SOCIETY 369 / 2016

KUNST & KULTUR
COVERSTORY
IKONE DER K.U.K.
MONARCHIE
Anlässlich des hundertsten Todestages des legendären k.u.k.
Kaisers Franz Joseph I präsentiert die Österreichische
Nationalbibliothek die Schätze ihrer Sammlung.
Fotos: Österreichische Nationalbibliothek
Die Ausstellung „Der ewige
Kaiser“ zeigt die Highlights
aus 10.000 Fotografien,
Grafiken, Büchern,
Zeitschriften und Lebensdokumenten
Franz Josephs
I. In diesen Dokumenten wird die bereits
damals betriebene Propaganda um den Herrscher
der k.u.k. Monarchie, die maßgeblich
an der Entstehung seines bis heute ungebrochenen
Mythos beigetragen hatte, sichtbar.
Einblicke hinter die höfische Fassade ermöglichen
private Briefe des Kaisers an seine
Mutter Sophie und seine Gattin Elisabeth
sowie Objekte aus den Privatnachlässen von
Katharina Schratt und Erzherzogin Maria
Theresia von Braganza. Erstmals öffentlich
zu sehen sind dabei die 2015 entdeckten
Abschiedsbriefe von Mary Vetsera aus Mayerling,
die 1889 dort gemeinsam mit Kronprinz
Rudolf Selbstmord beging.
Das Highlight der Ausstellung ist eine
zehn Meter lange Bildwand mit 86 Portraits
aus 86 Lebensjahren des Monarchen. Beim
Gang durch den Prunksaal der Nationalbibliothek
kann man die Entwicklung Franz Josephs
vom Baby bis zum alten Mann bildlich
nachvollziehen.
Gleichzeitig zeichnet sie ein Bild der
politischen Geschehnisse seiner Regentschaft
– von der Revolution 1848 über die
Schlacht von Königgrätz 1866, der Gründung
der österreichisch-ungarischen Doppelmonarchie
über die verhängnisvolle Entscheidung
für den Ersten Weltkrieg, der zugleich
den Untergang des Habsburgerreiches besiegelte.
Somit ist die Schau zugleich eine
kritische Bilanz des politischen Lebens des
Kaisers.
Allegorie auf das 1907 erlassene allgemeine,
gleiche und direkte Männerwahlrecht
Lithografie nach einer Vorlage von Erwin Puchinger, 1908
SOCIETY 1_2016 | 143