />
mit großem Interesse<br />
und Wohlwollen. In einem<br />
Schreiben heißt es: „… Wir halten<br />
es für richtig, dass man sich<br />
entschloss, an Stelle eines gemischten<br />
Jugendwohnheimes ein<br />
Jugendwohnheim für Mädchen<br />
zu errichten, da die Gewerbeund<br />
Industriebetriebe der Gemeinde<br />
gerade für weibliche<br />
Lehrlinge und Jugendliche laufend<br />
Unterkunft und Wohnung<br />
suchen ... Viele Dieser jungen<br />
Menschen haben einen weiteren<br />
Anmarschweg zur Arbeitsstelle<br />
und würden es zusammen mit<br />
den Eltern sehr begrüßen, wenn<br />
sie in einem gut geführten Heim<br />
wohnen könnten, das ihnen das<br />
Elternhaus in den kritischen Entwicklungsjahren<br />
ersetzen könnte<br />
... Wir sind überzeugt, dass in<br />
den kommenden Jahren das Bedürfnis<br />
nach Wohnplätzen für<br />
weibliche Jugendliche noch bedeutend<br />
ansteigen wird, so dass<br />
mit einer guten Wirtschaftlichkeit<br />
des Heimes zu rechnen ist.“<br />
Das Projekt schritt gut voran und<br />
stand schon im Dezember 1953<br />
kurz vor seiner Eröffnung. Im<br />
Erdgeschoss befand sich ein vollständiger<br />
Kindergarten mit zwei<br />
großen Tagesräumen und einem<br />
Schlafsaal, getrennten Garderoben<br />
für Buben und Mädchen und<br />
den erforderlichen Nebenräumen.<br />
In den beiden Obergeschossen<br />
des Neubaus war ein Jugendwohnheim<br />
für Mädchen untergebracht,<br />
das 54 Lehrlingen, Jungarbeiterinnen<br />
oder Angestellten<br />
eine schöne Wohnung und ein<br />
gemütliches Heim bot. Das<br />
Wohnheim wurde auch zur Entlastung<br />
der drückenden Wohnungsnot<br />
betrachtet, die in Bobingen<br />
nach dem Krieg herrschte.<br />
Knapp 400.000 DM hatte das<br />
Bauprojekt insgesamt verschlungen.<br />
Im Dezember 1953 war bis<br />
auf 23.000 DM der gesamte Betrag<br />
finanziert. Der Verein trat<br />
deshalb nochmals an die Gemeinde<br />
Bobingen um Unterstützung<br />
heran.<br />
Nach der feierlichen Eröffnung<br />
am 30. Januar 1954 beschloss der<br />
Marktrat zudem, einen Betrag<br />
von 500 DM zur Gewährung von<br />
Freiplätzen an den Verein zu geben.Die<br />
Plätze sollten minderbemittelten<br />
Kindern der Marktgemeinde<br />
zustehen. Die Zuteilung<br />
der Freiplätze erfolgte durch das<br />
Fürsorgereferat der Marktgemeinde<br />
nach Prüfung der wirtschaftlichen<br />
Verhältnisse des Antragstellers.<br />
An den Verein erging<br />
die Bitte der Gemeinde, dass<br />
„sollten ihnen Familien bekannt<br />
sein, die ihre Kinder gerne zum<br />
Kindergarten schicken würden,<br />
die finanzielle Belastung aber jedoch<br />
nicht tragen können,so bitten<br />
wir,diese Familie an das Fürsorgereferat<br />
der Marktgemeinde<br />
zu verweisen.“ Die Marktgemeinde<br />
werde dann nach Entscheidung<br />
der eingehenden Anträge<br />
im Einzelfalle mitteilen, ob und<br />
für welche Zeit die Kosten im<br />
Kindergarten durch die Marktgemeinde<br />
übernommen werden.Die<br />
kirchliche Weihe des Jugendwohnheims<br />
mit Kindergarten<br />
fand am 9. Februar 1954 durch<br />
Bischof Dr. Josef Freundorfer<br />
statt.<br />
Die monatliche Miete für ein<br />
Zimmer im Wohnheim betrug<br />
42 Mark, darin waren das Frühstück,<br />
sowie die Kosten für Zentralheizung,Wasser,Licht<br />
und die<br />
Benutzung der Gemeinschaftsräume<br />
inbegriffen.<br />
Anna Maria Mader<br />
Eine Frau, die das Projekt Kindergarten<br />
und Wohnheim sehr<br />
vorantrieb und als Mitbegründerin<br />
die Idee ins Rollen brachte,ist<br />
die Caritas Bezirksschwester Anna<br />
Maria Mader. Sie übernahm<br />
auch ab dem Jahr 1954 die Leitung<br />
des Hauses und war damit<br />
für rund 100 Kinder,die von zwei<br />
ausgebildeten Kinderschwestern<br />
betreut wurden und 54 Betten im<br />
Wohnheim zuständig. Daneben<br />
sorgte Anna Maria Mader dafür,<br />
dass immer wieder Kinder in Bobingen<br />
untergebracht werden<br />
konnten. Schon am 6. Juli 1954<br />
schrieb sie an Bürgermeister Josef<br />
Hartmann: „Durch Rundfunk<br />
und Presse wird um Unterbringung<br />
von Kindern aus Ost- und<br />
Westberlin gebeten. Da die Unterbringung<br />
in den großen Ferien<br />
sein soll, dies aber für unsere<br />
Landwirte die dringendste Arbeitszeit<br />
ist, ist es diesem Kreis<br />
nicht möglich, den Kindern die<br />
nötige Aufsicht zu gewähren.<br />
Nach Rücksprache mit verschiedenen<br />
maßgebenden Personen,<br />
sind wir übereingekommen,ungefähr<br />
25 Kinder im Jugendheim<br />
unterzubringen. Meine Dienststelle<br />
in Augsburg würde sich mit<br />
50% der Kosten beteiligen. Die<br />
anderen 50% sollen durch freiwillige<br />
Spenden aufgebracht werden.<br />
Um die Kinder richtig zu versorgen,<br />
ist ein Tagessatz von 4 DM<br />
notwendig. Für 25 Kinder in<br />
35 Tagen zusammen 3.500 DM.“<br />
Anna Maria Mader bat damit die<br />
Marktgemeinde und auch die Direktion<br />
der Fabrik um Hilfe. Da<br />
die freiwilligen Zuschüsse (die<br />
Ein Zimmer im Wohnheim.<br />
Bild: Bildarchiv Georg Fritz<br />
Der Aufenthaltsraum im Wohnheim.<br />
Bild: Bildarchiv Georg Fritz<br />
Raum für den Kindergarten nach der<br />
Eröffnung. Bild: Bildarchiv Georg Fritz<br />
24 BOBINGER GESCHICHTE(N), Band 6,Juni 2016