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Bobinger Geschichten Juni2016

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HOBBY<br />

hen, diese mit den Krallen festzuhalten<br />

und dann kleine Stücke<br />

davon abzureißen. Sie sind es<br />

nicht gewöhnt, gefüttert zu werden.<br />

„Verletzte Vögel nehmen am<br />

Anfang meist nichts an“, berichtet<br />

Reichinger. „Erst wenn sie richtig<br />

Hunger haben, nehmen sie das<br />

Futter.“ Normalerweise mache es<br />

den Tieren nichts aus, ein oder<br />

zwei Tage nichts zu fressen zu bekommen.<br />

In der Natur finden sie<br />

aufgrund der Witterung oder des<br />

Futterangebots auch nicht jeden<br />

Tag etwas. Nehmen die Tiere allerdings<br />

nach zwei Tagen noch<br />

nichts, kann es kritisch werden.<br />

WERBEVERLAG<br />

Wenn Rupert Reichinger Jungvögel<br />

großzieht, schneidet er die<br />

Eintagsküken in ganz kleine<br />

Stückchen, wie es die Altvögel<br />

eben auch tun würden. Dann<br />

reicht er den Kleinen die Stückchen<br />

mit der Pinzette, zumindest<br />

so lange sie noch Flaum tragen.<br />

Später,wenn die Vögel gut auf ihren<br />

Beinen stehen können, bekommen<br />

sie das Futter hingelegt<br />

und fressen es selbst. „Natürlich<br />

könnte ich die Tiere auch dazu<br />

bringen, mir aus der Hand zu<br />

fressen“, weiß der Friseurmeister.<br />

„Sie würden dann ganz handzahm<br />

werden. Aber ich möchte<br />

die Tiere ja wieder aussetzen, deshalb<br />

werden sie zwar gefüttert,<br />

aber nicht gewöhnt.“ Schließlich<br />

sollen die Vögel für ihr weiteres<br />

Leben ihre natürliche Scheu gegenüber<br />

dem Menschen nicht<br />

verlieren und wie bisher alleine<br />

zurechtkommen können.<br />

Zurück in die<br />

Freiheit<br />

Wirschreiben nichtnur Geschichte(n) ...!<br />

Diese Falkendame hat Rupert<br />

Reichinger über den letzten<br />

Winter gepflegt.<br />

Bild: Anja Fischer<br />

Wenn die Tiere dann wieder gesund<br />

sind, lässt Rupert Reichinger<br />

sie frei. „Wenn ich die Vögel in<br />

der Voliere fliegen lasse, merke<br />

ich am kraftvollen Absprung, ob<br />

sie wieder so weit sind“, erzählt<br />

der erfahrene Experte. Manchmal<br />

lassen es ihn die Vögel auch direkt<br />

wissen. „Nach einem Autounfall<br />

bekam ich eine Schleiereule.<br />

Als ich die wieder auswildern<br />

wollte, brachte ich sie wieder in<br />

die Nähe der Unfallstelle zurück.<br />

Sie ist aber nur ein paar Meter<br />

gehüpft und nicht weggeflogen –<br />

sie war einfach noch nicht so<br />

weit.“ Reichinger nahm das Tier<br />

dann noch einmal mit nach Hause<br />

und päppelte es weitere vier<br />

Wochen auf. Beim nächsten Versuch<br />

flog die Schleiereule dann<br />

auch in die Freiheit.<br />

„Es ist schon ein tolles Gefühl,<br />

wenn man so ein Tier, welches<br />

man verletzt bekommen hat, wieder<br />

fliegen lassen kann“, sagt Rupert<br />

Reichinger mit Ehrfurcht.<br />

Ein wenig wehmütig sei man da<br />

zwar schon, immerhin habe man<br />

manche Tiere ja mehrere Monate<br />

gepflegt, aber „ein Greifvogel gehört<br />

