SOCIETY 369 / 2016
Nr. 369 I Nr. 1 - 2016
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GREEN <strong>SOCIETY</strong><br />
INTERVIEW<br />
Blubbernde Leidenschaft<br />
Handgemachtes Eingelegtes ist wieder im Trend.<br />
<strong>SOCIETY</strong> sprach mit Saly Wolfger von BLUB über<br />
die Wiederentdeckung dieser Tradition.<br />
BLUB-Gründer Saly und<br />
Ulrich Wolfger an ihrem<br />
Stand am Yppenmarkt<br />
Renner und der Rest ist Geschichte. Besonders<br />
beliebt ist übrigens, neben unserem Kimchi, das<br />
monatlich wechselnde Chutney und unser Apple-<br />
Mustard. Wir lieben es, auf dem Markt zu stehen<br />
und würden es nicht ändern wollen!<br />
CURRICULUM<br />
VITAE<br />
Ulrich Wolfger wurde in<br />
Leoben geboren. Nach einer<br />
Ausbildung zum Koch<br />
verbrachte er viele Jahre in<br />
Michelin Stern Restaurants<br />
in der Schweiz, Deutschland,<br />
Österreich, Australien,<br />
England, Irland und<br />
Kanada, wo er auch seine<br />
Frau Saly kennenlernte.<br />
Hauptberuflich arbeitet er<br />
als Koch im veganen rawfood<br />
Restaurant „Dancing<br />
Shiva“, wo auch die Produkte<br />
für BLUB hergestellt<br />
werden.<br />
Saly Wolfger wurde in<br />
Kuwait als Tochter eines<br />
syrischen Vaters und einer<br />
philippinischen Mutter<br />
geboren und wuchs im kanadischen<br />
Toronto auf. Sie<br />
ist seit ihrem fünfzehnten<br />
Lebensjahr im Restaurantbereich<br />
tätig. Toronto mit<br />
seiner Vielfalt an internationalen<br />
Restaurants<br />
wie karibisch, afrikanisch<br />
und und südostasiatisch<br />
erweiterte ihren Gaumen<br />
für Geschmäcker aus aller<br />
Welt. Reisen und Essen<br />
sind ihre größten Hobbies<br />
und Kochen wird immer<br />
ihre größte Leidenschaft<br />
sein.<br />
Wann habt ihr begonnen, euer<br />
milchsauer eingelegtes Gemüse<br />
zu produzieren?<br />
Für meinen Mann Ulrich<br />
und mich war Einlegen und<br />
Fermentieren immer schon Teil unseres Lebens.<br />
Als Österreicher wuchs Ulrich mit fermentiertem<br />
Gemüse wie Sauerkraut und Essiggurkerl auf, die<br />
ein großer Teil der hiesigen Esskultur sind. Ich habe<br />
syrisch-philippinische Wurzeln: Syrer lieben eingelegtes<br />
Gemüse wie rote Rüben und Karotten – fermentierte<br />
Fischsauce und eingelegte Mangos waren<br />
schon immer meine philippinischen Favoriten. Bald<br />
haben wir begonnen, diese Dinge selbst herzustellen.<br />
Da wir viel auf Reisen sind, erinnern diese Speisen<br />
uns immer an zuhause. Schon bevor wir uns<br />
kennengelernt hatten, haben wir fermentiert und<br />
eingekocht. BLUB ermöglicht uns jetzt, diese Leidenschaft<br />
mit anderen Menschen zu teilen.<br />
Wie seid ihr auf die Idee gekommen, so exotische<br />
Produkte wie koreanisches Kimchi auf dem<br />
Markt zu verkaufen?<br />
Wir sind beide gelernte Köche und lieben es,<br />
für Menschen zu kochen und sie mit unseren Kreationen<br />
zu erfreuen. Immer wieder hatten wir<br />
überlegt, ein Restaurant aufzumachen, es war uns<br />
aber wegen der finanziellen Mittel nicht möglich.<br />
Deswegen hatten wir die Idee, einen Marktstand<br />
zu eröffnen. Eines Tages begann Ulrich mit dem<br />
Fermentieren herumzuexperimentieren. Er dachte<br />
dabei an das tolle Kimchi, welches er in Toronto<br />
kennengelernt hatte. Zu dem Zeitpunkt, war in<br />
Wien kein hochwertiges Kimchi zu finden. Das<br />
war für uns die Initialzündung für den Marktstand.<br />
Zuerst hatten wir Angst, dass die Leute<br />
diesen milchsauer-vergorenen, koreanischen Chinakohl<br />
nicht mögen würden und verkauften dazu<br />
noch Sauerkraut, doch unser Kimchi wurde zum<br />
Wofür steht der Name BLUB?<br />
Der Name BLUB steht für das Geräusch, das in<br />
den Tonkrügen während der ersten Wochen der<br />
Fermentation entsteht. Blubb, blubb, blubb.<br />
Ihr verwendet in euren Produkten viel regional<br />
und biologisch angebautes Obst und Gemüse. Was<br />
ist da der Vorteil gegenüber konventioneller Ware?<br />
Wir legen großen Wert auf regionale und biologische<br />
Produkte. Österreich hat in dem Bereich so viel<br />
zu bieten. So wollen wir auch die kleinen Bauern unterstützen,<br />
die so viel Liebe in die Herstellung ihrer<br />
Waren legen. Außerdem bieten diese eine viel größere<br />
Sortenvielfalt: Warum sich für eine entscheiden,<br />
wenn es doch so viele verschiedene gibt? Wir<br />
beziehen einen Großteil unseres Gemüses bei der<br />
Wiener Arche-Noah Gärtnerei Ganger, die Äpfel für<br />
unseren Apple-Mustard stammen von der Familie<br />
Aichinger. Jede Sorte hat ihre speziellen Eigenschaften,<br />
die leider teilweise durch die Uniformisierung<br />
der Agrarindustrie verloren gehen. Wir wollen alte<br />
Varietäten, deswegen kooperieren wir mit Samenschützern<br />
dieser Welt um diese zu erhalten. Hinzu<br />
kommt, dass in den österreichischen Wäldern viele<br />
Pilze und Kräuter zu finden sind, die wir z.B. in unserem<br />
Bärlauchpesto verarbeiten.<br />
Ihr verkauft eure Produkte auf dem Ottakringer<br />
Yppenmarkt und habt inzwischen schon eine<br />
große Fangemeinde aufgebaut. Woher kommt<br />
eurer Meinung nach dieses neue Interesse an<br />
handgemachten Nahrungsmitteln?<br />
Ich glaube die Leute sind gelangweilt von den<br />
immer gleichen Produkten. Wir wollen keine industriell<br />
hergestellte Nahrung, die ist monoton<br />
und alles schmeckt gleich: süß und salzig. Gleichzeitig<br />
wird Qualität wieder wichtig, vor allem, da<br />
die Gesundheit immer mehr zum Thema wird. Internationale<br />
Geschmacksrichtungen haben inzwischen<br />
auch ihren Schrecken verloren. Wir wollen<br />
wieder wissen, wer unsere Nahrung hergestellt<br />
hat. Zurück zu „Mutters Küche“ mit ein bisschen<br />
exotischen Gewürzen, das ist das beste was uns<br />
seit der Industrialisierung passiert ist. Es gibt unseren<br />
Kunden ein gutes Gefühl zu wissen, wer ihre<br />
Nahrung hergestellt hat.<br />
•<br />
Foto: tanja tauchhammer<br />
116 | <strong>SOCIETY</strong> 1_<strong>2016</strong>