SOCIETY 369 / 2016
Nr. 369 I Nr. 1 - 2016
Nr. 369 I Nr. 1 - 2016
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DIPLOMATIE<br />
FOKUS CHINA<br />
Wie in sehr vielen Ländern, wächst die Kluft<br />
zwischen Arm und Reich. Wie hat China diese<br />
demographische und soziale Entwicklung Ihrer<br />
Meinung nach unter Kontrolle?<br />
Die chinesische Regierung schenkt der Aufgabe<br />
von Verringerung der Differenzen zwischen<br />
Armen und Reichen bzw. Förderung der sozialen<br />
Gerechtigkeit große Aufmerksamkeit und gibt<br />
sich Mühe, die zutreffenden Probleme zu lösen.<br />
Im dreizehnten Fünfjahresplan wird festgeschrieben,<br />
dass das Einkommensverteilungssystem gemäß<br />
dem Prinzip des gemeinsamen Genusses verbessert,<br />
den Einkommensunterschied verringert,<br />
und der Anteil der Bevölkerung mit mittleren<br />
Einkommensstufen erhöht werden muss. Wir haben<br />
bereits positive Fortschritte in Bezug auf die<br />
Verringerung der Differenzen zwischen Armen<br />
und Reichen erzielt. Der Gini-Index von China ist<br />
seit sieben Jahren kontinuierlich gesunken. Der<br />
Einkommensunterschied zwischen den Stadtbewohnern<br />
und Landbewohnern hat sich weiterhin<br />
verkleinert. Der Lohn der Bauarbeiter wurde mit<br />
stabilen Fortschritten erhöht. Aus einer subjektiven<br />
Sicht gibt es immerhin einen großen Raum<br />
für Verbesserung in Hinsicht auf die Differenzen<br />
zwischen Armen und Reichen. In Zukunft wird<br />
sich die chinesische Regierung bemühen, durch<br />
die Armutsbekämpfung und die Regulierung der<br />
Einkommensverteilungsordnung, sowie die kontinuierliche<br />
Förderung des Arbeitsmarkts dieses<br />
Problem zu lösen, was auch der langfristigen rosigen<br />
Aussicht der chinesischen Wirtschaft mehr<br />
Möglichkeiten bietet.<br />
Im Bezug auf Menschenrechte und Pressefreiheit<br />
erntet China oft Kritik von westlichen<br />
Staaten. Wie reagiert die Führung in Peking darauf?<br />
Es versteht sich von selbst, dass es aufgrund der<br />
unterschiedlichen Geschichten, Kulturen und<br />
Entwicklungsphasen aller Länder Meinungsunterschiede<br />
gibt, was Menschenrecht anbelangt.<br />
»China wird<br />
weiterhin seine<br />
Verantwortung<br />
als Entwicklungsland<br />
übernehmen.<br />
«<br />
Zhao Bin<br />
Botschafter Zhao Bin im Interview<br />
mit <strong>SOCIETY</strong>-Herausgeberin<br />
Gertrud Tauchhammer<br />
Es gibt keine beste Lage der Menschenrechte,<br />
sondern nur immer die bessere Lage. Jedes Land<br />
muss den Menschenrechtsschutz weiter intensivieren<br />
und verbessern, um mit der Zeit Schritt<br />
zu halten. China wird den Weg der Entwicklung<br />
der Menschenrechte gehen, der sich den nationalen<br />
Gegebenheiten anpasst. Wir sind bereit, mit<br />
allen Ländern auf der Basis von Gleichheit und<br />
gegenseitigem Respekt Dialoge und Kommunikationen<br />
durchzuführen, um die Verständigung<br />
zu verstärken, den Meinungsunterschied zu<br />
verringern, und die Entwicklung des Menschenrechtswesens<br />
aller Länder besser zu fördern.<br />
Wir sind gegen Druckausübung, Konfrontation,<br />
die Einmischung in inneren Angelegenheiten<br />
mit Menschenrecht als Deckmantel, sowie die<br />
Verwendung des Doppelstandards in Menschenrechtsfragen.<br />
Die chinesische Regierung schützt<br />
die Meinungsfreiheit der Bürger und Pressefreiheit<br />
rechtmäßig. Vor dem Gesetz sind alle gleichberechtigt.<br />
Niemand darf mit irgendeiner Ausrede<br />
gegen das Gesetz verstoßen. Der chinesische<br />
Journalismus entwickelt sich derzeit lebhaft, und<br />
die Erwerbstätigen im Pressebereich haben stets<br />
zugenommen. Die Journalisten in China verfügen<br />
über reichliche Pressefreiheit, deren Rechte<br />
auch unter umfangreichem Schutz stehen.<br />
Dieses Jahr feiert man das 45. Jubiläum der<br />
Aufnahme der diplomatischen Beziehungen<br />
zwischen China und Österreich. Wie schätzen<br />
Sie die bilateralen Beziehungen und Perspektive<br />
ein?<br />
Seit 45 Jahren haben die Beziehungen zwischen<br />
China und Österreich im Großen und<br />
Ganzen die Tendenz beibehalten, sich immer<br />
nach vorne zu entwickeln. Im Jahr 2015 war das<br />
Handelsvolumen etwa dreihundert Mal so groß<br />
wie in der Anfangsperiode der Aufnahme diplomatischer<br />
Beziehungen beider Länder. China gilt<br />
als der fünft größte Handelspartner der Republik<br />
Österreich. Die Zahl der Übernachtungen von<br />
chinesischen Touristen in Österreich hat 700,000<br />
pro Jahr überschritten. In Österreich studieren<br />
derzeit ungefähr 3000 chinesische Studenten.<br />
Bisher sind bereits achtzehn Partnerschaften<br />
zwischen Provinzen, Städten bzw. Gemeinden<br />
etabliert worden. China und Österreich stehen an<br />
einem neuen historischen Ausgangspunkt. Für<br />
die bilateralen Beziehungen gibt es nun wichtige<br />
Angelegenheiten zur weiteren Entwicklung. Die<br />
beiden Seiten sollen mit noch breiteren Perspektiven<br />
und noch offeneren Gedanken die bilateralen<br />
Beziehungen weiter vertiefen, das Potenzial<br />
in den Bereichen Klein- und Mittelunternehmen,<br />
elektronischer Handel, Investitionsförderung, Finanzwesen,<br />
Wintersport und grüne Technologie<br />
ausschöpfen, und die substanzielle Zusammenarbeit<br />
beider Länder durch Schwerpunktbereiche<br />
und Schwerpunktprojekte immer vorwärtsbringen,<br />
damit die Beziehungen zwischen China und<br />
Österreich zum Wohlergehen beider Länder und<br />
Völker besser beitragen.<br />
•<br />
<strong>SOCIETY</strong> 1_<strong>2016</strong> | 59