nun einmal in die Luft!“ Seine<br />

Lieblingsvögel sind dabei die<br />

Sperber, „weil die so rasant fliegen<br />

bei der Jagd!“ Das aber koste sie<br />

auch oft das Leben: „Wenn sie<br />

beispielsweise im vollen Flug in<br />

Fensterscheiben fliegen.“<br />

Auch außerhalb seiner Auffangund<br />

Pflegestation setzt sich Rupert<br />

Reichinger für die Vögel ein.<br />

Schon öfter hat er Nistkästen für<br />

Turmfalken gebaut und hoch<br />

oben an Gebäuden und Maschinenhallen<br />

montiert. Auch am <strong>Bobinger</strong><br />

Wasserturm hängt ein solcher<br />

Nistkasten. Regelmäßig brüten<br />

dort Turmfalken. Das freut<br />

Rupert Reichinger am allermeisten<br />

und wird von ihm und seiner<br />

Frau Erna stets gerne beobachtet.<br />

„Von unserer Wohnung aus haben<br />

wir einen direkten Blick auf den<br />

Kasten“, schmunzelt Reichinger<br />

und deutet auf ein großes Fernglas,<br />

das schon auf dem Fensterbrett<br />

für die Falkenbeobachtung<br />

bereitsteht. „Von meinem Stammplatz<br />

am Esstisch aus habe ich<br />

freie Sicht auf den Nistkasten. Ich<br />

könnte den Vögeln stundenlang<br />

zusehen.“ Zumindest wenn ihm<br />

seine anderen Hobbys wie der<br />

Garten und das wöchentliche Singen<br />

im Friseurchor Zeit dazu lassen.<br />

Seine fünf Hühner, fünf<br />

Wachteln und zwei Tauben wollen<br />

ebenfalls versorgt werden. Und<br />

wenn wieder ein verletzter Greifvogel<br />

gebracht wird, steht natürlich<br />

dessen Pflege an erster Stelle!<br />

Schade ist es nur, dass man nicht<br />

weiß, was aus den gesund gepflegten<br />

Tieren wird. Paaren sie sich<br />

und ziehen ein Nest voller Küken<br />

groß? Fliegen sie weiter weg oder<br />

bleiben sie in der Nähe? „Es wäre<br />

schon schön, wenn man das nachvollziehen<br />

könnte“, sagt Rupert<br />

Reichinger. Zwar werden die<br />

Waldkäuze, Bussarde und Turmfalken,<br />

die er wieder freilässt von<br />

ihm vorher beringt, doch nur einmal<br />

kam es bisher dadurch zu einer<br />

Rückmeldung. „Von einem<br />

Turmfalken, den ich beringt und<br />

wieder freigelassen habe, wissen<br />

wir, dass er bei Oberottmarshausen<br />

in einen Zug flog“, erzählt<br />

Reichinger. Er seinerseits habe die<br />

Ringnummer einer zu ihm gebrachten<br />

toten Schleiereule weitergeben<br />

können. „Die Eule wurde<br />

im Tiefen Tal gefunden und durch<br />

die Ringnummer erfuhr ich von<br />

der Vogelwarte Radolfzell, dass sie<br />

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23<br />

Juli<br />

2014<br />

€ 3.–<br />

Joe Ittner erinnert<br />

sich an die US<br />

Army Seite 10<br />

NACHGEFRAGT<br />

Kirchenchor und Orchester der Pfarrei<br />

St. Pankratius: Anspruchsvolle Musik Seite 39<br />

Fliegenfischen made<br />

in Lechhausen<br />

Seite 43<br />

LEBENSLINIEN<br />

HOBBY KIRCHE<br />

Kinder atmen Zauberluft<br />

Seite 25<br />

Jetzt löst er die Fesseln und lässt sie fliegen. Bild: Anja Fischer<br />

40 BOBINGER GESCHICHTE(N), Band 6, Juni 2016

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