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durchblick 2/2016

Autorenzeitschrift nicht nur für Senioren aus dem Siegerland

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Wohlauf in Gottes schöne Welt<br />

hältnisse und damit für freie Sicht gesorgt. Der wohl herrlichste<br />

Panoramablick im oberen Lahntal ist ein einziger<br />

Genuss. Im Tal liegt Feudingen, weiter entfernt sieht man in<br />

der grünen Flur unter anderem Rückershausen, Oberndorf,<br />

Steinbach und Bermershausen.<br />

So steil wie es auf der einen Seite bergauf ging, so steil<br />

geht es auf der anderen wieder bergab. Nur die hohen Fichten<br />

fehlen. Sie wurden umgeblasen. Und wer war`s? Raten Sie<br />

mal! Das Wandervergnügen jedenfalls ist ungleich höher als<br />

zuvor. An etlichen Felsformationen vorbei geht es ins Tal des<br />

Bachs, der bei der Wegbezeichnung Pate stand. Nicht allzu<br />

fern kommen einige Häuser des Ortsteils Feudingerhütte ins<br />

Blickfeld. Dort mündet dieser Bach in die Lahn.<br />

„Das ist nun die Ilse, die liebliche, süße Ilse. Sie zieht sich<br />

durch das gesegnete Ilsetal, an dessen beiden Seiten sich die<br />

Berge allmählich höher erheben…“ Und etwas später: „Ja,<br />

die Sage ist wahr, die Ilse ist eine Prinzessin, die lachend und<br />

blühend den Berg hinabläuft.“ Mit diesen Worten beschrieb<br />

einst mein lieber Freund Heinrich H. in seinem Büchlein<br />

„Die Harzreise“ den Bach mit dem schönen Frauennamen.<br />

Ja, gut, der Buchtitel verrät es schon. Gemeint ist eine Namensbase,<br />

die in einem östlicheren Gebirge ihr Wesen treibt.<br />

Die Worte des alten Schwerenöters freilich passen auch auf<br />

unsere Ilse mit ihrem Gemurmel und ihrem Geplätscher. Finde<br />

zumindest ich. Wir dürfen sie leider nur ein Viertelstündchen<br />

in ihrem gesegneten Tal begleiten, dann folgen wir dem<br />

Wegzeichen und begeben uns auf die andere Seite, wo sich<br />

die Berge allmählich höher erheben und wo ein Rinnsal mit<br />

dem Namen „Weidelbach“ rinnsalt.<br />

Wer freilich Gefallen an der Ilse gefunden hat, der kann<br />

bei einer anderen Tagestour auch noch länger in ihrem Tal<br />

wandern. Ein Rothaarsteig-Zubringerweg führt bis zur<br />

Quelle. Vor dem Dreißigjährigen Krieg war diese als „Heiliger<br />

Born“ weit und breit bekannt. Viele „Presshafte“, wie<br />

man die Kranken damals nannte, kamen zum Teil aus weiter<br />

Entfernung gepilgert. Sie suchten Heilung oder zumindest<br />

Linderung durch das Quellwasser. Wissenschaftler stellten<br />

vor noch nicht allzu langer Zeit fest, dass sich dieses<br />

durch eine „rechtsdrehende positive Polarisierung“ vom<br />

normalen Trinkwasser unterscheidet. Und genau diese Eigenschaft<br />

hat auch das Quellwasser in Lourdes.<br />

Und noch ein Gewässer nimmt beim Ilsetalpfad eine dominante<br />

Stellung ein. Es ist auf halber Höhe der künstlich<br />

angelegte „Weidelbacher Weiher“. Ein herrlicher Ort für die<br />

Halbzeitpause, ein Ort wie gemalt. Ich schreibe in mein Notizbuch:<br />

„Weit über das Wasser ragen die Äste der alten Eichen<br />

auf dem breiten Damm; wie eine polierte Metallscheibe<br />

wirkt die glatte Oberfläche. Auf ihr spiegeln sich die Wolken<br />

am Himmel und die gegenüberliegenden Fichten. Etwas Bewegung<br />

gibt es durch ein knappes Dutzend Wildenten, die<br />

kleine Bugwellen vor sich her schieben. Die in allen Größen<br />

sogar am seichten Ufer schwimmenden Forellen schnappen<br />

ab und an nach einer Mücke und sorgen durch ihr Plätschern<br />

beim Zurückfallen für die einzigen Geräusche in der ansonsten<br />

herrschenden himmlischen Ruhe. Eine große Fläche ist<br />

bedeckt und geschmückt mit Seerosen, über ihnen tänzeln<br />

und flattern bunte Schmetterlinge; eifrige Libellen, grüne<br />

und blaue, schwirren hingegen pfeilschnell dicht über den<br />

Schachtelhalmbeständen in Ufernähe.“<br />

Nach der „Idylle pur“ folgt mit der „Bettelmannsbuche“<br />

noch ein erwähnenswerter Ort. Fahrendes Volk soll hier in<br />

alten Zeiten des Öfteren gelagert haben. Der Baum selbst<br />

wurde vor vier Jahrzehnten von einem Sturm umgeworfen.<br />

Dank einer neuen Schutzhütte wird die Erinnerung an die<br />

Buche und die Fahrenden wach gehalten.<br />

Ab hier beginnt die zweite Hälfte des „Mischmaschwegs“<br />

und diese ist für Wohlfühlwanderer keine Offenbarung. Monotonie<br />

unter Fichten! Ideal? Nie und nimmer! Viele reizlose<br />

Kilometer auf breiten Wirtschaftswegen! Kaum einmal<br />

eine Aussicht! Manch einem ist das egal. Mir nicht! Wenn<br />

man am Schluss wieder ins Lahntal blicken kann, dann ist<br />

das Ende der Wanderung und damit die „gefühlte Erlösung“<br />

nicht mehr fern. Wegen dieser unattraktiven Schlusshälfte<br />

steigt der Anteil der befestigten Wege auf über 85 Prozent.<br />

Wer die Wanderung wegen des Wortes „Pfad“ im Wegnamen<br />

unternimmt, der fühlt sich angeschmiert. Wohl wegen<br />

der gefälligen Passagen auf dem ersten Streckenabschnitt hat<br />

das Deutsche Wanderinstitut den Ilsetalpfad als Premiumweg<br />

zertifiziert. Hierüber lässt sich streiten. Ein Großteil der<br />

Tour ist übrigens identisch mit dem von der Quelle bis nach<br />

Lahnstein führenden Lahnwanderweg.<br />

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2/<strong>2016</strong> <strong>durchblick</strong> 15

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