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durchblick 2/2016

Autorenzeitschrift nicht nur für Senioren aus dem Siegerland

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Mausgrau hat sich gemausert<br />

Über Farben und ihre Wirkung<br />

Fotos: Hartmut Reeh<br />

Welches Portrait gefällt Ihnen denn besser? Carolin<br />

Reinhardt aus Wilnsdorf in Schwarzweiß oder doch<br />

eher in bunt.<br />

Als Überraschung will uns das US-Unternehmen<br />

Pantone für <strong>2016</strong> als Trendfarben diesmal Rosa<br />

und Hellblau „verkaufen“ mit den verführerischen<br />

Namen „Serenity“ (Heiterkeit) und „Rose Quartz“. Diese<br />

Farben sollen weltweit in allen möglichen Bereichen des<br />

Lebens – von Mode, Innenarchitektur, Design, Magazinen<br />

und sogar in der Architektur - Trend werden. Rosa und<br />

Bleu sollen in diesen unruhigen Zeiten ein Gefühl der inneren<br />

Ruhe und Entspannung verbreiten. Dabei sind im<br />

Frühjahr doch schon immer Pastell- oder Eiscremefarben<br />

angesagt. Kräftig bunt und lebenslustig wird es im Sommer.<br />

Der Herbst kommt dann wieder mit eher müden Beerenund<br />

Naturfarben. Die kalte Jahreszeit wird meist unbunt:<br />

mit Braun und Schwarz. Oder Grau in allen Schattierungen.<br />

Seit dem Bestseller „Fifty Shades of Grey“ hat das<br />

reizarme Mausgrau ausgedient und durchaus auch einen<br />

lasziven Charakter bekommen. Überhaupt sind Weiß sowie<br />

auch Schwarz inzwischen „Statement Farben“ und alle<br />

Schattierungen dazwischen sind seit längerem „cool“.<br />

Mausgrau hat sich gemausert. Eine gewisse Sehnsucht nach<br />

leisen Farben ist laut geworden.<br />

Schwarz – einst die Farbe des Todes, der Witwen und<br />

von Mönchen – wurde zur Lieblingsfarbe der Existenzialisten<br />

im Paris der 70iger Jahre, später der Rocker- und<br />

Gothic-Szene, nun der Kreativen, der Nerds und Hipster.<br />

Frauen wissen das - Schwarz vom „Blackest Black“<br />

bei der Wimperntusche oder beim Lidstrich, übt immer eine<br />

Faszination aus. Es birgt ein gewisses Geheimnis. Und<br />

wie seit Jahrhunderten oder Jahrtausenden mischen Künstler<br />

immer wieder neue Schattierungen. Inzwischen hat die<br />

Chemieindustrie aber die Entwicklung von synthetischen<br />

Farben vorangetrieben. So hat die britische Firma Nano-<br />

Systems kürzlich ein neues Höllenschwarz entwickelt:<br />

„Vantablack“. Es soll das schwärzeste Schwarz sein, das<br />

nur 0,035 Prozent des einfallenden Lichts zurückstrahlt. Es<br />

soll das Gefühl vermitteln, ins Nichts zu blicken. Und sofort<br />

hat ein cleverer Bildhauer, der Brite Anish Kapoor, sich<br />

die Exklusivrechte auf dieses Vantablack gesichert. Auch<br />

der französische Künstler Yves Klein –bekannt für seine<br />

leuchtend blauen monochromen Bilder – ließ sich schon<br />

1955 ein – also „sein“ Ultramarin – patentieren unter „International<br />

Klein Blue“.<br />

Es ist schon verrückt, sich ein Alleinnutzungsrecht für<br />

eine Farbe zu sichern. Hätte Tizian, ein Star unter den venezianischen<br />

Renaissancemalern, sich sein „Tizianrot“ – ein<br />

golden schimmerndes Purpurrot - mit Exklusivrecht gesichert,<br />

hätten seine Kollegen und Nachfahren alt ausgesehen.<br />

Maltechniken und vor allem Farbmischungen waren<br />

damals dennoch ein Werkstattgeheimnis. Schon immer<br />

machte sich die Konkurrenz einen Sport daraus, den Code<br />

zu knacken. Rot war damals die teuerste Farbe. Sie wurde<br />

unter anderem aus getrockneten weiblichen Schildläusen<br />

gewonnen, deren Eier mit rotem Saft gefüllt sind. Oder<br />

Purpurschnecken wurden zu Purpurrot zerrieben. Schon<br />

am byzantinischen Hof war Rot die Farbe der Macht. Die<br />

dann eben auch Kleidung und Portraits der Mächtigen in<br />

Kirche und Staat dominierte. Wir denken noch heute an die<br />

prächtigen Gewänder des katholischen Klerus im Vatikan.<br />

Oder an rote Samtvorhänge, edel drapiert, vor denen Kirchenfürsten,<br />

Kaiser und Könige sowie Adlige portraitiert<br />

wurden. Übrigens war rote Kleidung lange der Aristokratie<br />

vorbehalten. Rot, die Farbe des Bluts, des Lebens, der<br />

Macht, der Liebe. Später wurde die Farbe des Adels auch<br />

zur Farbe der Revolution und des Kommunismus.<br />

2015 war übrigens das Jahr von „Marsala“, ein kräftiges<br />

Weinrot, die Farbe des Instituts Pantone.<br />

Auch heute ist Rot wie immer angesagt. Laut dem Institut<br />

Allensbach ist sie immer noch die zweitbeliebteste<br />

Farbe von Männern und Frauen.<br />

Die Lieblingsfarbe schlechthin über Jahre ist und bleibt<br />

Blau. Goethe, der Allrounder, der sich auch mit Farben beschäftigte,<br />

hat in seinem Farbenkreis von 1810 Blau der<br />

Sinnlichkeit und dem Gemeinen zugeordnet. Aus seiner<br />

Sicht war diese Farbe eher negativ besetzt. Blau war auch<br />

34 <strong>durchblick</strong> 2/<strong>2016</strong>

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